37. Gefühlschaos

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Gefühlschaos

Das erste, was ich, nachdem sich meine Augen mühsam öffnen, am nächsten Morgen sehe, ist jemand, der schmunzelnd am Fensterbrett steht, aber zu mir sieht. Als Blake mit bekommt, dass ich sehe, wie er mich betrachtet, sieht er kurzerhand in eine andere Richtung. Müde schließe ich meine Augen wieder, während sich in meinem Gesicht ein schiefes Grinsen bildet.

„Du bist ein schlechter Stalker", nuschele ich, ohne zu begreifen, was da meinen Mund gerade verlassen hat. Denn in gewisser Weise bin ich ja diejenige, oder besser gesagt, ich soll sie angeblich sein, die ihm nach spioniert hat. Nun sehen wir ja, wer es wirklich ist. Eigentlich stellt das doch sofort wieder perfekten Gesprächsstoff dar.

„Ich hab dich gar nicht angeschaut", behauptet er letztlich, was mich dazu veranlasst, meine Augen nun endgültig zu öffnen. Mit hochgezogenen Augenbrauen und einem Lächeln auf den Lippen sehe ich ihm entgegen. Was er nicht sagt.

Grinsend sieht er nach unten, fährt sich verlegen durchs Haar und in Anbetracht seiner Kleidung frage ich mich, wie spät es überhaupt ist. Der Junge kann doch nicht sogar perfekt gestylt ins Bett gehen.

Wie muss ich überhaupt aussehen? Gestern hab ich mir sicherlich nicht die Mühe gemacht, nochmal das Bad aufzusuchen.

„Hast du Hunger?", fragt er irgendwann nach, macht sich dabei auf den Weg zur Tür.

Hastig nicke ich: „Um ehrlich zu sein unfassbar doll."

„Na dann", er bewegt seinen Kopf Richtung Flur, bevor er das Zimmer verlässt. Das, was ich mir gestern nicht mehr anschauen wollte, aber das so schön im hellen Zustand aussieht. Obwohl der Raum so groß ist, wirkt er keinesfalls angeberisch. Ganz anders, als das Haus von außen vermuten lässt. Das Sofa, das ich momentan bewohne, steht mitten im Raum, vor mir ein kleiner Tisch und davor ein riesiger Bildschirm.

Die Wände sind mit den unterschiedlichsten Bilder geschmückt, die der Cremefarbe die gewissen Akzente verleihen.

Aber bevor ich mich in Träumereien verliere, mache ich mich lieber auf den Weg und folge Blake. Beziehungsweise gehe ich in die Richtung, aus der die Geräusche kommen.

Also, ich hatte es groß in Erinnerung, aber nicht so groß. Das ist echt unfassbar.

Irgendwie aber schaffe ich es zu ihm. Im Hintergrund kommt Musik aus dem Radio, während er fröhlich die Butter auf das Brot schmiert und gleichzeitig auf die Pfannen achtet, in denen die Pfannkuchen braten.

Neugierig stelle ich mich direkt zu ihm. „Kommt noch jemand?", hake ich nach, woraufhin er verdutzt zu mir sieht; ganz, als würde er jetzt erst bemerken, dass ich da bin; und schüttelt dann amüsiert den Kopf.

„Ich hab mit dem Frühstück auf dich gewartet und verdammt, ich habe Hunger", lacht Blake, belegt seine Brote weiter; derweil gleitet mein Blick zu Uhr.

„Oh", entfährt es mir leise, „doch schon so spät." Das ist wohl der Tag, an dem ich zum ersten Mal die Schule schwänze, denn um zwölf Uhr mittags werde ich dort nicht mehr auftauchen. Doch, wenn ich so zu Blake sehe, betrachte, wie er seine Kochkünste und gute Laune auspackt; so würde ich auch nicht tauschen wollen. Ich kann mit Stolz momentan sagen, dass der Stress der letzten Tage an mir vorbei geht, stattdessen fühle ich mich hier mehr und mehr richtig wohl.

Blake klatscht einen Pfannkuchen nach dem Anderen auf einen Teller, was ich mit Vergnügen betrachte. Doch stehen auf Dauer ist anstrengend, weswegen ich mich auf einen der Stühle packe.

„Hast du denn auch gut geschlafen?", kommt es von ihm, dabei holt er Geschirr aus dem Schrank und stellt es zu mir auf den Tisch.

„Irgendwie ja", erwidere ich. Das Einschlafen war schwer - da spukte ein gewisser Junge in meinen Gedanken und noch andere Sache -, doch ich fühle mich ungewohnt erholt heute Morgen.

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