E I G H T E E N

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E I G H T E E N | Er war leise. Zu leise. Nicht dass er jemals freiwillig oder gern mit mir geredet hätte, doch irgendetwas schien anders. Die Stimmung war bedrückt. 

Wir saßen wieder auf einem Dach. Er hatte mich hochgezerrt, als meine Berührung ihm zu viel wurde, doch dafür verurteilte ich ihn nicht. Er mochte mich nicht. Nichtsdestotrotz saß er jetzt da, einige Meter von mir entfernt und selbst ich bemerkte, dass das, was er mit seinen Waffen machte, keinen Sinn ergab.

Kurz hatte ich gedacht, er wollte sie nachladen, doch sie waren schon voll nachgeladen gewesen. Stattdessen öffnete er sie, schloss sie wieder, entsicherte und sicherte sie. Was genau mit ihm los war, verstand ich nicht. Mal wieder.

"Ich hoffe, dir ist klar, dass die Umarmung nichts zu bedeuten hatte.", stellte ich klar, als mir die Stille zu viel wurde, doch er bewegte sich kein Stück. So gesehen war es auch die Wahrheit, denn vielleicht war dieses kleine Stückchen Nähe und Geborgenheit genau das, was ich gebraucht hatte, um mich zurück auf den Boden der Tatsachen zu holen. Denn es war nicht zu verstecken, dass ich mich so einsam hier fühlte wie ein Fisch auf dem Lande.

"Ich meine, mach dir keine Hoffnungen. Ich weiß, du hast ewig kein Mädchen mehr gesehen, aber eine Umarmung heißt nicht gleich Hochzeit und Kinder." Es blieb mir unklar, wieso ich solch einen Mist von mir gab, jedoch war mir alles recht, um die Stille zu überbrücken. Seine Emotionslosigkeit schien jedoch nicht zu bröckeln. 

"Okay hör mal, ich weiß nicht genau, was in dir vorgeht, aber.. Ich denke, das habe ich einfach mal gebraucht. Es wäre einfacher, wenn wir uns einfach mal kennenlernen würden, und ich weiß, du willst darüber nichts hören, aber ich heiße Am-"

"Halt die Fresse!", brüllte er wie aus dem Nichts in solch einer Lautstärke, dass ich zusammenzuckte und innerhalb einer Sekunde so weit wie möglich von ihm wegrutschte. Mein Herz raste vor Schreck und mein Mund stand offen, doch Wörter fand ich erst einmal keine. Ich verstand seinen Tick mit den Namen nicht. Er reagierte ständig gereizt, wenn ich auch nur ansatzweise darauf zu sprechen kam, und ich konnte es kein bisschen nachvollziehen. 

Das würde ich vielleicht besser können, wenn er mal mit mir reden würde, doch das konnte ich mir wohl bis zu meinem Tode hin abschminken, von dem ich jedoch immer noch überzeugt war, dass er bald kommen würde. 

Noch immer pumpte mir das Adrenalin in den Adern, und noch immer starrte ich ihn mit vor Schreck weit geöffneten Augen an, doch er atmete tief durch und wendete sich wieder von mir ab. Sein Atem ging schwer und langsam und seine Hände zitterten leicht, was mich nur noch mehr verwirrte. In meinem Kopf verdrängte das riesengroße Fragezeichen schon meine restlichen Gedanken. 

"I-ist alles okay?", fragte ich unsicher und löste mich mit diesen Worten langsam aus meiner Starre, indem ich mich vorsichtig auf ihn zubewegte. Zögernd streckte ich meine Hand nach seinem Arm aus, als er wieder begann, nicht auf mich zu reagieren. 

"Fass mich nicht an.", schnauzte er und zog seinen Arm weg, noch bevor ich ihn berühren konnte. 

"Uh.. Hör mal.. Ich weiß, du musst hier schon eine ganze Weile festsitzen. Aber, was ist denn so falsch daran, sich nach einer langen Zeit wieder jemandem zu öffnen? Ich weiß nicht, was dich dazu treibt so grob zu sein. Aber-"

Er sprang auf, plötzlich und in einer gleitenden, schwungvollen Bewegung, dann packte er mich an den Haaren und zog unsanft meinen Kopf in den Nacken. Der ziehende Schmerz an meiner Kopfhaut jagte mir Tränen in die Augen, so rau fasste er mich an, dann starrte er mir in die Augen, wieder in diesem kühlen, hassenden Blick, den ich schon von ihm gewohnt war.

"Wieso verstehst du einfach nicht, dass ich in Ruhe gelassen werden will?! Wie direkt muss ich sein, damit es in deinen dummen, kleinen Kopf reingeht. Du sollst mich nicht anfassen, und auch nicht so dicht an mir sitzen, dass du mir mit einem Wort ins Gesicht hauchst und ich will. Keine. Nähe!", fauchte er mir so direkt ins Gesicht, dass ich die Augen zusammenkniff, weil ich seinen bedrohlichen Anblick über mir nicht mehr ertrug. Dann löste er seine groben, kräftigen Finger aus meinen verknoteten Haaren, wobei er mir sicher einige ausriss.

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