Schmerz
Annies Perspektive;
"Annie? Wo bist du denn?"
Ich mache mich ein wenig kleiner und schlinge meine Arme um meine Beine.
Meine Haare sind ganz zerzaust, durch den Wind der vom Meer hierher getragen wird.
Die Wellen kommen immer näher, gehen wieder zurück, kommen näher.
Ich starre hinaus aufs Wasser.
Wie es wohl wäre einfach ins Wasser zu rennen und dort zu schwimmen?
Bestimmt wäre das Gefühl wundervoll..... Ich war solange nicht mehr schwimmen.
Vielleicht ist es ja so wie früher.
Das Wasser wird bestimmt eine Angenehme Temperatur haben. Ist der Gedanke verrückt?
Es ist mir egal. Wenigstens einmal will ich dieses Jahr schwimmen. Einmal.
Ich ziehe die Schuhe und die Socken aus, auch wenn es nichts nützt.
Den Rest meiner Kleidung lasse ich einfach an. Wahrscheinlich würden die Meisten mich ab diesen Zeitpunkt, als geistesgestört abstempeln, aber das tun sie sowieso, also kann es mir egal sein.
Ich laufe langsam ins Wasser, es ist nicht kalt und auch nicht warm, eher lauwarm.
Ich watte weiter ins Wasser bis ich bis zur Brust drinnen stehe.
Laut ausatmend laufe ich mich auf dem Rücken treiben und tauche unter.
Wenn ich etwas gut konnte dann war das schwimmen und tauchen....
Allgemein alles was mit dem Wasser zu tun hat, aber das ist in Distrikt vier normal.
Ich gleite durchs klare, salzige Wasser und tauche immer wieder unter.
"Annie! Bist du denn total verrückt geworden?"
Mein Bruder reißt mich aus den Gedaken, während ich das nächste Mal auftauche.
"Komm raus! Sofort!"
"Wieso?", rufe ich zurück. "Weil es kalt ist und du bestimmt krank wirst."
Ich sehe ihn an und merke das er sich wirklich Sorgen macht. Ich denke aber wegen etwas anderem, nicht weil er denkt ich werde krank.
Soweit ich nicht stehen kann, schwimme ich zurück und komme aus dem Wasser.
Mein Bruder sieht mich an, schüttelt den Kopf und legt die Arme um mich.
"Wieso tust du sowas, Annie?", fragt er. "Ich wollte schwimmen."
Ich versuche nicht allzu komisch zu klingen, aber es lässt sich nicht verleugnen, dass mir jetzt eiskalt ist und ich zittere.
"Du wolltest schwimmen...", widerholt Finn. Ich nicke.
Er hebt meine Schuhe vom Boden auf und nimmt sie in die Hand.
"Dann komm...Du musst dich umziehen und duschen."
Wieder nicke ich nur.
"Lebt er noch?", frage ich tonlos, als wir die Straße zum Dorf der Sieger hoch gehen.
Mein Bruder schenkt mir ein zögerndes Lächeln. "So weit ich weiß ja..."
Ich laufe die Treppe des Hauses nach oben und drehe den Hahn der Badewanne auf.
Ich kippe ein wenig Zeugs hinein, durch das alles mit Schaumbläschen bedeckt ist. Das bringt mich irgendwie zum Lachen. Es sieht so schön und weich aus.
Ich lasse mich in die Wanne sinken und tauche für einige Sekunden unter.
Ich wasche mir die Haare, meinen Körper und bleibe ein wenig liegen, um mich wieder auszuwärmen. Nachdem ich mir bequeme Sachen angezogen habe, laufe ich die Treppe zum Wohnzimmer nach unten.
Erschöpft lasse ich mich aufs Sofa sinken. Mein kleiner Bruder bringt mir eine Decke und wirft mir immer wieder merkwürdige Blicke von der Seite zu.
"Möchtest du einen Tee?", fragt er leise. Ich nicke. "Gern."
"Was für einen?" "Kirsche, bitte...", erkläre ich ihm.
Bevor er in der Küche verschwindet wirft er mir noch einen Blick zu.
Plötzlich springt der Fernseher an. Ich will schon aufstehen, bin aber plötzlich unfähig mich zu bewegen. Dort ist er...Finnick. Er rennt durch den Dschungel. Zusammen mit Mags, er hat sie auf dem Rücken, hinter ihnen stolpern Katniss und Peeta her.
Sie werden von einem Nebel verfolgt. Ich weiß nicht was tut, aber Katniss' Arme fangen komisch anzuzucken. Sie stolpert und Peeta kracht auf den Boden. Der Neben kommt immer näher.
Die Beiden folgen Finnick und Mags.
Peeta sieht schlapp und müde aus... Ich sehe schon kommen, das sie in diesem Nebel sterben.
Katniss nimmt nun Mags auf den Rücken und Finnick trägt Peeta bei sich.
"Ich kann sie nicht mehr tragen!", schreit Katniss.
Mein Bruder betritt das Wohnzimmer, in der Hand zwei Tassen mit Tee. Er stellt eine davon vor mir ab.
"Kannst du sie beide tragen?", fragt Katniss, an Finnick gewandt.
"Nein, ich kann sie nicht beide tragen.", antwortet er mit tränenden Augen.
Katniss' Arme schwingen unkontrollierbar herum.
Schließlich passiert etwas schreckliches. Ich will diese Spiele nicht sehen.
Mags drückt Finnick einen Kuss auf den Mund und rennt in die Nebenwand.
Man hört ein paar Schreie, dann ertönt die Kanone.
Mir tut das Herz weh, wenn ich das sehe. Sie hat quasi zu seiner Familie gehört, zu meiner....
Ich mochte sie so gern...
Mags war immer da, wenn man sie gebraucht hat...immer.
Mir fließen ein paar Tränen übers Gesicht.
Katniss und Peeta fangen an sich zu waschen, merkwürdige Rauschschwaden treten aus ihrer Haut hervor.
Finnick liegt mit dem Gesicht im Sand da und stöhnt.
Ich kann mir vorstellen das er leidet. Nicht nur w. egen den Schmerzen die er hat, sondern auch wegen Mags, die vor seinen Augen in den Neben gerannt ist und ihr Leben gegeben hat.
Finnick wird jetzt ins Wasser geschliffen. Er schreit einmal laut auf und dann stöhnt er, anscheinend, erleichtert auf.
Ich schließe die Augen, trinke einen Schluck Tee und stelle die Tasse dann zurück auf den Tisch.
Erneut ziehe ich mir die Decke über den Kopf. Ich will nicht sehen wie er weint, will nicht sehen wie er leidet und sich abmüht.
Mags ist ohne hin weg, für immer. Sie ist einfach weg.
Finnicks Perspektive;
"Steht auf!" Die Stimme von Katniss reißt mich aus dem Schlaf. Es braucht nicht weniger, als ein paar Sekunden, da stehen wir alle. Mags ist wieder Huckepack auf meinem Rücken und die anderen Beiden rennen uns hinterher.
Eine Nebelwand verfolgt uns. Es kann kein natürlicher Nebel sein, denn er ist einfach zu gleichmäßig. Bestimmt wird er einen töten oder so dermaßen verletzen das man sich sicherlich nicht mehr bewegen kann....
Ich muss zu geben, ich habe riesige Angst.... Wie so oft eigentlich...Vorallem um Annie habe ich Angst. Was ist wenn irgendetwas schief geht und man sie foltert?
Der Nebel kommt immer näher und ich renne immer schneller.
Peeta und Katniss stolpern hinter uns her. Peeta fällt auf den Boden.
"Finnick!", ruft Katniss, verzweifelt. Ich bleibe stehen. "Nimm du Mags."; sage ich schließlich.
Ich werfe mir Peeta über, der doch ziemlich schlapp ist und Katniss nimmt Mags.
Nun werden wir auch wieder schneller. Vielleicht schaffen wir es hier ja wirklich lebend raus. Wir alle. Ich spüre das meine Arme mir langsam nicht mehr gehorchen, sondern völlig komisch in der Luft herum schlagen.
Als ich mich das nächste Mal umdrehe, sehe ich nur noch wie Katniss, mit Mags auf dem Rücken, zu Boden geht. Mags kullert davon.
"Kannst du Sie beide tragen?", ruft sie mir zu.
Ich atme tief durch. Meine Augen füllen sich mit Tränen. Ich weiß genau was das heißt.
"Nein...Ich kann sie nicht beide tragen." Mags kommt auf mich zu, drückt mir einen Kuss auf den Mund und rennt mitten in den Nebel.
Ich sehe noch wie sie unkontrollierbar um herzuckt, die Kanone abfeuert und dann laufen wir gedankenverloren weiter.
Sie hat zu meiner Familie gehört, hat zu mir gehört. Sie war wie eine Großmutter. Vorallem war sie meine Mentorin. Mags war mir wirklich wichtig.
Ich spüre wie mir Tränen in den Augen zusammen laufen, aber ich versuche mich zusammen zureißen. Auf einmal löst sich der Neben komplett auf.
Ich falle mit Peeta zu Boden, er kracht auf mich und Katniss ebenfalls.
Nun dämmere ich zwischen einer Mischung aus Ohnmacht und Bewusstsein.
Ich gebe ab und zu ein Stöhnen von mir.
Meine Haut fühlt sich so an, als würde sie aufgerissen sein, vollkommen. Es brennt.
Jetzt laufen mir auch Tränen übers Gesicht.
Mags ist tot.
Ich spüre wie Katniss und Peeta mich auf den Rücken drehen und schreie auf.
Sie tauchen mich ins Wasser und der Schmerz lässt ein wenig nach. Bis ich vollkommen unter Wasser bin.
Langsam komme ich wirklich wieder zu Kräften. Ich gleite durchs Wasser und tauche ein wenig umher.
"Lass das!", ruft Katniss mir zu.
Ich lächle ein wenig. "Was? Das untertauchen oder das widerhochkommen?"
"Beides...Ach nein! Egal, komm einfach wieder her."
Ich stapfe aus dem Wasser.
Langsam fangen die Wunden an zu jucken. Ich kratze daran.
"Finnick, nicht kratzen!", mahnt Katniss mich.
Ich halte in der Nacht Wache. Ich verdecke mit meinen Händen das Gesicht und fange leise an zu weinen. Mags...Sie ist weg.
Ich kann nicht ausdrücken, wie sehr es mir weh tut.
Hoffentlich hat Annie nicht zu gesehen und das miterlebt.
Mein Schluchzen versuche ich mehr oder weniger unter Kontrolle zu halten, aber ich kann es einfach nicht weiter unterdrücken.
Am nächsten Morgen streckt sich Katniss und sagt mir leise guten Morgen.
"Du sollst doch nicht kratzen...", sage ich ihr und kann ein Grinsen nicht unterdrücken.
Sie zuckt die Schultern.
"Haymitch, wann willst du uns endlich mal was für unsere Wunden schicken?"
Innerhalb von wenigen Sekunden fliegt ein Fallschirm hinunter und Katniss zieht eine Salbe hinaus, die aussieht wie Teer oder so was. Es ist ekelhaft, sie stinkt und nimmt auf der Haut eine komische Farbe an, aber so lang sie hilft.
Katniss wirft mir die Tube zu. Ich fange an mich damit einzureiben.
"Wie fühlt es sich an, mal nicht wundervoll auszusehen."
"Merkwürdig.", antworte ich und grinse. "Ich frage mich wie du es so lange ausgehalten hast."
"Einfach alle Spiegel meiden, dann geht das schon."
Ich fange leise an zu lachen. Auch Katniss lacht. Sie geht hinüber zu Peeta, der immer noch schläft.
"Warte...Wir wecken ihn zusammen. Ich bin sicher, das er uns beide sehen will."
Katniss nickt. Ich grinse in mich hinein.
"Peeta...", flöte ich. "Peeta, Peeta, aufwachen.", sagt nun auch Katniss.
Als er die Augen aufreißt und los schreit, lasse ich mich nach hinten fallen und fange anzulachen.
Hier in der Arena fühlt sich das Lachen so falsch an, so fremd und komisch.
Trotzdem tut es irgendwie ein bisschen gut, lenkt mich, auch wenn nur für wenige Sekunden, von der Trauer um Mags ab.
Ich gehe noch einmal zum Wasser und fische ein paar Muscheln hinaus.
Bevor Katniss wach geworden ist, habe ich beinahe die ganze Nacht damit verbracht irgendetwas zu tun um mich abzulenken.
"Hier sieh mal...", sagt Peeta und zeigt Katniss eine Perle. "Du weißt doch was Effie sagt, wenn man viel Druck auf Kohle ausübt werden daraus Perlen."
Ich runzle die Stirn. Wenn ich ehrlich bin habe ich so was dämliches noch nie gehört.
"Stimmt doch gar nicht.", bemerke ich und schüttle den Kopf.
Schließlich wende ich den Kopf wieder ab und schaue aufs Wasser. So ganz kann ich den Plan von Heavensbee noch immer nicht verstehen...Es kommt mir so merkwürdig vor, aber vielleicht bringt es mir ja was die beiden zu beschützen...
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Die 70. Hungerspiele | Annie's Geschichte ✔
FanficDie sechzehn jährige Annie Cresta muss in die Hungerspiele... Was tun, wenn sie einen verrückt machen und zum durch drehen bringen? "Die Spiele haben mich kaputt gemacht, zerstört und verdorben. Für immer." (Das ist meine erste Hungergames Fanficti...