Die Ernte
"Annie! Annie! Du musst aufstehen!" Mein kleiner Bruder Finn zieht mir die Decke vom Bett. "Wieso? Es ist Wochenende! Ich muss nicht zur Schule." brumme ich verschlafen. "Mensch Annie! Heute ist der Tag der Ernte! Das weißt du doch!" Sofort wird mir flau im Magen. Es ist zwar nicht meine aller erste Ernte, aber ein gewisses Risiko ist immer dabei. Ich wasche mich und mache mich fertig. Meine Mutter hat mir ein grünes Kleid für die Ernte herausgelegt. Den leichten Stoff kann man kaum spüren. Mein Spiegelbild betrachte ich und muss irgendwie lächeln. "Wow. Du sieht wunderschön aus." Ich beiße mir auf die Lippe. Vielleicht tue ich das. Oder würde es selbst finden, wenn es nicht zu so einem schrecklichen Anlass wäre. Schnell drehe ich mich zu meiner Mutter um. Ihre Augen schimmern traurig. "Glaubst du ich muss in die Arena?" frage ich leise. "Ich hoffe es nicht. Aber was ist mit Finn...Es ist erst seine zweite Ernte...Was ist wenn er doch muss? Trotz seiner wenigen Lose?" Mein Bruder ist dreizehn und damit drei Jahre jünger als ich. Es ist als würde er mit der ganzen Sache besser umgehen können, als ich. Er ist schon recht reif für sein Alter... Ich hoffe das er nicht herausgezogen wird.
Schweigend machen wir uns auf den Weg zum Justizgebäude. Eigentlich ist es wunderschön hier. Mit einer perfekten Aussicht aufs Meer. Wir stellen uns alle auf. Die Älteren nach vorn, die Jüngeren nach hinten. Bedrückt sehe ich auf die Bühne. Dort sitzt Finnick Odair. Früher waren wir oft zusammen am Strand und haben miteinander gesprochen, aber seit er die Hungerspiele vor fünf Jahren gewonnen hat haben wir kaum mehr ein Wort miteinander gesprochen. Neben ihm sitzt eine alte Frau, ich schätze sie wird die Mentoren von den Tributen...Vielleicht wird aber auch Finnick diese Aufgabe übernehmen. Schließlich ist er ziemlich charmant und hat seine Spiele mit einer ziemlichen Leichtigkeit gewonnen. Mein Blick ist direkt auf ihn gerichtet. Sein Blick schweift durch die Massen. Er sieht gar ein wenig bedrückt aus. Seine goldblonden Haare stehen perfekt von seinem Kopf ab und seine strahlenden grünen Augen sieht man bis hier. Er ist verdammt gutaussehend und kann sicherlich jede Frau haben. Aber wieso frage ich mich das überhaupt? Und wieso denke ich darüber nach?
Schon stellt sich die Frau die, die Namen verliest sich an das Mikrofon und lächelt. Im Moment fällt mir ihr Name nicht ein. "Meine Damen und Herren, herzlich Willkommen zu den siebzigsten alljährlichen Hungerspielen! Und möge das Glück stets mit euch sein" Sie stellen einen Film an. Dieser Film läuft jedes Jahr und ich kann ihn beinahe auswendig mitsprechen. Die Menge klatscht, ist ja auch nicht anders zu erwarten von einem Karriero Distrikt, aber ich habe so gut wie gar keine Erfahrung. "Fangen wir mit dem Mädchen an." Sie steckt ihre Hand in die Glaskugel. Ich halte die Luft an, wie jedes Jahr. "Annie Cresta!" Ich starre leer vor mich hin. "Annie Cresta!" wiederholt sie noch lauter. Die Kameras fahren durchs Publikum. Die Leute sehen mich an, das spüre ich. Dann fasse ich mich langsam wieder. Annie Cresta, dass bin ich! Ich balle meine Hände zu Fäusten und sehe zur Bühne. Finnicks Augen sind geweitet, wie vor Schreck...Oder bilde ich mir das nur ein? Er starrt direkt auf mich. Erinnert er sich etwa an mich? An die kleine Annie die ihm stehst wie eine kleine Schwester war? Ich weiß es nicht. Vielleicht werde ich es auch nie erfahren. Denn ich muss in die Hungerspiele. Und wer weiß ob ich sie auch gewinnen werde... Mit federnden Schritten laufe ich auf die Bühne und sehe auf das Publikum. Meine Mutter hält die Tränen zurück und mein sonst so halbwegs erwachsender Bruder, vergräbt das Gesicht in dem Shirt meiner Mutter. Finnicks Blicke bohren sich in meinen Rücken, dass merke ich auch ohne hinzusehen. "So gut... Und jetzt unser männlicher Tribut!" Um die Spannung zusteigern wühlt sie die Zettel auseinander und zieht nach einigen Sekunden einen hinaus. "Luis Johnson!" Mein Blick wandert durch die Massen. Ein Junge mit dunkelbraunem Haar und dunklen Augen steigt auf die Bühne. Ich schätze ihn auf siebzehn oder achtzehn Jahre. Zumindestens sieht seine Körperstatur danach aus. Er ist wirklich ziemlich muskulös. Nickend betrachtet er mir. Man merkt das er so tun will, als würde es ihm nichts ausmachen, aber das tut es..."Gut das sind also unsere diesjährigen Tribute die uns bei den Hungerspielen vertretten werden! Annie Cresta und Luis Johnson!" Strengt grinst er und hält mir die Hand hin. Ich schüttle sie möglichst freundlich. Seine Hand ist eine riesige Pranke im Gegensatz zu meiner. Den Vergleich mit den Händen kann man vielleicht auch mit den Gewinnchancen der Spiele gleich stellen. Der Bürgermeister liest den Hochverratsvertrag vor und wir verschwinden im großem Gebäude. Ich atme tief ein. Vielleicht wird das die letzte Luft, die ich aus Distrikt vier einatmen werde.
Luis Johnson und ich mustern uns. Verdammt nochmal. Erst jetzt wird mir richtig bewusst was da gerade passiert ist. Ich muss in die Spiele! Kaum will ich etwas zu ihm sagen, schleift mich schon ein Friedenswächter eine Treppe hoch und bringt mich in einen Raum. Dort lasse ich mich auf eine Couch fallen. Ich schließe die Augen und beginne vor mich hinzuträmen. Normaler Weise träume ich davon, weit weg im riesigem Meer zuschwimmen, aber nun träume ich von Finnick Odair. Er will gar nicht mehr aus meinem Kopf hinaus. "Annie. Annie ich weiß das du gewinnen kannst." flüstert er und lächelt mich an. "Ja Finnick." antworte ich still. "Was Finnick? Meinst du etwa Finnick Odair?" Schnell öffne ich meine Augen. Mein Bruder und meine Mutter stehen vor mir und starren mich an. "Annie?" "Ja?" frage ich und merke das ich erröte. "Ist alles ok?" "Ja!" antworte ich erneut. Meine Mutter schließt einfach nur die Arme um mich und ich drücke auch Finn. "Du wirst schon gewinnen. Ich glaube an dich..." murmelt Finn und drückt mir einen Kuss auf die Wange. Meine Mum tut das Gleiche. "Wir lieben dich." "Ich euch auch..." erwidere ich leise. Schließlich holt ein Friedenswächter sie aus dem Zimmer und ich schließe wieder die Augen. Es wird keiner mehr kommen. Ich habe ja keinen mehr, außer den Beiden. Finnick taucht wieder vor meinem inneren Auge auf. "Sie haben ausnahmsweise zehn Minuten, Mr. Odair." Die Stimme eines Friedenswächter reißt mich diesmal aus den Gedanken. Ich atme durch und sehe Finnick Odair in die Augen. "Finnick?" frage ich ungläubig. "Annie!" Sein Blick ist noch trauriger. "Kleine...Ich werd alles tun was ich kann damit du gewinnst." Wozu? Die letzten fünf Jahre war ich doch eh nur Luft für dich. Als ob ich dich auf einmal interessieren würde. Natürlich traue ich mich nicht diese Worte wirklich auszusprechen. Stattdessen schaue ich ihn kühl an. "Annie... Hast du Tesserasteine genommen?" Heftig schüttle ich den Kopf. Wir sehen uns nur an. Mehr nicht. Dann schlingt er seine Arme um mich und flüstert: "Ich habe dich nie vergessen." Die Worte hat er so leise ausgesprochen, dass ich das Gefühl habe er will nicht das ich es höre. "Hast du." gebe ich mutig zurück. Mit seinen Meergrünen Augen starrt er mich an. Ein wenig entgeistert, aber immer noch erwartungsvoll. "Was erwartest du denn jetzt von mir, Finnick?" frage ich. "Das du mich küsst oder so." "Du träumst wohl." Sein Mund steht offen. "Annie?" Jetzt sehe ich ihn nur an. "Du hast schöne Augen." Oh gott. Ich glaube ich schmelze gleich dahin, aber ich springe nicht darauf an. "Wieso bist du nie bei uns in Distrikt vier? Wieso besuchst du nie deine Eltern...oder mich?" Ich stocke. Er schiebt seine Hand unter mein Kinn und lächelt. "Das geht eben nicht so oft. Ich hab Erledigungen zu machen." Die restlichen Minuten sehen wir uns einfach nur an. "Annie, vergiss nicht was ich dir gesagt hab." "Bist du mein Mentor?" frage ich. "Nein." Er lächelt verlegen. "Mags wird deine Mentorin sein." Mags? Ist Mags die alte Frau?
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Die 70. Hungerspiele | Annie's Geschichte ✔
FanficDie sechzehn jährige Annie Cresta muss in die Hungerspiele... Was tun, wenn sie einen verrückt machen und zum durch drehen bringen? "Die Spiele haben mich kaputt gemacht, zerstört und verdorben. Für immer." (Das ist meine erste Hungergames Fanficti...