Langsam ließ sie meinen Hals los und sah mich mit ihren verheulten Rehaugen an

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„Buen viaje!", stotterte Raul und drückte Emma zur Verabschiedung fest, während ich mit verschränkten Armen am Türrahmen der Doppeltür stand und auf sie wartete. Es war ihr letzter Abend in Deutschland; der letzte Abend mit „ihrer" Band. Nachdem sie den ganzen Vormittag mit Tomás verbracht hatte und abends zum Schlafen wieder dorthin gehen würde, hatten wir Jungs einige Stunden am Nachmittag mit ihr verbringen können. Mir allein wurde die Ehre zu teil, den restlichen Abend mit ihr ausklingenlassen zu können, um sie anschließend zu dem Portugiesen bringen zu dürfen, bevor sie Deutschland vorerst bis Mai den Rücken zukehrte.
„Danke danke danke danke!", rief sie und winkte allen etwas unbeholfen zu, als sie unseren Korridor im Hyatt Regency Hotel verlies und mit mir in Richtung des Aufzugs ging. Wir schenkten ihr zum Abschied so etwas wie ein Reisetagebuch. Die ersten Seiten hatten wir bereits beschrieben und mit Fotos, auf denen auch Emma zu sehen war, beklebt. Unter anderem hatten auch diverse Selfies von Emma und mir einen Platz gefunden; das Duckface-Foto von mir vom Neujahrsmorgen mit eingeschlossen. Dieses beendete gleichzeitig die Sunrise Avenue-Fotostrecke. So hatte Emma noch genügend Seiten frei, um zu kritzeln oder kleine Texte zu verfassen.
„Wessen Idee war das?", fragte sie neugierig, als ich die Tür des Mietwagens schloss.
Nachdem Emma uns Hals über Kopf verlassen hatte, war ihr Nachfolger zugleich ihr Vorgänger und wusste bereits bestens Bescheid. Als ich Robin um ein Fahrzeug für heute Abend bat, hatte er mir sofort einen BMW bei einer großen Autovermietungsfirma besorgt.
„Not mine. You know how unkreativ ich bin", entgegnete ich und ließ den Motor aufheulen.
„Du bist 'n Spielkind", mit einem Schmunzeln im Gesicht schnallte sie sich an, „fahr endlich los. Ich bin unendlich aufgeregt, weil ich nicht weiß, wo du mich hinbringst."
„It's a secret, Lady", grinste ich spitzbübisch.
„Dann sag mir wenigstens, wessen Idee das Buch war."
„Wir haben eine bisschen geguckt in die Internet und yes. Wir fanden das eine gute Idee für deine Reise. All together", sagte ich konzentriert, setzte den Wagen zurück und bretterte über den Holzsteg in die Innenstadt.
„Willst du a little bit music?", fragte ich Emma, als wir an einer roten Ampel standen und drückte verwirrt auf den verschiedenen Knöpfen des Radio rum.
„Konzentrier dich aufs Fahren, ich stell was ein", Emma nahm meine Hand und legte sie wieder an das Lenkrad, „vielleicht bekommen wir ja was anderes als HipHop."
„Vielleicht eine bisschen Jazz?"
„Du könntest mir auch etwas vorsingen", schlug sie vor und drückte sich triumphierend in den Sitz.
Unsicher blickte ich zu ihr herüber.
„Not really?"
„Doch. Mach mal."
„Emmi, c'mon. Don't force me to sing."
„Ich liebe deine Stimme, komm schon!", bettelte sie, umklammerte meinen Oberarm und blinzelte mich mit ihren langen Wimpern an.
„Just one", ließ ich mich erweichen und schenkte ihr ein freundlich, dennoch resignierendes Lächeln.
„Das Lied ist mir völlig egal. Such du dir was aus."
Nervös tippelte ich mit meinen Fingern auf dem Lenkrad rum und suchte in meiner mentalen Jukebox einen passenden Song. War das wieder einer der Momente, die ich ganz offen positiv für mich „nutzen" konnte? Noch als ich am Neujahrsmorgen aus der Badewanne gestiegen war, hatte ich Emma für die Hochzeit ihres Bruders zugesagt. Ganz egal, ob sie mich zuerst oder zuletzt gefragt hat. Ich wollte die Chance nutzen, die sie mir gab. Vor Euphorie ging ich joggen, um mich optisch wieder auf die Höhe zu bringen. Wer wollte schon mit einem alten, fetten Kerl auf eine Hochzeit gehen? Wenigstens fett wollte ich bis Mai nicht mehr sein; und das hatte ich –dank gesünderer Ernährung und viel positivem Zuspruch der Jungs- relativ gut umsetzen können. Ich ging jeden Tag vor dem Frühstück in das hoteleigene Fitnessstudio, wenn es die Zeit zuließ. Abends joggte ich zusätzlich noch eine Stunde, aß wenig gesättigte Fettsäuren und ernährte mich gesund. Sogar das Rauchen hatte ich auf ein Minimum reduziert. Ich wollte Emma bei der Hochzeit auf keinen Fall blamieren. Unbewusst nahm ich all diese Strapazen auf mich, um „meinem Mädchen" besser zu gefallen als der Rezeptionist. Diesen hatte ich in den letzten Wochen gemieden, wenn es mir irgendwie möglich war. Ich legte keinen Wert auf seine falsche Freundlichkeit. Zu meinem Leidwesen hatten Emma und er sich nach Silvester wieder versöhnt. Manchmal befürchtete ich, dass sie nicht mehr wusste, dass ich in sie verliebt war.
Immer noch.
„So viele Lieder kannst du gar nicht kennen", sie piekste mir in den Bauch.
Verträumt schüttelte ich den Kopf und lächelte sie unsicher an.
„Grün ists auch noch", lächelte Emma, ohne den Blick von mir abzuwenden.
„Egal, welche Song?"
„Völlig egal."
„When I wake up, yeah I know I'm gonna be, I'm gonna be the man who wakes up next to you, whe..."
„When I go out, yeah I know I'm gonna be, I'm gonna be the man who goes along with you", stieg sie mit ein und deutete mit dem Kopf auf den Schaltknüppel.


„Willst du echt reingehen?", wollte Emma wissen, als wir vor einer Trattoria im Norden Düsseldorfs parkten.
„Sure. Why not?"
„Du bist ein Rockstar?"
„Und?"
„Wir werden keine Minute in Ruhe essen können."
„Was ist deine plan?"
„Sag mir, was du willst, ich hols und wir essen im Auto."
„But I booked two seats fur uns."
„Ich kann auch im Auto essen. Du nicht?", lächelte Emma.
Mit Vivianne war sowas nie möglich gewesen. Sie hatte jedes Mal darauf bestanden, dass wir im Restaurant aßen. Selbst, wenn uns die Leute belagerten; sie war sich ihrer Sache immer sehr sicher gewesen.
„Ich kann auch gehen. But ich weiß nicht, was die haben zum Essen."
„Dann lass dich überraschen und warte hier, ja?"
„Wait!", ich tastete meine Hosentaschen nach meinem Portemonnaie ab. Da war Emma bereits ausgestiegen und kramte in ihrer auf der Rückbank stehenden Tasche nach ihrem.
„Ich mach schon, bis gleich!", sagte sie und schlug die Tür zu.
Da hatte ich schon einen Tisch bestellt und dann durfte ich nicht zahlen.
Kurz nachdem Emma in der Trattoria verschwunden war, nahm ich mein Handy aus der Fahrerseite und durchstöberte die Nachrichten. Mehr als Klatsch, Krieg und schlechter Politik war hier leider nichts zu finden. Auch in den sozialen Netzwerken gab es nichts Neues. Ob Emma bei Facebook war? Entschlossen gab ich ihren Namen ein und fand sie unter dem Pseudonym „EHlmbrg".
Sie war „in einer Beziehung" mit João Mendes. Das war nicht wirklich Tomás' zweiter Name? João?
Der Name erinnerte mich an eine Figur aus dem Disneyfilm „Mulan".
Dabei handelte es sich um einen kleinen, etwas dicklichen Soldaten, der immer ein blaues Auge hatte. Da war ich mit „Aleksi" ganz gut weggekommen.
Bevor ich mich durch Emmas Profil klickte, besuchte ich Tomás' Seite und rollte bereits mit den Augen, als ich sein Profil- und Titelbild sah. Beides Fotos von ihm und Emma. Einmal küssend, einmal nicht. Ich überlegte kurz, ob ich ihm mit meinem privaten Account eine Nachricht hinterlassen sollte – verwarf diesen Geistesblitz aber wieder.Beim Durchstöbern seiner Seite fand ich allerhand Fotos von ihm und Emma; öffentlich zugänglich. Ich schüttelte den Kopf und klickte auf das Bild, auf dem sie mit ihrem Namen verlinkt war. Ihr Titelbild war das Rheinufer in unmittelbarer Nähe zu unserem Hotel, ihr Profilbild eines der Fotos, welches Sami oder Raul von ihr an Silvester gemacht hatten. Sie sah toll aus.
„Nimm schnell, ist heiß", riss Emma die Tür auf, „ich muss nochmal rein."
Bevor ich etwas sagen konnte, hatte sie mir einen Pizzakarton, Pizzabrötchen und eine Styroporverpackung in die Hände gedrückt. Mein Handy hatte ich reflexartig in den Fußraum fallen lassen. Ich stellte das Essen auf den Beifahrersitz, griff gezielt nach meinem Smartphone, legte es wieder in die Fahrertür und nahm das Fastfood auf meinen Schoß.
„Ich hoffe, wir können aus einer Flasche trinken", sagte Emma und stellte eine Flasche Barolo in den Fußraum, als sie einstieg.
„How much?", wollte ich wissen, „Barolo is much expensive."
Emma schüttelte den Kopf.
„Ist einer von 2012. So teuer war der nicht."
„Wie viel alles?"
„Ist schon gut", winkte sie ab und nahm mir das Essen vom Schoß, „fahr mal irgendwo hin, wo uns nicht jeder das Essen aus dem Mund gucken kann."
Ich nickte lachend, schaltete den Motor an und fuhr in Richtung Stockumer Kirchstraße und bog am Ende der Straße nach rechts ab.
„Weißt du, wo wir sind?", fragte Emma, als sie bemerkte, dass ich verzweifelt nach Straßenschildern suchte, die mir verrieten, wo wir waren.
„Not really, sorry."
„Fahr mal hier links auf den Parkplatz", bestimmte sie und navigierte mich so, dass ich letztendlich etwas abseits von den anderen parkenden Autos, aber dennoch in unmittelbarer Nähe einer Laterne, mit dem Heck in Richtung Rhein stand. Bevor ich ausstieg, überprüfte ich zum zweiten Mal die Handbremse und nahm anschließend die Flasche Rotwein aus dem Fußraum mit zum Kofferraum, in dem Emma bereits saß.
„Willst du so essen?", fragte ich erstaunt.
„Natürlich", sie klopfte auf den Platz neben sich, „nimm dir, was du willst."
„Was hast du gekauft?"
„Dein Lieblingsessen und Pizza Verdura."
„What?"
„Pizza Verdura", wiederholte Emma frech grinsend.
„No. You said meine Lieblingsessen?", fragte ich erneut und machte große Augen.
„Currypasta mit Lachs. War doch so, oder?"
„Really?"
„Ich dachte, du freust dich, wenn du mal was anderes essen kannst als immer diesen Hotelfraß", lächelte sie, „du darfst aber auch gerne Pizza essen."
„Oh no. First the salmon", sagte ich schmatzend und öffnete die Styroporverpackung, „do you have a fork?"
Emma öffnete den Pizzakarton und reichte mir lächelnd eine Plastikgabel.


Nachdem wir uns einige Zeit mit unserem Essen beschäftigt hatten ohne uns zu unterhalten, erkundigte ich mich nach Emmas morgigem Tagesablauf. Sie würde –nachdem sie in Madrid und Santiagio de Chile- das Flugzeug wechseln müsste, erst 40 Stunden nach Abflug in Antofagasta ankommen. Ich wollte ihr beweisen, dass es Flüge gab, die deutlich kürzer unterwegs waren und holte mein Mobiltelefon aus der Fahrerseite.
„Was hast du auf meiner Seite gemacht?", fragte Emma, als ich die Tasten entsperrt hatte. Leider war ich vorhin nicht zum Schließen der einzelnen Applikationen gekommen. Auch, weil Emma mich mit diesem leckeren Essen fast überrannt hatte.
„By mistake", gab ich vor und öffnete schnell einen neuen Karteireiter in meinem Browser.
„Nene", meinte sie, „zeig mal dein Profil."
„Ich dachte wir gucken nach die Flüge?"
„Zeig mir mal dein Profil", wiederholte Emma, stellte den Pizzakarton und mein Essen zur Seite und rückte näher an mich heran.
Ich schloss ihr Profil, öffnete mein Privates und gab Emma das Handy.
„Ich will nicht schnüffeln. Nur mal gucken", lächelte sie, „Kaisar Hebel ist sehr kreativ."
„Irony?"
„Nein, ehrlich. Auf die Idee mit dem Anagramm von „Aleksi Haber" wäre ich nie gekommen."
„Da kannst du sehen, wir Finnen sind creative as fuck!", lachte ich, nahm ihr das Handy aus der Hand und öffnete erneut den Browser.
„So kreativ wie bei meinem Geschenk?"
„Sure."
„Kann ich dir 'ne Freundschaftsanfrage schicken?", fragte Emma schüchtern.
„No. I don't want it", meinte ich ernst.
„Echt nicht?"
„No", ich setzte mich aufrecht hin und nahm ein Stück Pizza aus dem Karton. Mit abgespreiztem kleinen Finger biss ich hinein.
„Ganz förmlich, der gute Herr Hebel", grinste Emma gespielt arrogant, widmete sich meiner Styroporpackung und piekste ein Stück Lachs mit Sauce auf, „der Herr Hebel, der nicht mit Frau Holmberg befreundet sein möchte."
„Du weißt warum?", fragte ich mit vollem Mund.
„Nein", kaute sie.
„Weil sie nicht kann essen meine Lieblingsessen", lachte ich und deutete auf ihren Mundwinkel.
„Mach weg", sagte sie und stellte die Currypasta wieder in den Deckel des Pizzakartons.
„Wir habe kein Serviette. Ich kusse es weg", warnte ich sie.
„Jaja", Emma winkte ab, schloss die Augen und machte einen Kussmund, „feige."
Ich legte das angebissene Stück Pizza auf die Styroporverpackung und wischte mir mit den Händen die restlichen Krümel vom Mund.
„Ich make it", sagte ich erneut. Emma lächelte nur und nickte schelmisch, als wollte sie mich herausfordern.
„Feige", wiederholte sie ohne die Augen zu öffnen.
Langsam beugte ich meinen Kopf zu ihr vor, berührte Emmas linken Mundwinkel, küsste die Sauce flüchtig weg und lehnte mich anschließend mit verschränkten Armen lässig an die Innenverkleidung auf der rechten Seite des Kofferraums.
Emma hielt noch immer ihre Augen geschlossen.
„In deine Gegenwart bin ich immer die kleine Junge. Don't mess with me, dear."
„Hatte ich da wirklich was von dem Curry?", fragte sie und blinzelte mich an.
„I promise!"
„Du bist unglaublich, Samu", wisperte Emma den Kopf schüttelnd und nahm sich mein angebissenes Stück Pizza.
„Good or bad unbelievable?"
„Bei dir ist das immer gut!"
„I hope so! Willst du eine Brötchen?"
„Nur, wenn du auch eins isst. Wenn wir beide nach Kräuterbutter stinken, ist das weniger schlimm."
Ich nickte, teilte die Pizzabrötchen in zwei Hälften und dippte sie großzügig in die Kräuterbutter.
„Maybe the portugalboy will dich nicht mehr kussen, wenn du taste like that."
„Dann weiß ich ja, wo ich hinkommen kann", grinste Emma.
„Sure!", teilte ich mit und steckte mir das halbe Pizzabrötchen in den Mund.
Plötzlich kniete Emma sich in den Kofferraum und griff durch die Kopfstützen in den Rückbankbereich um eine Wolldecke aus einem ihrer Jutebeutel zu ziehen. Sie schob das Essen beiseite, lehnte mich gegen die hintere Sitzreihe und warf ihre Wolldecke über unsere Beine. Ich winkte sie mit einem Kopfnicken zu mir und legte meinen rechten Arm um sie. Sie kuschelte sich an meine Brust und streichelte mit der rechten Hand über meinen Bauch.
„Kannst du mir was versprechen?", flüsterte sie, nachdem wir einige Zeit still nebeneinander saßen.
Ich küsste ihre Haare, was sie als ein „ja" auf ihre Frage auffasste.
„Du nimmst meine Freundschaftsanfrage an und schreibst mir ganz oft, ja?"
„Darüber muss ich schlafen, Emmi."
„Samu!"
„Only wenn du versprechst, dass du auf die marriage mit mir tanzt, wenn I'm still fat."
„Ok. Ich versprechs", lachte sie und drückte sich an mich, „du musst noch was versprechen."
„Was?", ich legte mein Kinn auf die Brust und blickte direkt in Emmas Augen. Sie durchbohrte mich regelrecht mit ihrem Blick.
„Wirklich, Samu. Du musst es versprechen", begann sie erneut und setzte sich auf, „du darfst morgen früh nicht am Flughafen sein."
„We talked about it already?"
„Ich weiß."
„So", ich kam mir komisch vor, „where is the problem?"
„Ich wollte das nur nochmal sagen", sagte sie traurig und legte sich wieder an meine Brust. Ich umklammerte sie fest.
Ich wollte sie nicht gehen lassen.
„Can you promise me something?"
„Kommt drauf an."
„Wear this", sagte ich und hielt ihr meine geballte Faust vor die Nase.
„Was ist das?", fragte sie und nahm ihre Hand von meinem Bauch, um unter meine linke Hand zu fassen. Ich öffnete die Faust und ließ einen neuen Anhänger für Emmas Kette herausfallen. Ich hatte ihn die ganze Zeit in der Hosentasche aufbewahrt um ihn nicht zu verlieren.
Emma ertastete den Charm mit Daumen und Zeigefinger.
„Ist das ein Koffer?"
„Yes. Because du bist ab morgen ja eine Weltenbummlerin."
„Mal angenommen, ich muss danach nochmal weg..."
„Yes?"
„Bekomm ich immer einen neuen Anhänger, wenn ich gehe?"
„Sure. Dann hast du irgendwann eine necklace with ganz viele suitcases."
„Danke, Samu", sie küsste meine Brust durch meine Winterjacke, „für alles, was du tust."
Ich lächelte sie an und begann darüber nachzudenken, wie ich die Zeit bis Mai aushalten würde.


„Hoi?", fragte ich leise und streichelte Emma über den Rücken.
„Hm?", brummte sie müde.
„Ich bringe dich zu die portugalboy, c'mon", flüsterte ich und zog vorsichtig meinen Arm weg.
Emma setzte sich hin, rieb sich die Augen und zwinkerte mich verschlafen an. Grinsend stand ich auf, räumte das kalte Essen zusammen und warf es in eine der Mülltonnen am Straßenrand. Als ich zurückkam, hatte Emma bereits den Kofferraum geschlossen und saß auf dem Beifahrersitz.
„Warum hast du eigentlich eine blanket dabei?", fragte ich und schnallte mich an.
„Hab ich immer", nuschelte sie immer noch verschlafen.
„Du hast immer eine blanket? Always?"
„Wenn ich unterwegs bin schon. Ich weiß ja auch nicht, wie warm es nachts in Chile ist."
„Wohin mussen wir?", wechselte ich abrupt das Thema.
Ich wollte nichts von Chile hören.
Gar nichts.
Emma blickte umher.
„Du kannst hier rechts und dann weiter geradeaus fahren. Das dauert noch."
Ich nickte und, bog rechts ab und folgte der Straße.
Während der Fahrt schielte ich immer wieder zu Emma hinüber. Sie schaute verträumt aus dem Fenster und blinzelte.
„Starr mich nicht an", Emma unterdrückte ein Grinsen, „ich seh, dass du mich dich ganze Zeit anschielst."
„You're beautiful", meinte ich ehrlich und hielt an einer Kreuzung.
„Wenn du hier links fährst, ists kürzer."
Ich nickte und bog an der links ab.
„Mach es mir nicht schwer, Samu."
„I don't want."
„But you do", sagte sie und bekam Tränen in den Augen, „in dem grauen Haus da vorne wohnt Tomás."
„Ok."
Ich parkte auf dem Radweg. Fast gleichzeitig schnallten wir uns ab, stiegen aus und räumten Emmas Sachen von der Rückbank.
„Wir sehen uns im Mai", grinste Emma gezwungen.
Ich stellte ihren Jutebeutel auf den Boden und umarmte sie stürmisch. Sie schlang ihre Arme um meinen Hals und vergrub sich in diesem.
„Du bist so wichtig fur mich", flüsterte ich und bemerkte, wie ihr Brustkorb zu beben begann.
Kurz darauf folgte ein Schluchzer.
Langsam ließ sie meinen Hals los und sah mich mit ihrem großen verheulten Rehaugen an.
„Steig wieder ein", schniefte sie und wischte sich mit dem Ärmel ihrer weißen Jacke über das Gesicht. Ich wollte die Situation für sie nicht schlimmer machen, also ging ich schnell um das Auto herum, stieg ein, schnallte mich an und startete den Motor. Widererwartend stieg auch Emma erneut ein.
„Mach mal die Augen zu", weinte sie noch immer.
Ich schloss die Augen und bemerkte, wie Emma ihre Hand auf meine linke Wange legte und die Andere sanft küsste. Ich griff nach ihrer anderen Hand und umklammerte sie fest.
„Nicht aufmachen", flüsterte sie mir ins Ohr und ließ ihre Hand über meinen Hals gleiten.
„Die Wein", stammelte ich ohne meine Augen zu öffnen.
„Den trinken wir im Mai", flüsterte Emma und küsste abermals meine Wange.
Als ich die Augen wieder öffnete, sah ich nur noch, wie die Haustür des grauen Hauses ins Schloss fiel und jemand das Licht im Hausflur anschaltete.


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