O N E

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O N E | Sechs Tage. Sechs Tage war ich hier schon gefangen. Seit sechs Tagen kämpfte ich ums Überleben. Ich konnte nicht fassen, wie sich mein Leben so plötzlich geändert hatte. Vor zwei Wochen noch war meine größte Angst eine Spinne in meinem Zimmer gewesen. Jetzt fühlte ich mich lächerlich, wenn ich daran zurückdachte.

Hier gab es für mich nur das Kämpfen, das Blut, welches aus den leblosen Körpern dieser Dinge floss, die ich erschießen musste, um nicht zu sterben. Hier gab es für mich nur den ziehenden Schmerz, der meinen ganzen Körper lähmte, weil ich kilometerweit rannte, ohne stehen zu bleiben. Mehrere Male schon wäre ich fast umgekippt vor Anstrengung, doch das Adrenalin hielt mich auf den Beinen.

Wie lange noch, fragte ich mich. Wie lange würde mein übermüdeter Körper das noch aushalten? Jeder Moment, in dem ich stand, war eine noch größere Gefahr als wenn ich rannte.

Auch jetzt trugen mich meine müden Beine im joggenden Tempo die Straßen entlang. Mehrere hundert Meter hinter mir war eine Art Streit zwischen den verschiedensten, seltsamen Monstern ausgebrochen. Dort wäre ich niemals sicher gewesen, denn ich denke, sie hatten sich um mich gestritten. Mit zittrigen Händen steckte ich meine Waffe weg.

Meine Munition, die nie so lange gereicht hätte, musste ich manchmal aus den toten Viechern wieder herausziehen, um noch eine Chance zu haben. An meinen Händen hing getrocknetes, schwarzes Blut. Wenn es noch feucht war, war es so dickflüssig und glibberig wie Schleim.

Alle fünfzig Meter drehte ich meinen Kopf nach hinten, um zu sehen, ob mir etwas gefolgt war. Ich musste mir einen sicheren Platz zum Schlafen suchen. Ich war völlig am Ende mit den Nerven. Und ich hatte schrecklichen Hunger.

Gerade als ich meinen Kopf wieder nach vorne drehte, kollidierte meine Stirn mit etwas Steinhartem. Vom Rückstoß getroffen stolperte ich zurück und fiel zu Boden. Für einen kurzen Moment dachte ich, es sei eine Wand gewesen, doch als ich benommen stöhnend meine Augen öffnete, fielen zwei muskelbepackte, Dreck verschmierte Beine ins Blickfeld.

Meine Augen glitten den Körper vor mir hoch. Nur ein Fetzen bedeckte seine Intimzone, die Brust war nackt und locker einen Meter breit, in seiner Hand lag eine schwere Axt. Und als ich hoch zu dem Kopf dieser menschlichen Gestalt kam, umschloss ein metallischer Kasten seinen Kopf. Dennoch schien er mich zu sehen, denn augenblicklich hob er die Hand mit der Axt bedrohlich über seinen Kopf.

Meine Muskeln waren zum Zerreißen gespannt, als ich den Riesen vor mir betrachtete und auf die kleinste Bewegung seines Armes wartete. Und als er die Axt in Bewegung setzte, um sie mir in die Brust zu rammen, rollte ich mich noch gerade so zur Seite, um die Axt an meinem Körper vorbeigleiten zu spüren.

Durch den Versuch meinen Atem ruhig zu halten, kam er laut und gepresst aus meiner Kehle. Mein Blick fixierte die scharfe Klinge, die sich in den Beton gegraben hatte und einen kleinen Riss im Boden verursachte, dann versuchte ich mich aufzurappeln.

Innerhalb einer Sekunde spürte ich einen festen Druck um meinen Hals, spürte, wie mein Körper vom Boden gehoben wurde und dann meine in der Luft hängenden Füße. Meine Augen wurden groß, mit den Händen versuchte ich den festen Griff zu lockern, während ich verzweifelt nach Luft schnappte. Nicht das kleinste bisschen Sauerstoff erreichte meine Lungen.

Mein Kopf begann zu pochen und meine Sicht zu verschwimmen, während ich auf den Mann mit dem Metallkopf hinabstarrte. Er hatte keine Augen, ich wusste nicht, wie er mich sehen konnte, doch das war das letzte, woran ich in diesem Moment dachte. Ich begann mit den Beinen zu zappeln und versuchte dem eisernen Griff zu entkommen, doch anstatt loszulassen verstärkte er sich.

Trotz offener Augen begann meine Sicht an Farbe zu verlieren, dann an Sehkraft, bis sie begann schwarz zu flackern. Gerade da, als ich dachte, ich würde das Bewusstsein verlieren, wurde ich mit solch einer Wucht auf den Boden geschleudert, dass ich dachte, meine Knochen würden unter mir brechen.

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