11. Andere Erwartungen

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Andere Erwartungen

Gelangweilt liege ich in meinem Bett und starre an die Decke. Die ganze Zeit hoffe ich, dass niemand hereinkommt, obwohl ich bereits weiß, dass niemand im Haus ist.

Andrew ist boxen gegangen. Meine Eltern trifft man eh nie Zuhause an. Und Clara ist... Ja, irgendwo.

Würde mich jedoch jemand so apathisch im Bett liegen sehen, glaub ich, dass sich dieser jemand Sorgen machen würde. Allerdings bin ich müde und möchte einfach meine Ruhe genießen.

Plötzlich erschrecke ich mich so heftig, dass ich mit einem Ruck im Bett sitze. Kurz blicke ich mich irritiert um, bis ich über mich selbst genervt stöhne. Es war schließlich nur mein Handy, das angefangen hat, zu klingeln.

Genervt drehe ich meine Decke von der einen Seite auf die andere und entdecke mein Handy, das darunter verborgen lag.

"Was gibt's?", begrüße ich meinen Anrufer. Blake.

"Jules, du musst zu mir kommen. Es ist echt dringend und ich brauche deine Hilfe." Er klingt ziemlich hilflos.

"Wobei kann ich dir denn bitte helfen?", frage ich mit zusammengekniffenen Augen.

"Es geht um Clara. Bitte, Jules."

Frustiert stöhne ich ein weiteres Mal. Dieses Mädchen schafft es immer wieder irgendwelchen Mist zu bauen. Gott, wieso bekommt sie nicht einmal selbst etwas auf die Reihe?

"Ich weiß nicht mal, wo du wohnst", gebe ich nach kurzem Überlegen zurück.

"Ich schick dir den Standort durch", erwidert er sofort.

"Ach, Mann", knurre ich.

"Danke", trällert er, "Echt lieb von dir."

Und bevor ich auch nur noch ein Wort sagen kann, wird die Verbindung gekappt. Wenige Sekunden später klingelt mein Handy erneut und ein Standort erscheint.

Fassungslos schüttel ich den Kopf und noch entsetzlicher finde ich die Tatsache, dass ich bereits weiß, dass ich mich zu ihm auf den Weg machen werde.

___

Ein tiefer Atemzug, dann hebe ich die Hand und klopfe leise an die Tür. Ich hoffe einfach, dass er mich nicht hört und ich wieder gehen kann.

Immerhin hätte ich es versucht.

Jedoch wird keine drei Sekunden später die Tür aufgerissen und Blake steht vor mir. Man könnte fast meinen, er sähe wirklich verzweifelt aus, aber seine Miene hellt sich auf, als er mich erkennnt.

"Da bist du ja endlich", begrüßt er mich. "Ich hatte schon Angst, du würdest tatsächlich nicht mehr kommen. Komm bitte schnell mit. Sie ist oben."

Ich öffne verwirrt meinen Mund und möchte zu einer Erwiderung ansetzten, aber er zieht mich schon mit sich. Somit betrete ich das Haus, wohlgemerkt Blakes Haus, ein Junge, mit dem ich bis vor ein paar Tagen nie eine Silbe gewechselt hatte - Wie war es soweit gekommen?

Ich hatte ihn doch nur dumm angeblöfft. Vielleicht war das doch keine so gute Idee, so im Nachhinein betrachtet.

Aber vielleicht lag es auch einzig am Plakat, das ich mit seinem besten Freund gestalten sollte.

Oder es lag an Clara. Und wenn ich so drüber nachdenke: Ständig ist sie der Grund, weswegen wir uns sehen und nur wegen ihr hängt er auch ständig bei uns ab.

Allein wegen ihr betrete ich jetzt das Haus, bei dem man schon von außen erkennt, dass es stinkreichen Leuten gehören muss. Er hat ein protziges Anwesen.

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