F O U R

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F O U R | Ihr helles Lachen, ich hörte es wieder. Es schien von weit her zu kommen, wie ein Echo in den tiefsten Tiefen der Erde. Vor meinen Augen machte sich ein dunkler, finsterer Wald breit, doch der Mittelpunkt des Bildes war ein breites Lächeln meiner besten Freundin. "Hab keine Angst, Amalia.", sagte sie fröhlich, "das sind doch nur Gerüchte!" Und plötzlich ragte direkt vor mir ein schwarzes, verlassenes Haus empor, riesig baute es sich auf, Türen und Fenster mit Spinnenweben verhangen. Ich öffnete die große, schwere Eingangstür und setzte einen Schritt hinein, dann fiel sie hinter mir wieder zu und die vollkommene Dunkelheit umhüllte mich.

Das erste, was ich spürte, waren quälende Bauchschmerzen, die meinen tauben Körper zurück in die Realität holten, meine Augen waren geschlossen. Nicht einmal die größte Mühe, die ich mir machte, änderte etwas daran, meine schweren Lider zu heben. Meine Hände, die ich auf meinen Bauch pressen wollte, um die Schmerzen zu lindern, bewegten sich nicht.

Ich kam mir so verloren vor, so am Ende und ich frage mich, wieso ich noch lebte, obwohl ich mich fühlte, als müsste ich schon längst tot sein. Mein Mund, durch den ich atmete, fühlte sich verkrustet an und nur schemenhaft konnte ich mich an mein Erbrechen erinnern, bevor ich vollkommen den Bezug zur Realität verloren hatte.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, wie lange ich bewusstlos gewesen war. Ich wusste nur, dass ich nichts mehr wollte, als jetzt zu sterben und die Qualen hinter mir zu lassen. 

Die Schritte, die nach einer Weile ertönten, bemerkte ich kaum, ich konnte nicht einmal sagen, wie viel Zeit vergangen war, seit ich wieder bei Bewusstsein war. Meine Augen waren noch immer geschlossen, als die Schritte verstummten und eine Hand sich an meine Schulter legte. Mit ganzer Mühe zwang ich meine Augen auf, die sich nur einen Spalt öffnen ließen, bevor ich auf den Rücken gedreht wurde und direkt in zwei grün funkelnde Augen blickte.

"Brauchst du Hilfe?", fragte er amüsiert, während er sich über mich beugte. Stumm starrte ich zu ihm auf, öffnete den Mund und versuchte etwas zu sagen, doch kein einziger Laut verließ meine Kehle. Stattdessen begann ich röchelnd einzuatmen und schloss meinen verklebten Mund wieder.

Ich merkte noch, wie sein amüsierter Ausdruck fiel, während er mir in mein wohl ziemlich scheiße aussehendes Gesicht sah. Meine Sicht begann vor mir wieder zu verschwimmen und ich hatte das Gefühl, dass ich nicht eine Sekunde länger wach bleiben konnte. Ich konnte einfach nicht.

"Hey! Hey, was brauchst du denn?", hörte ich ihn fragen. Es klang undeutlich in meinen Ohren, ich fühlte mich, als sei ich nicht mehr anwesend. Er rüttelte mich und mein Kopf rollte fast schon leblos hin und her, dann spürte ich, wie ich wieder einmal in zwei kräftige Arme gehoben wurde und jeder Teil meines Körpers schlaff wurde, mein Kopf an seiner Schulter.

"Bleib wach!", hörte ich ihn sagen und meinen Arm tätscheln, aber es war die größte Anstrengung meines Lebens nicht völlig abzudriften und noch in der Realität zu bleiben. Doch ich kämpfte, weil es das war, was er mir sagte, weil ich ihm das erste Mal nicht ganz egal zu sein schien.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit verging, bis ich abgelegt wurde und einen intensiven Blick auf mir spürte, der mir mehr als unangenehm war, protestieren aber konnte ich nicht mehr, genauso wenig wie meine Augen wieder zu öffnen.

Einen Moment später spürte ich etwas an meinen Lippen. Es roch gewöhnungsbedürftig und gummihaft, aber anstatt es zu hinterfragen, öffnete ich kraftlos meinen Mund. Ich bekam etwas hineingeschoben und dann schloss er vorsichtig meinen Mund.

"Komm schon, du musst kauen.", hörte ich ihn murmeln und ich gab mein bestes, wirklich. Nachdem er diese Prozedur einige Male wiederholt hatte, erfasste mich wieder die Übelkeit. Seit Tagen hatte mein Magen nichts mehr zu essen gehabt und nun schien er etwas empfindlich zu sein. Stöhnend drehte ich den Kopf vom nächsten Bissen weg, nicht in der Lage dazu, noch etwas zu essen, um nicht wieder zu erbrechen.

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