Berührungen
Es ist möglich, dass wir uns nur bedingt aufgebrezelt haben. Der Sinn hinter der Sache ist schließlich auch nicht der, irgendjemandem zu gefallen. Sie sollen einfach nur sehen, dass mir ihr hinterfotziges Getratsche nichts anhaben kann.
Schweigend werfen wir uns vor der Tür noch aufmunternde Blicke zu, doch betreten dann endlich, ohne zu zögern, das Haus.
„Hey, ihr", ruft jemand direkt neben der Tür, als wir gerade weiter gehen wollten. Verwirrt blicken wir zu ihm, während er geradewegs auf uns zu eilt. „Hier", meint er und hält uns Stäbe hin, „die bekommt jeder heute, als Willkommensgeschenk. Macht sie euch um und habt viel Spaß." Die Art wie er mit uns spricht, zeigt schon, dass er eindeutig nicht auf unsere Schule geht. Er scheint mich nicht zu erkennen. Und so entfernt er sich einfach wieder von uns, begrüßt stattdessen die nächsten, während wir uns schulterzuckend ansehen, schließlich aber die blauen Knicklichter, die natürlich Null Erinnerungen in mir auslösen, doch knicken, sie uns um machen und dann einfach weiter laufen.
Es ist besser, als ich erwartet hatte. Natürlich sehe ich schon beim Eintreten vereinzelt Gruppen, die mich betrachten, als wäre ich sonst etwas und natürlich bemerke ich, wie sie plötzlich verstummen, nur um mich direkt anstarren zu können, doch letztlich sind es bei Weitem weniger meiner Schule, als bei anderen Partys.
Doch sobald ich das Wohnzimmer betrete, sehe ich die Person, bei der ich die ganze Zeit noch gehofft hatte, sie würde mir erspart bleiben. Blake.
Er beachtet mich nicht, scheint nicht einmal mit zu bekommen, dass ich in den Raum gekommen bin. Verständlich, wenn man seine weiblichen Begleitungen, die neben ihm auf dem Sofa sitzen, bedenkt.
Ungläubig schleicht sich ein hämisches Grinsen in mein Gesicht, doch dann wende ich meinen Blick von ihnen ab. Ich bin nicht wegen ihm hier.
Nur jetzt, wo ich einmal hier angekommen bin, habe ich keine Ahnung, wieso ich das eigentlich getan habe. Jetzt bin ich nun einmal zu so einer blöden Party gegangen, doch – was jetzt? Was beweise ich diesen Leuten, wenn ich hier tanze?
Tam, Cara und ich stellen uns also irgendwo an den Rand, doch sie scheinen genau das Gleiche zu denken, wie ich. Unschlüssig sehen wir uns an, Cara zuckt ihre Schultern und Tam ruft plötzlich über die Musik hinweg: „Wenn du doch wieder nach Hause willst, sag Bescheid, okay?"
Ich nicke, doch weiß schon genau, dass ich dieses Haus erst einmal nicht mehr verlasse. Das würde erst aussehen, denke ich mir und könnte mich dafür gleichzeitig selbst ohrfeigen: Seit wann achte ich so übertrieben auf die Meinung anderer? Aber vielleicht hat mich das vorher auch nie interessiert, weil ich mir eigentlich auch nie Gedanken darüber machen musste. Dafür war ich schließlich viel zu unscheinbar. Und ich weiß jetzt erst, wie sehr ich diese Rolle liebte.
Trotz Allem versuchen wir irgendwie das Beste aus dem Abend zu machen, wir trinken ein wenig, tanzen, lachen sogar und ignorieren währenddessen, wie wir manchmal genau analysiert werden. Irgendwann im Laufe des Abends schaffe ich es sogar ein paar Mal über ihre Blicke zu schmunzeln.
Ich hebe gerade meine Flasche, lache über irgendeine Bemerkung von Tam und möchte mit ihnen anstoßen, als ich zur Seite geschubst werde, da mich irgendjemand angerempelt hat. Ich schüttele die Feuchtigkeit von meinen Händen und betrachte, wie sich die Tropfen auf dem Boden verteilen.
„Boah, Scheiße, pass doch – Jules?" Ungläubig blicke ich auf und sehe tatsächlich in das Gesicht, das ich zwar vermutet, aber mir dennoch nicht erwünscht hatte. Verwirrt sieht er in meine Augen, kneift seine zusammen und lässt seinen Blick dann über Cara und Tam schweifen. Kurz sieht er mich noch an, doch dann drängt er sich an mir vorbei und verschwindet wieder. Wie sollte es auch anders sein, so starren sie jetzt natürlich alle erst recht. Die Blicke liegen auf mir, drängen sich in mich wie giftige Pfeile und irgendwie möchte ich einfach nur noch in mein Bett.

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Knicklichter
Romansa"Das heißt, dass wir es lassen sollten", sage ich, auch wenn es mich traurig macht. "Weil wir in einer Stufe sind", stellt Blake fest. Unmerklich schüttel ich den Kopf: "Und weil du du bist und ich nicht damit klarkomme, wenn du mich nochmal verle...