Minä pidän sinusta

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Auf Grund meiner fehlenden Möbel, entschieden wir uns bei Samu im Hotel zu essen. Bevor wir uns auf den Weg gemacht hatten, hatten wir alle Malermaterialien vorerst ins Wohnzimmer gestellt. Samu war der Meinung, dass wir vermutlich ein weiteres Mal streichen müssten, damit es richtig decken würde.
Es war spät geworden. Sehr spät. Ich hatte während der Fahrt Currywurst, Schnitzel, Pommes und Kroketten geordert und wartete an der Hoteleinfahrt auf das Eintreffen des Lieferdienstes. Durch das Streichen der verschiedenen Farben waren wir vor allem im Gesicht bunt gesprenkelt; waren uns aber deswegen einig, dass ein Restaurantbesuch nicht in Frage kam. Samu ging duschen, während ich in der Lobby auf den Imbisslieferanten wartete. Seit Tomás' Betrug hasste ich Hotellobbys. Ich betrat sie nur, wenn ich musste und war durch den kleinen Raum hinter der Rezeption traumatisiert worden. In meinen Träumen traten sie jedoch immer und immer wieder auf: Die Hotellobby. Eine schwarzhaarige Frau, die auf mich zukam und plötzlich ihren Mund so weit aufriss, dass ihr Kiefer auskugelte. Dann Tomás, der aus dem Aufzug stieg und anfing zu stammeln, bis die schwarzhaarige Frau ihre Arme um ihn schlang und ihn zu verspeisen schien. Anschließend kam sie wieder auf mich zu und drückte mich zu Boden. Danach wachte ich auf.


„Essen ist fertig!", trällerte ich als ich die Tür mit Samus Schlüsselkarte öffnete. Mittlerweile war ich mit dieser Art des Schlosses sehr vertraut.
Samu stand in gebückter Haltung vor dem Waschbecken und schlug die Badezimmertür vor meiner Nase zu.
„Ich bin naked!"
„Nichts, was ich nicht schon gesehen hätte", rief ich, legte die Schlüsselkarte und die Plastiktüte voller Essen auf das Sideboard, auf dem auch der Fernseher stand.
„You've never see me naked", grinste er beim Verlassen des Badezimmers und rubbelte sich durch die noch nassen Haare, „towel liegt auf die Waschbecken. Beeil dich. Ich sterbe."
„Sauna!", gab ich zurück und begab mich ins Badezimmer.


Samu saß in Boxershorts auf dem Bett und hatte das Essen bereits ausgepackt.
„Das Dinner ist serviert", grinste er und breitete einladend die Arme aus.
„Fang schon an, ich will mich erst anziehen", sagte ich und zog das Handtuch enger um meine Brust.
„Ich kann dir geben frische clothes", sofort sprang er auf, griff in seine Sporttasche und zog das Shirt der chilenischen Coverband heraus, „ich habe es immer dabei."
„Immer?", fragte ich erstaunt.
„Always", Samu lächelte, „ich gebe dir, wenn ich bekomme zurück", er hielt mir das Shirt hin.
„Jaja."
Er zog das Oberteil vor seine Brust.
„Really, Emma. I want it back."
„Ich zieh es an, wasche es und gebe es dir zurück, ok?"
„Ok", er warf mir das Shirt zu.
Bedankend nickend verschwand ich im Badezimmer und streifte mir Unterwäsche so wie das Schlafshirt über. Es roch wunderbar nach seinem Waschmittel. Unweigerlich dachte ich an das Hemd, welches er mir nach der Hochzeit meines Zwillings vor den Kleiderschrank gelegt hatte und meinen Schlafanzug weitestgehend ersetzte. Ich konnte nicht glauben, dass er wirklich gekommen war. Und er hatte mit mir gestrichen. Das war kein großer Akt, aber nach allem, was zwischen uns passiert war, auf keinen Fall eine Selbstverständlichkeit.
Ich drückte meine roten Haare ein letztes Mal mit meinem Handtuch trocken, als Samu laut gegen die Tür schlug.
„Trash-TV, c'mon!"


Wir hatten uns während einer spannenden Folge „Frauentausch" vollkommen überfressen. Ich lag mit ausgestrecktem Bauch auf der rechten Seite des Bettes und hatte mich ans Kopfteil gelehnt.
„Nie wieder."
„Never ever", ergänzte Samu, setzte sich in den Schneidersitz und tippte sich in den Bauch, „I'm fat again."
„Ich auch", meinte ich und zog das Shirt ein Stückchen hoch.
„Wir sind beide fat, but we have each other", er piekste mir in den Bauchnabel und lächelte.
Es tat gut, so etwas zu hören. Wir hatten einander. Obwohl wir seit Monaten eigentlich genau das nicht hatten.
„Samu?"
„Hm?", er putzte sich den Mund ab.
„Sind wir clear?"
„Yes."
„So richtig?"
„Ich wurde nicht lugen, Emmi. Ich wurde nicht hier sitzen mit dir, wenn wir wären nicht. Und ich bin froh, dass ich genommen habe die 100 Stunden Flug."
„Du bist bedeutest mir viel, weißt du", flüsterte ich.
„Du mir auch", Samu grinste.
Bevor das Gespräch peinlich wurde, wechselte ich schnell das Thema.
„Wer weiß, dass du in Deutschland bist?"
„Mikko, Jukka, Raul, Sami, Riku, Robin, meine Mutter und meine Geschwisters, warum?"
„Weil es komisch ist, dass du dich mit mir so frei auf der Straße bewegen kannst."
„Na ja", Samu zog die Augenbrauen hoch, „in die Baumarkt sind nur Männer und die Frau von die Rezeption hat eine Foto und Autogramm bekommen. Nobody can know that I'm here."
„Und wenn jemand redet?"
„Dann wir können nicht mehr in die Baumarkt fahren und vielleicht wir müssen schlafen in deine Wohnung zusammen, if it's ok for you", lächelte er aufrichtig.
„Sobald wir Möbel ausgesucht haben, sollst du das sogar!", grinste ich zeigte auf seinen riesigen Koffer und die schwarze Sporttasche, „wie lange hast du vor zu bleiben? Für immer?"
„Oh no",er lachte, „irgendwann ich muss zurück und gucken nach meine Post. Aber ich habe viel Zeit."
Das war das, was ich hören wollte.
Ich nickte und starrte auf den Fernseher.
„Hast du dich gemeldet bei deine Leute?", fragte Samu plötzlich.
„Was?"
„Bei die Verrückte und deine twin?"
„Nein, warum denn? Wir haben sonst auch nicht täglich Kontakt."
„Wo ist deine Handy?", Samu stand auf und wartete auf eine Reaktion meinerseits.
„Was willst du denn jetzt?"
Er stapfte ins Badezimmer und kam mit meinem Handy in der Hand heraus.
„Die Pin?"
„Was?"
„I need the pin."
„Woher wusstest du, wo das Handy ist?"
„I need the pin, Emmi."
„3-6-6-2", meinte ich Augen rollend.
Samu entsperrte die Tasten und warf das Smartphone auf das Bett, ehe er sich hinsetzte.
„It's important to stay in contact with your friends. Du hast vier Nachrichten von die portugali, eine von Leni und WhatsApp. Schreibt ihr ofter?"
„Wer?"
„Du und die portugalboy?"
„Gar nicht, nein", ich schüttelte den Kopf, „was steht drin?"
„Nein? Es ist deine Handy?"
„Das hättest du doch öffnen können", ich griff nach dem Smartphone, „du darfst nur die Nachrichten von den Spaniern nicht lesen."
„Warum nicht?", er setzte sich aufrecht hin und wirkte aufmerksam.
„Wir haben das ein oder andere Mal über dich gesprochen, weil sie gesehen haben, dass du angerufen hast", ich nuschelte verlegen.
„Was hast du erzählt?"
„Dass ich dich durch mein Praktikum kenne und wir befreundet sind. Inés kennt sogar ein paar eurer Alben."
„Was noch?"
„Gar nichts."
„Sag."
„Ich hab sonst nichts erzählt."
Er zog ungläubig die Augenbrauen hoch.
„Dann darf ich also lesen?"
„Nein, darfst du nicht."
„What did you tell them?"
Ich zeigte ihm eine Stelle, in der ich ihn als „maravilloso" –wundervoll- betitelte.
„Es geht doch niemanden etwas an, was da zwischen uns war."
Samu nickte und widmete sich erneut dem TV-Programm, während ich die Nachrichten las.
„Alles ok?", fragte der Finne, der mich vermutlich schon einige Sekunden länger beobachtet hatte.
„Joa klar. Alles bestens."
„Was wollte die portugalboy?"
„Weiß ich noch nicht, warte", ich öffnete das Nachrichtenfenster mit Tomás und lehnte mich zu Samu um ihn mit auf das Display schauen zu lassen.
Ein Foto lud, gefolgt von drei Nachrichten:
„ICH"
„WILL"
„DICH"
„What's that?", erkundigte sich Samu und tippte auf das ladende Foto.
„Ich hab 'ne Vermutung", knirschte ich.
„Which one?"
„Warte 'n Moment."
Auf Grund des schlechten Empfangs lud das Bild ein weiteres Mal. Voller Erwartungen blickten wir auf das Smartphone, wie ein Kind am Weihnachtsmorgen auf den Kamin. Tomás schickte mir ein Selfie seines nackten Oberkörpers mit dem Winkel auf seine erdfarben-gestreifte Boxershorts.
„Ist das...?", fragte ich entsetzt, legte Samu das Handy auf den Oberschenkel und hielt mir die Augen zu.
„Oh yes", er lachte, "what is the german word for that? I don't even know the english one."
„Latte, Ständer, Hard-on", nuschelte ich durch meine Hände.
„It's ridiculous", platzte es aus ihm heraus, "don't send this kind of picture to your ex, man. Never ever!"
„Wie kann man so verzweifelt sein?"
„Maybe he's drunk", er hielt sich den Bauch, „warum er schickt keine naked picture?"
„Weil er keinen schönen Schwanz hat", offenbarte ich.
„Hast du ihn gesehen?", fragte Samu gespielt empört.
„War nicht sehenswert, soviel kann ich sagen."
„Das ist traurig, wenn jemand sagt das über seine Ex", lachte er und nahm das Handy von seinem Schenkel, „do you wanna get mad?"
„Wenn es um Tomás geht. Immer."
Triumphierend nickte er, ging in den Kameramodus des Handys und hielt es in die Luft.
„Put your hand on your mouth", delegierte er.
Ich legte die linke Hand auf meinen Mund, Samu ebenso.
„Make a shocked face."
Mit der rechten Hand am Knopf drückte er ab und zog unser Selfie anschließend in das Nachrichtenfenster des Portugiesen.
„Was ist die deutsche Wort für „ridiculous"?"
„Lächerlich", prustete ich.
„Und was ist die Wort für „disgusting"?"
„Du meinst eher „nasty", oder?"
„No", er schüttelte allwissend den Kopf, „nasty ist, wenn ich whispering, dass jemand ist geil oder schmutzisch."
„Nimm einfach „widerlich"", ich überlegte, „schreib: „Das ist widerlich.""
Er nickte und begann zu tippen.
„Ohne ie."
„Was?", seine Haare waren ihm ins Gesicht gefallen, weil er den Kopf schnell anhob.
„Das Wort „widerlich" ohne „ie"."
Er zeigte mir das Smartphone und pustete sich die Strähnen aus dem Gesicht.
„Ich lerne mit die App, Lady. Ich kann schreiben."
„Immer noch?"
„Sure. Ich habe hier die meiste Fans. Da muss ich ja ein bisschen reden können."
„Du warst aber mal besser", ich schubste ihn vorsichtig an.
„Du warst weg und dann wir hatte keine contact. Du musst lernen mit mir wieder. Dann werde ich auch besser."
„Wir können uns ja mal über Musik auf Deutsch unterhalten, wenn du willst."
Sofort schaltete Samu den Fernseher aus, schickte das Bild ab und rutsche auf dem Bett einen Meter nach oben.
„Ich mag deutsche Musik", er lehnte sich an das Kopfteil, stützte seinen linken Arm darauf ab und wandte sich mir zu, „Schlager hat mir total geholfen mit meine Deutsch fur „The Voice of Germany"".
Ich rutschte neben ihn und legte meinen Kopf auf meinem rechten Arm ab.
„Und was für 'n Schlager?"
„Helene ist wunderbar", grinste er und stimmte einen ihrer berühmtesten Hits an.
„Kenn ich, ist aber nicht mein Genre", meinte ich die Zähne zusammenbeißend, „was noch?"
„Die Fantastischen Vier?"
„Was noch?"
„Also lovely Nena mit die 99 red ballons."
„Auf Deutsch?"
„Was auf Deutsch?"
„Wir wollten nur Deutsch sprechen", sagte ich und zwinkerte.
„Oh, ok", Samu überlegte, „Auch tolle Nena mit die 99 Luftballons?"
„Und was noch?", schmunzelte ich.
„Du kannst mal sagen ein paar Sätze auf Finnisch!", er schlug auf meinen Oberschenkel.
„Hyvää huomenta, hyvää iltaa, hyvää iltapäivää, Salmiakki!"
„Damit kommst du aber nicht weit, dear", lachte er, „du sprichst falsch aus. Wenn du gerade aufgestanden bist it sounds better."
„Dein Deutsch ist morgens gar nicht vorhanden", neckte ich ihn.
„Ich bin Finne!"
„Und ich Deutsche."
„Aber deine Vater ist Schwede. Also musst du können eine paar Sätze", neckte er mich, „und du kommst von die Grenze zu Finnland!"
„Auf Schwedisch kein Problem!"
„Sprichst du fluently?"
„Nicht mehr so ganz."
„Mach mal."
„Das klingt immer so, als hätte ich einen mit Wasser vollgesogenen Softball im Mund."
„Ich spreche auch eine bisschen, c'mon. Say something."
Ich überlegte. Anscheinend zu lange für Samus Geschmack.
„Sag wenigstens „Köttbullar"", lachte er.
„Mitt namn är Emma, jag är 24 år gammal och bor i Bochum. Jag sitter med en finländare i ett tyskt hotell."
„Jag är finska, och gillar köttbullar. That's right?"
„Grammatik kann ich nicht", meinte ich unsicher.
„Minä pidän sinusta", lächelte Samu und stützte seinen Kopf auf seine Handfläche.
„Das ist aber nicht schwedisch."
„Try it."
„Wir wollten auf Deutsch über Musik reden, Samu."
„Nur die eine."
Ich setzte mich in den Schneidersitz und schob meine Hände unter die nackten Schenkel.
„Was soll ich sagen?"
„Minä pidän sinusta."
„Mihnä piden sinuster", wiederholte ich angestrengt.
Samu unterdrückte mit aufgeblasenen Wangen ein tiefes Lachen.
„It's ok. Olen myös teille."
„Was hab ich gesagt?"
„Dass du mich magst", meinte Samu verlegen und lief zum ersten Mal seitdem wir uns kannten, rot an. Das war mir neu.
„Ich mag dich auch auf Deutsch", lächelte ich und piekste seine nackte Brust, „und auf Spanisch, Englisch, Französisch, Nied..."
„Was ist deine Lieblingslied?", unterbrach Samu mich grinsend.

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