Rückkehr ins Leben
Ich rolle mich auf die Seite und sehe an die Decke. Es riecht hier nach Finnick, so anziehend, aber trotzdem macht es mich furchtbar traurig. Ich ziehe die Bettdecke dichter um mich. Eigentlich dürfte mir nicht kalt sein, aber ich zittere. Ich habe ein ziemlich mulmiges Gefühl im Magen. Es dauert ein paar Minuten bis ich mich zwinge aufzustehen.
Zögerlich gehe ich zum Kleiderschrank hinüber und ziehe ihn auf. All die Anziehsachen von Finnick, all seine Dinge. Meine Hand fährt zu der Kette um meinen Hals, die immer sein Glücksbringer gewesen ist. Vielleicht hätte er ja überlebt, wenn er sie getragen hätte...
Ich schüttle den Kopf, über diesen Gedanken. Das wäre nie so gewesen. Es passiert was passieren muss, nicht?Ich ziehe ein T-Shirt aus dem Schrank und werfe es mir über. Es ist viel zu groß, aber das ist mir egal. Während ich mir meine Schuhe überziehe, bemerke ich erstmal wie großen Hunger ich überhaupt habe. Nur das ich nichts hier habe...
Ob ich wohl zu Mum gehen kann? Ob es ihr überhaupt gut geht? Und ob es Finn gut geht? Mein Magen fängt anzukribbeln und ich bemerke wie ich aufgeregter werden. Ich hoffe das es meinem Bruder gut geht. Meine Mutter und ich haben seit meinen Hungerspielen keinen wirklich guten Draht mehr zu einander, aber vielleicht wird das ja ein bisschen besser.
Ich binde meine Haare zusammen und laufe los. Ich sehe mir den Distrikt ganz genau an. Teilweise sind einige Dinge kaputt, zerbombt, voller Dreck. Die Stadt hatte ich ein wenig schöner in Erinnerung, aber ich bin schon froh das kein Pranger oder so was in der Art da steht.
Mein Weg führt mich zu dem Haus in dem ich groß geworden bin. Zögerlich sehe ich die Tür der alten modrigen Hütte an. Sie hätten bei mir im Haus wohnen können, aber meine Mutter wollte nicht. Zarghaft klopfe ich gegen die Tür. Einen Moment lang herrscht Stille, dann geht die Tür auf.
Meine Mutter steht vor mir. Sie ist abgemagert, dünner als sonst. Dunkle Ringe sind unter ihren Augen zusehen. Ich sehe sie einfach nur an. "Annie...", sagt sie leise, erstaunt. "Mama.", sage ich. Sie macht einen Schritt auf mich zu und schlingt die Arme um mich. So viel Liebe habe ich in den letzten Jahren nicht mehr von ihr bekommen. Sie drückt mich so fest an mich, dass ich fast gar keine Luft mehr kriege. "Ich bin so froh dich zusehen...Ich hab mir solche Sorgen gemacht!" Meine Mutter hat Tränen in den Augen und fängt anzuschluchzen. "Komm rein...Zum essen...Finn müsste auch bald wieder kommen. Er ist am Strand."
Auch in meinen Augen brennen Tränen. Ich gehe ins Haus. Nichts hat sich hier verändert. Ich lasse mich in der Küche am Tisch nieder. "Was ist passiert, als sie dich mitgenommen haben?" Meine Mutter streicht sich die braunen Haare, mit ein paar angegrauten Strähnen aus dem Gesicht. "Ich...also mir würde nichts getan, aber ich wurde dann gerettet...", sage ich leise. Die Gedanken in meinem Kopf schwirren umher und trotzdem erzähle ich weiter.
"Ich wurde nach Distrikt dreizehn gebracht. Er war nicht kaputt, die ganze Zeit war er da. Dort wurde dann die Rebellion geplant...Ich hab geheiratet." Ein Lächeln breitet sich auf den Lippen meiner Mutter aus, doch mir kullern Tränen die Wange hinab und fallen in meinen Schoß. "Finnick?", fragt sie. Ich nicke. "Aber wo ist er?"
Ich atme einmal tief durch. Dann sehe ich auf meine Hände. "Er ist...im Kapitol... gestorben.", sage ich leise. "Wir waren nicht lang verheiratet...", murmle ich. Die Tränen fließen nur noch mehr. Meine Mutter nimmt mich abermals in den Arm und flüstert mir zu das alles wieder gut wird. Das wird es nicht. Er ist tot, weg für immer.Nochmal ein und ausatmen, dann streiche ich mir die Tränen aus dem Gesicht. "Wir haben gewonnen, Mama...", sage ich leise. "Es wird keine Hungerspiele mehr geben..." Sie lächelt mich an. "Trotzdem warst du Teil davon. Das tut mir alles so leid." Ich nicke kurz. "So ist das. Wir können nichts daran ändern." Meine Mutter streicht sich die Tränen aus dem Gesicht und stellt die Töpfe auf den Tisch. "Finn wird noch ein bisschen wegbleiben, also können wir schon mal essen."
"Geht es ihm gut?", frage ich. Meine Mutter nickt. "Bestens sogar. Wir haben uns viel Sorgen gemacht." Ich nicke knapp. "Ich hab oft an euch gedacht...Ich habe gedacht das euch irgendetwas passiert ist..." Meine Mutter lächelt und schüttelt den Kopf. "Die Friedenswächter haben Terror gemacht, aber sonst ging es.""Ich muss dir noch etwas sagen.", erkläre ich meiner Mutter, nach einigen Minuten des Schweigens. Einfach schnell raus, mal sehen wie sie reagiert. "Ich bin schwanger." Sie grinst mich an und schlingt erneut ihre Arme um mich. "Ich werd dir natürlich helfen wo es nur geht." Ich lächle ebenfalls.
Nach dem ich mich überraschenderweise satt gegessen habe, erhebe ich mich. "Danke.", sage ich knapp. "Es hat gut geschmeckt. Ich komm bald wieder, ja? Ich muss ein bisschen an die Luft." Meine Mutter nickt und drückt mir einen Kuss auf die Wange, dann gehe ich mit schnellen Schritten davon.
Mein Weg führt mich zurück durch die Straßen meines Distrikts. Ich sehe mich um. Ich muss mich erstmal wieder an diese Umgebung gewöhnen. Die Sonne scheint auf mich hinab und ich schweife mit meinen Gedanken ab. Es ist so schön hier.
"Annie?", schreit eine Stimme. Ein wenig verwirrt bleibe ich stehen und drehe mich um. Ein großer und meiner Meinung nach starker Junge kommt die Straße im schnellen Tempo entlang gerannt. "Annie?" Ich nicke. "Ja?" Einen Moment lang brauche ich, um zu erkennen wer das ist. "Finn...", sage ich leise. Eine Gänsehaut zieht sich über meine Arme und ich grinse meinen kleinen Bruder an. Er ist riesig groß geworden.
Ohne Umschweife nimmt er mich in den Arm. "Ich dachte du wärst tot...", murmelt er. "Nein. Ich lebe noch." Ich ziehe ihn noch ein bisschen dichter an mich heran. "Du bist ganz schön gewachsen." "Du warst ja auch eine ganze Weile nicht hier.", stellt mein Bruder fest. "Ich bin so froh dich zusehen." Ich schenke ihm ein Lächeln. "Was ist passiert? Und wo ist Finnick?" Mein Magen zieht sich zusammen. Dann fange ich anzuerzählen.
Finn sagt kein Wort bis ich mit meiner Erzählung geendet habe und dann nimmt er mich wortlos in den Arm. Ich weine diesmal nicht. Ich hab das Gefühl das es von Mal zu Mal ein bisschen einfacher werden wird. Ich weiß das Finnick die meiste Zeit ein recht glücklicher Mensch war, so wie ich. Zumindest in seiner Gegenwart. Wir haben uns gegenseitig glücklich gemacht und das trotz der vielen Sachen die uns passiert sind.Finn bringt mich noch bis zu meinem Haus im Dorf der Sieger. Ich sehe mich darin um und fühle mich fremd. Ich war viel zu lang nicht hier. Ich gehe durch jedes Zimmer und sehe mir alles an. Jedes hat irgendeine Erinnerung an Finnick, die mich wirklich ziemlich schmerzt. Ich vermisse ihn so sehr. Ich lasse mich auf die Couch fallen und ziehe die Beine an mich heran, dann schließe ich die Augen. Am besten gehe ich zu seinen Eltern und rede mit ihnen.
Finnicks Mutter und sein Vater sind sehr ruhig geblieben. Sie haben geweint, eine Menge, aber ich habe nicht eine Kleinigkeit ausgelassen. "Du musst uns unser Enkelkind unbedingt zeigen, wenn es erstmal da ist.", haben sie immer und immer wieder gesagt. Sie haben ja recht. Die beiden werden mir auch helfen. Ich habe recht viel Glück, meiner Meinung nach.
Ich fühle mich irgendwie auch besser, als sonst. Nicht so verwirrt, sondern einfach mal klar und deutlich. Ich werde Mutter. Ich kriege ein Kind, dass ich groß ziehen werde. Da kann ich nicht abgelenkt sein, da muss ich gut sein. Es ist das was Finnick mir da gelassen hat...und ich werde es behüten...
hallo ihr da! :)
Ich hoffe euch hat das kapitel gefallen... ich weiß es ist alles so traurig aber na ja... vermutlich kommen noch 4 kapitel, also so habe ich es geplant.Ich würde mich über kommentare und votes freuen :)
aileen <3
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Die 70. Hungerspiele | Annie's Geschichte ✔
FanfictionDie sechzehn jährige Annie Cresta muss in die Hungerspiele... Was tun, wenn sie einen verrückt machen und zum durch drehen bringen? "Die Spiele haben mich kaputt gemacht, zerstört und verdorben. Für immer." (Das ist meine erste Hungergames Fanficti...