I'm very bad in bed. Du musst try it

890 19 0
                                    

Nachdem Sami uns wild gestikulierend am Ufer hatte stehen gesehen, war er herbeigeeilt um die Wogen zu glätten. Samu und ich hatten uns regelrecht angeschrien. Immer wieder hatte er betont, wie unausstehlich er Tomás und seine Art fand. Sami hatte die ganze Zeit versucht, schlichtend einzugreifen.
Leider erfolglos.
Stattdessen kümmerte er sich um ein Taxi.
Ebenfalls ohne Erfolg. Also mussten wir die drei Kilometer zum Hotel zu Fuß gehen. Jeder bepackt mit mehreren Taschen und Stoffbeuteln.
„Super Sache", meckerte ich und warf meine neue Handtasche unbeholfen über die Schulter, „das nächste Mal organisier ich uns ein Taxi."
„Du verstehst nicht, oder? Es gibt keine freie Taxi mehr in Dusseldorf", sagte Samu genervt, „geht das nicht in deine head?"
„Du bist nur frustriert, weil ich nicht mit dir schlafen will", rief ich und trottete den Jungs hinterher.
Samu schüttelte zischend sein erblondetes Haupthaar.
„Stop this", ermahnte Riku und ballte die Fäuste, "it isn't good for our teamspirit. We are like a family and you always quarrel. I don't know why you are unable to accept your feelings for each other. I'm really pissed off. Not only me. Sami and Raul, too."
Wir nickten eingeschüchtert und schlenderten lustlos den Hofgartentunnel entlang; mit dem Rhein zu unserer Rechten. Es war fürchterlich kalt und meine Füße schmerzten von den hohen Schuhen.
„Meine Füße tun weh", quengelte ich einige 100 Meter später.
„Shut up!", schrie Samu und blieb verärgert stehen, „warum bist du jetzt so eine girly? Stop this attitude. Du bist hier not the queen herself."
„Ich hatte über vier Stunden High Heels mit zehn Zentimetern Absatz an. Kein Wunder also, dass mir die Füße wehtun", gab ich schnippisch von mir.
„Dramaqueen", sagte Samu trocken und zündete sich eine Zigarette an, „wenn du are moan like that in bed, dann sorry for the poor portugalboy."
„Sag mal", ich stapfte wütend zu ihm und drehte ihn an seiner Schulter um, „was ist dein Problem?"
„I don't have one", grinste er dreist.
„Du bist 'n ganz armer Mann, Samu Haber", ich ließ ihn los und schüttelte den Kopf, „auf der Bühne bist du der Sonnyboy, der Womanizer. Aber privat bist du einfach nur frustriert, weil du immer älter wirst und du nichts hast außer deiner Band. Deine Freundin ist auch gegangen. Und weißt du was? Ich kanns total verstehen."
„Warum so personal?"
„Weil du damit angefangen hast."
„I only said that du bist eine Dramaqueen."
„Und das Tomás dir leid tut, wenn ich im Bett auch so nörgele."
„That was a joke. Relax a little more, Emma."
„Du bist das Letzte."
„Last will be the first", lachte er und steckte sich die Zigarette nach einem tiefen Zug in den Mundwinkel, „du hast noch four days with us. Cancel it before and everything will be ok."
"Das mach ich auch. Sobald wir im Hotel sind, pack ich meine Sachen und fahr nach Hause."
„Do that."
„Mach ich auch."
„Oh Emma. Das war eine Witz. Don't make a big mistake."
„Der einzige Fehler war, dass ich mich Hals über Kopf in dich verliebt hab und ich diese Friendzone zwischen uns einfach nicht akzeptieren wollte."
Samu sagte nichts mehr. Ich war so unendlich wütend auf ihn. Vor ein paar Wochen hätte er das mit einem Lausbubenlächeln wieder wettmachen können. Aber das nicht. Dieses Mal nicht.
„I'll leave you in the morning", sagte ich entschlossen, als wir an einer roten Ampel stehen blieben.
„Why?", fragte Sami traurig und auch Raul und Riku schien das zu stören.
Ich fasste das Gespräch zwischen mir und Samu für die drei Finnen kurz zusammen. Darauf folgte ein fast mitleidiges Lächeln von jedem von ihnen.
Samu hatte zwischendurch immer etwas einwerfen wollen, aber die Möglichkeit gab ich ihm nicht.


Als wir nach circa einer Stunde Fußmarsch im Hotel ankamen, betraten wir schweigend unseren Hoteltrakt. Die Deckenspots erhellten den Flur und zeigten mir die Auswirkungen meines wochenlangen Fehlens.
„Really?", erkundigte ich mich und stieg über einen Berg Plastiktüten. Schuhe standen mitten im Weg, leere Getränkeflaschen lagen zum Berg aufgetürmt in den Ecken. Plastiktüten dienten als Müllbeutelersatz.
„Nobody cares", entschuldigte sich Raul und öffnete seine Zimmertür, „when will you leave?"
„Few minutes", antwortete ich und stackste über den Müll zu meinem Zimmer am Ende des Flurs, „I'll come to you before I leave."
Raul nickte wehmütig und schloss die Tür hinter sich. Auch die anderen schauten leidend zu Boden, bevor sie alle in ihren Zimmern verschwanden. Alle, bis auf Samu.
„Kann ich helfen?", fragte er versöhnlich.
„Nein, danke."
„Hast du schon eine Taxi?"
„Es fahren keine Taxen. Hast du selbst gesagt", gab ich zurück und öffnete meine Zimmertür.
„I try with the app?"
„Dann mach mal", meinte ich unbeeindruckt und entleerte den kompletten Inhalt des Kleiderschranks auf meinem Bett. Hastig rollte ich meinen Rollkoffer hinter der Tür des Schlaf- und Wohnbereichs hervor, hievte ihn auf das Bett und begann alles hineinzuwerfen. Traurig, dass mein Leben in einen einzigen Rollkoffer passte.
„Du bist nicht auf die Flucht", eröffnete Samu und setzte sich im Schneidersitz neben meinen Koffer, „du musst nicht gehen."
„Doch, ich muss. Ich ertrag das nicht mehr."
„Was ertragst du nicht?"
Ich rollte mit den Augen und warf ein Paar türkisfarbene Chucks in den Koffer.
„You wore it on your first day", meinte er und musterte die Schuhe, „hast du eine waterproof pencil?"
Ich deutete mit der Hand auf die Nachttischschublade. Samu kramte, nahm sich einen wasserfesten Fasermaler und legte anschließend eine Kondompackung direkt in mein Sichtfeld.
„Du wolltest 'n Stift haben, keine Kondome, oder?"
„Why ist die box still closed?"
„Weil wir sie nicht benutzt haben."
„Habt ihr keine sex?"
„Samu."
„What?", fragte er entgeistert und legte den Kopf schief. Ich musste lachen.
„Ich will nicht darüber reden."
„Ist er gut?"
„Samu!"
„Ok. He is fine. I'm very bad in bed. Du musst try it", grinste er schelmisch.
„Du bist albern", meinte ich kopfschüttelnd.
Schlecht war der Witz aber nicht.
„Darf ich?"
„Was?"
„Deine shoes?", fragte er und fuchtelte mit einem schwarzen Permanentmarker vor meinem Gesicht rum. Ich zuckte mit den Schultern. Mir war es egal. Die Schuhe waren alt und hatten bereits Löcher in den Sohlen.
„I don't want you to leave", sagte Samu einige Minuten später und stellte die bemalten Chucks auf den Boden.
„Ich muss."
„In a few days, not now", er stand auf und umarmte mich von hinten, „bitte bleib."
„Ich ertrag deinen Hass auf Tomás nicht mehr", ich quetschte weiter Anziehsachen in den Koffer, „immer wieder streiten wir uns, weil du ihn doof findest."
„Er ist also die problem", fasste Samu zusammen, ließ seine Handflächen sanft von meiner Schulter über meine Arme gleiten und umfasste meine Handgelenke. Anschließend legte er seinen Kopf auf meine Schulter und pustete in mein rechtes Ohr.
Packen war nicht mehr möglich.
„Lass mich bitte packen", kicherte ich und zog die Schultern hoch.
„No."
„Samu, bitte."
„Gib mir one minute, ok?", fragte er und drehte mich zu ihm um.
„Für was?", ich sah in seine Augen und hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Samu fuhr mit seinen Händen von meinem Hals aus durch meine –mittlerweile- katastrophale Frisur und strich mir mit dem Daumen eine Haarsträhne aus meinem Gesicht. Ich fasste instinktiv an seine Handgelenke.
„Don't do that", schluckte ich.
„Listen to me, please", begann er und hielt meinen Kopf fest in seinen Händen, „ich weiß, dass es nicht leicht war mit mir. But du bist wichtig for me. Sehr wichtig", Samu legte seine Stirn gegen meine, „es ist mir egal, wer deine Freund ist, Emma. Ich liebe dich and that's hard for me to handle, wenn eine andere Mann dich küsst oder touched."
Was? Wie kam er jetzt auf sowas Absurdes?
„You don't have to say something. I just wanted you to know", flüsterte er und küsste meine Stirn.
„Du bist betrunken."
„Sicher nicht."
„Samu, wie kommst du darauf, mir je..."
Er streichelte mit seinen Musiker-Daumen über meine Lippen und brachte mich damit zum Schweigen.
„Ich wollte warten bis Monday. But wenn du jetzt gehst, I don't want you to leave without du weißt, was ich fühle für dich."
Was sollte ich darauf sagen? „Danke!"?
Ich entschied mich für ein unsicheres Lächeln und ließ meine Arme zu Boden sinken. Samu verstand das als Zeichen, meinen Kopf loszulassen, sich wieder auf das Bett zu setzen und mir beim Packen zuzusehen.
„Konntest du ein Taxi organisieren?", fragte ich und überspielte damit die für mich eher unangenehme Situation.
„Sure."
„Für wann?"
„Stay", er griff nach meiner rechten Hand, „was sollen wir without you?"
„Ihr bekommt doch Ersatz."
„Ich kann dir unterschreiben, dass nobody war so gut like you. Ich sag das nicht, weil I'm in lo..."
Ich winkte ab.
Ich wollte das nicht hören.
Nicht jetzt.
Nicht in zwei Tagen.
Nicht in einem Monat.
„Gibst du mir mal die blauen Chucks?", wechselte ich erneut das Thema ohne aufzublicken.
„Turkis!"
„Wenn überhaupt, dann „türkis"!"
Als Samu mir die Chucks von hinten vor die Nase hielt und ich danach griff, sah ich zum ersten Mal, was er mit den Schuhen angestellt hatte. Die Schuhe waren komplett mit der Lyrics von „500 Miles" vollgeschrieben. Der Song, bei dem er mich zum ersten Mal geküsst hatte. Mit einem verlegenen Grinsen auf den Lippen legte ich die Schuhe oben auf, klappte den Deckel des Koffers zu und schloss den Reißverschluss.
„Bringst du mich runter?"
„Sure. Gehst du so?", wollte Samu wissen und deutete auf meine Jogginghose.
„Ich fahr ja nur Taxi und Zug, das geht schon", antwortete ich und sah mich ein letztes Mal im Zimmer um. Ich hatte viele Dinge schon bei Tomás, den ich auf jeden Fall noch einige Male vor meiner Abreise nach Chile sehen würde. Nicht mal einen Kulturbeutel mit einer Zahnbürste hatte ich noch hier. Das Einzige, was mir noch irgendwie gehörte, war das Schild an der Tür, welches die Jungs für mich gemalt hatten. Samu hatte bereits meinen Koffer auf den Flur geschleppt und winkte mir zu.
„Die Jungs warten!"
„Lass."
„Was?", fragte Samu und blieb mit dem Rollkoffer vor einem der Müllberge stehen.
„Ich hasse Abschiede. Ich schreib allen nochmal."
Samu runzelte die Stirn.
„Wirklich. Ich versprechs."
Er nickte zufrieden, nahm meinen Koffer unter den Arm und öffnete leise die Doppeltür am Ende des Traktes.
„Hol den Aufzug!", wisperte ich so laut wie nötig und so leise wie möglich. Als Samu außer Sichtweite war, zog ich vorsichtig das Bild von der Eichentür und steckte es behutsam in meine Handtasche.


„Frohet neuet Jahr, meine Liebe. Wo fahrn wa hin?", fragte Gudrun entzückt, als ich die Beifahrertür des Taxis öffnete.
„Gib mir 'ne Minute, ja?", entgegnete ich und schlug die Tür ins Schloss.
„Wirklich jetzt? Wie kommst du an Gudrun?", wandte ich mich Samu zu.
Er wackelte mit seinem Handy hin und her.
„Alles contacts", grinste er und lud meinen Koffer in den Kofferraum des Mercedes.
„Danke", sagte ich, als er wieder neben mir stand, „für alles."
„Hast du die boyfriend angerufen?"
„Nein. Ich schreib ihm von unterwegs. Würdest du ihm später dennoch sagen, dass ich bereits gefahren bin? Ändert ja nichts daran, dass er sich daneben benommen hat."
Samu nickte und stemmte die Hände in die Hosentaschen. Das war der Moment, um „auf Wiedersehen" zu sagen. Monatelang hatte ich auf diesen Tag hingearbeitet. Aber dass ich vorzeitig meine Zelte abbrechen würde, um wieder nach Hause zu fahren, war etwas anderes. Ich tat es nicht, weil mir die Arbeit keinen Spaß bereitete. Ich ging, weil ich mich selber schützen wollte. Ich wollte nicht wie in einem typischen Hollywood Blockbuster die Wahl zwischen zwei Männern haben. Ich wollte mich nicht wieder in Samu verlieben.
„Time to say goodbye", meinte Samu und zwang sich zu lächeln, „danke für alles."
„Ich hab zu danken."
Er winkte mich in seine Arme und drückte mich fest.
„Du rennst immer vor deine Probleme weg", flüsterte er in meine Haare.
Natürlich hatte er damit vollkommen Recht. Allerdings wusste ich mir auch nicht anders zu helfen.
Ich brauchte –mal wieder- Abstand. Diese innere Zerissenheit nahm mir die Luft zum Atmen.
Er löste seine Umarmung und sah mir tief in die Augen, die sich augenblicklich mit Tränen füllten. Als eine über meine Wange ran, küsste Samu sie zärtlich weg.
„Ich muss jetzt", stammelte ich und öffnete die Beifahrertür.
„Verspreche mir, dass du anrufst, wenn du bist bei die portugalboy", meinte er und verschränkte die Arme vor dem Oberkörper.
„I promise", ich kreuzte die Finger und schlug die Beifahrertür zu.
Gudrun startete den Motor, schaltete das Licht an und betätigte die Scheibenwischer.
Es hatte angefangen zu regnen.


Friendzoned?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt