Du bist nicht unbedingt der Typ, der Sand und Muscheln in eine Laterne füllt

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Der penetrante Klingelton meines Handys weckte mich. Verschlafen griff ich nach der Hotpants, die ich auf den Stuhl neben dem Bett gelegt hatte und drückte den Annahmeknopf.
„Hast du schon Geschirr?", quasselte meine Mutter ohne auf eine Begrüßung von mir zu warten.
„Nein", nuschelte ich, „Papa wollte mit mir zu IKEA."
„Ach Quatsch", sie hörte sich genervt an, „wir kaufen dir jetzt vernünftiges Geschirr. Immer diese Heimatverbundenheit deines Vaters. Ich halts nicht aus."
„Mama!"
„Entschuldige Schatz. Aber hast du Lust? Ich würde dich zu Hause abholen und da..."
„Ich bin nicht zu Hause", sagte ich trocken und bemerkte, wie der Mann neben mir zu brummeln begann.
„Warum?"
„Ich bin bei Samu im Hotel. Wir waren gestern noch joggen und sind dann nicht mehr zur Wohnung gefahren."
„Hattet ihr Sex?"
„Mama! Hör auf sowas zu fragen."
Wir hatten nicht miteinander geschlafen. Es gab nicht mal einen Kuss. Und doch hatte dieser Abend etwas Magisches. Wir saßen nebeneinander wie verknallte Teenager und hielten während des Fernsehens Händchen. Nicht mehr und nicht weniger. Mein Bauch hatte verrückt gespielt. Mir war vor Verliebtheit richtig schlecht geworden.
Sie lachte.
„Willst du mich dann abholen?", fragte sie.
„Das kann ich machen."
„Wann schaffst du es?"
„Ich sag dir Bescheid, wenn ich hier losfahre, ok?"
„Ok. Bis gleich, Schatz."
„Bis später, Mutti!", ich legte auf und platzierte das Handy auf den Nachttisch.
„Who was it?", nuschelte Samu, legte besitzergreifend den Arm um meine Hüfte und zog mich an sich.
„Mama. Ich fahr mit ihr noch Geschirr kaufen, weil ich gar keins habe."
„Fährst du vorher zu deine Wohnung?", sagte er in meinen Nacken und brachte mein Herz zum Hüpfen.
Ich dreht mich zu ihm um und sah in seine halbmüden Augen.
„Eigentlich nicht, warum?"
„Ich habe etwas fur dich", Samu strich über meine Wange, „lass uns fahren zusammen in deine Wohnung, dann zu deine Mama und ich fahre mit deine Beetle wieder hier hin und bringe noch die Anhänger weg."
„Komm doch mit?"
„No, mich kannst du sehen every day. Deine Mama ist nur da, weil du bist moved von die eine zu die andere Wohnung."
„Du weißt, dass das, was du da sagst, überhaupt keinen Sinn ergibt, oder?", lachte ich und legte meine Hand auf seine nackte Brust.
„Shut up and let's drive to your flat!", lachte er verlegen und legte den Kopf in den Nacken.


Keine halbe Stunde später kamen wir an meiner Wohnung an. Samu hatte mir die Augen zugehalten, als wir den Flur betraten. Wir tippelten gefühlt bis zur Badezimmertür, die Samu mit dem Fuß vorsichtig aufstieß.
„Look", flüsterte er in mein Ohr und nahm seine riesigen Hände von meinen Augen.
Ich blinzelte einige Male, ehe ich sah, was da in meinem Badezimmer passiert war; ein Fischernetz hing unter der Decke, ein Holzboot, ebenso wie eine weiße Laterne standen auf der Fensterbank. An der Wand waren drei Bilder mit jeweils einem Anker, einem Segelboot und einem Seestern angebracht worden. Alles in den typisch maritimen Farben weiß, beige und blau gehalten. Ich hatte bereits während Samus Kaufrausch mit soetwas gerechnet. Aber dass es so wohnlich und schön werden würde hatte ich nicht erwartet.
„Would you sail away with me, will you leave it all behind?", sang er leise in mein Ohr und umarmte mich von hinten.
„Hast du für jede Situation den passenden Song im Kopf?", feixte ich.
„Sure."
Ich konnte sein Schmunzeln hören.
„Das ist total schön geworden, danke", ich drehte mich zu ihm um und legte meine Hände auf seine Brust, „ich dachte, du seist eher der Typ für 'n Presslufthammer."
„Wieso?"
„Du bist nicht unbedingt der Typ, der Sand und Muscheln in eine Laterne füllt."
„Weil?"
„Du wirkst einfach nicht so. Aber es ist toll. Danke", wiederholte ich und reckte mich um ihn auf die Wange zu küssen. Anschließend fuhr ich mit den Fingerspitzen vorsichtig über seine immer noch erröteten Schultern, „wir müssen heute Abend nochmal cremen."
„It hurts a lot", grinste er.
„Du armer Mann. Ich kümmere mich darum."
„Oh bitte Schwester."
„Machen wir", ich löste mich aus seiner Umarmung, „versprochen."
Samu küsste meine Stirn.
Wie gern hätte ich die Badezimmertür abgeschlossen und wäre über ihn hergefallen. Ich liebte diesen Mann. Und ich war zu feige um ihm genau das endlich zu sagen. Bei dem Gedanken an Tomás lachte mich meine innere Stimme aus. Das war nichts gewesen. Er war der Lückenfüller. Für alles, was ich von Samu zu dem Zeitpunkt nicht bekommen hatte. Ich hatte mir über sechs Monate lang erfolgreich vorgespielt, den Rezeptionisten zu lieben.
„Was denkst du?", ihm war mein Stirnrunzeln aufgefallen.
„Ich hab an Tomás gedacht, we..."
Samu wich erschrocken einen Schritt von mir zurück. Ich hingegen ging einen Schritt auf ihn zu.
„I'm your mirror", grinste ich und schlang meine Arme um seine Taille.
Er lachte kurz. Vermutlich, weil er auch an die mehr als peinliche Lambadasession denken musste.
„Kann ich dich einladen?", nuschelte ich an Samus Muskelshirt gepresst.
„Zu?", er sah auf mich herunter und starrte mich an. Fast ungläubig.
Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen.
„Date?"
„Was?"
„Nicht?", ich sah ihn erschüttert an, „ich hab gedacht, dass wir vielleicht nach gestern irgen..."
„Wenn dann ich frage dich nach eine Date, Emma", er umarmte mich fester, „old school."
„Du musst auch mal lernen, die Kontrolle abzugeben", lachte ich.
„No way."
„Komm schon. Eine Verabredung. Schicker als Pommes und Currywurst", ich schaute ihm in die Augen.
Er nickte zufrieden. Und gleichzeitig wirkte er wie ein kleiner, schüchterner Junge.
„Perfekt. Ich koch was."
„Du kochst? Ruhrei?"
„Was gesundes, Samu!"
Er küsste meine Stirn.
„Leihst du mir deine Auto?"
„Kommst du dann erst später rum?"
„Wenn es eine official date ist, dann ich komme nicht in eine muscleshirt, Emmi", schmunzelte er.
„Dann zieh ich auch was Schickes an."
„Du bist immer schick."
„Charmeur", ich bemerkte, wie die Hitze in mir hochstieg und meine Wangen erröten ließ.
„Wir fahren zu deine Mutti, ihr nehmt ihre Auto, holt die Geschirr und ich nehme deine Auto für die Weg zurück zu die Hotel", fasste Samu zusammen.
„Und dann?"
„Dann schreiben wir, wann ich soll kommen später", grinste er.
„Deal."
Samu öffnete die Badezimmertür, schloss meine Wohnungstür ab und ließ meine Hand erst wieder los, als er mir die Autotür öffnete.

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