Andorra ist doch wahnsinnich teuer, nich?

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„Du schon wieda", sagte die Taxifahrerin zu Emma, als sie die Beifahrertür öffnete, „jetz musse wat ausgebn!"
„Hi Gudrun!", meinte Emma freundlich, „bist du unser Taxi zum Flughafen?"
„Isch bin allet für disch, watte wills, Schätzelein. Euer Taxi war mit Sichaheit der Lothar. Aber ders schon fünf Minutn wech. Warta zu langsam, denki", antwortete Gudrun und klopfte auf den Beifahrersitz, „eigentlich watti uff irgndein Schnösel, der zur Messe will; dat Stück solla ma ruhich laufn."
Emma nickte ihr zu, deutete auf den Kofferraum und ging an das Heck des alten Mercedes. Wir hörten ein kurzes Klacken, auf das Emma ihren Weekender und anschließend ich meine Sporttasche im Kofferraum verstauten. Ich ging zur Beifahrertür, öffnete sie und wartete, bis Emma einstieg.
„Geh du ruhig nach vorne", grinste sie bestimmend, öffnete die Tür auf der Fahrerseite und setzte sich auf die Rückbank hinter Gudrun. Ich zuckte mit den Schultern und stieg vorne neben der Taxifahrerin ein.
„Wo solls denn hingehn, Schätzchen?", fragte Gudrun, klopfte mir zwei Mal auf den Oberschenkel und ließ ihre Hand liegen.
Sie schien viel zu rauchen. Ihre mit Klarlack lackierten Fingernägel schimmerten nikotingelb, zudem war ihre Haut sehr runzelig und faltig.
„Airport", stammelte ich verunsichert und wartete darauf, dass die nach Frittierfett riechende Taxifahrerin ihre Hand von meinem Oberschenkel nahm.
„Weeze oda Düsseldorf?"
Unsicher warf ich Emma einen Blick zu.
„Düsseldorf", schmunzelte sie und unterdrückte das Lachen. Ihre Wangen waren rot vom Anhalten der Luft.
„Wird erledicht!", schrie Gudrun und nahm endlich ihre Hand von meinem Bein. Sie schaltete in den ersten Gang und fuhr langsam los. Nach einigen Minuten brach sie das Schweigen.
„Und? Wie isset mit dem Spanier?", fragte Gudrun und warf einen Blick in den Rückspiegel.
„Gudrun!"
„Ja wat denn? Is er hier dein Verlobta oder wat? Man wird ja wohl fragn dürfn", meinte Gudrun und deutete mit ihrem Kopf auf mich.
„Er ist Portugiese und ein wirklich sehr netter Kerl", antwortete Emma.
Ich hatte mich nicht zu Emma umgedreht. Das Grinsen in ihrer Stimme konnte ich auch so ganz gut hören.
„Er hat ihr eine charm fur die Kette geschenkt", sagte ich teilnahmslos und sah beschäftigt auf mein Handy.
„Wirklich? Dat is ja toll!", warf Gudrun ein, „hasse um? Kanni ma sehn?"
Emma öffnete den Verschluss ihrer Kette und reichte sie nach vorne. Gudrun nahm sie an und legte sie vorerst in ihren Schoß, bis zur nächsten Ampel.
„Also die is ja wirklich schön. Wo hastn die Kette her?"
„Die hat Samu mir zum Geburtstag geschenkt", hörte ich Emma stolz sagen. Ich tat immer noch beschäftigt. Ein Schmunzeln konnte ich mir dennoch nicht verkneifen.
„Andorra ist doch wahnsinnich teuer, nich?", fragte mich Gudrun.
„PANDORA", korrigierte ich, „money isn't that important", antwortete ich und zwinkerte Emma zu. Sie lächelte und wurde rot.
„Und ihr wollt mir sagn, dass zwischen euch nix is?"
„Gudrun, bitte", tadelte Emma sie.
„Ja wat issn? Weiß der Blondschopf, datt du in ihn verliebt bis?", fragte Gudrun aufgeregt und sah mich an.
Ich zog die Augenbrauen hoch und suchte kurz nach den richtigen Worten. Ich entschloss mich spontan für etwas, was ich Emma bereits unter die Nase gerieben hatte.
„Yes, ich weiß von die feelings. But schlafen will sie mit die portugalboy", antwortete ich und starrte grinsend wieder auf mein Handy.
„Hallo?", sagte Emma empört und stemmte sich zwischen die beiden Vordersitze, „ich will mit niemandem schlafen?"
„Not?"
„Nein?"
„Ok."
„Du bist 'n Arsch, Samu Haber", meinte Emma lachend und boxte mir auf den linken Oberarm.
„Vielleicht will sie schlafen mit both", flüsterte ich hörbar und beugte mich schnell nach vorne.
„Sie weißet nur no nich", lachte Gudrun und reichte Emma die Kette nach hinten.
„Ihr seid doof", schmollte Emma und drückte sich in die Rückbank.
„Also bei uns im Ruhrpott sacht man, watt sich liebt, dat neckt sich."
„Ich habe eine girlfriend, so wir sind just friends. Sehr sehr gute friends", sagte ich und schaute zu Emma, die mit verschränkten Armen -dennoch grinsend- aus dem Fenster sah.
„Dat is 'n Grund aba kein Hindaniss, oda?"
„Gudrun!", riefen Emma und ich unisono.
„Nich?", fragte Gudrun und stoppte an einer rote Ampel.
Wir schwiegen.
„Is eure Sache", meinte die Ruhrpottlerin nach einer kurzen Pause und bog nach rechts in Richtung des Flughafens ab.


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