T W E N T Y E I G H T

62 14 4
                                    

T W E N T Y E I G H T | Ich lag inmitten einer schweren Dunkelheit, als ich die Augen öffnete. Unter mir spürte ich Kälte, fast schon... metallisch, steril, eklig, unwohl. Gänsehaut kroch meine Arme hinauf, mein Atem begann in einen ermüdend heftigen Rhythmus zu fallen. Ich konnte mich nicht bewegen, so sehr ich es auch versuchte, mein Körper blieb schlaff. Nur meine Atmung wurde schwerer und schwerer. Trockenes, quälendes Ein- und Ausatmen. Ich wusste nicht, wo ich war. Stockfinster. Trotz offenen Augen. Ich erkannte nichts. Mein Kopf pochte.
Ich spürte die Panik, wie sie meine Kehle hinaufkroch. Mein Atem schnell, schwer. Meine Augen huschten unruhig hin und her, auf der Suche nach etwas.

Dann ein Schatten, schwarze Gestalten, schwärzer als der Rest. Nur Einbildung. Schwärzer als schwarz ging nicht. Ich versuchte mich zu beruhigen. Die Schatten erstarrten. Aber sie waren noch da, kamen plötzlich näher, immer näher, an mich, über mich, begruben mich mit ihrer Dunkelheit. Ich fühlte mich eingeengt, dabei berührte mich nichts.
Dann ein Gesicht, direkt über mir. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich hinein. Ein breites, hysterisches Grinsen bleckte mir entgegen, eins, welches von Ohr zu Ohr verlief, so breit und unecht und gefährlich, beengend, Panik auslösend. Schwarze Augen. Es blickte, als hätte es etwas mit mir vor.
Dann eine Hand, die mir an den Kopf griff. Lange, knochige, eisige Finger, die mein Gesicht bedeckten, meinen gesamten Kopf umschlossen. Modriger, ledriger Geschmack auf den Lippen, alt und ungepflegt. Ich wollte schreien, doch kein Ton verließ meine Lippen. Schwärze. Bis sich alles um mich herum auflöste, ich schien zu schweben, noch immer Dunkelheit, und mit einem Mal schoss mir ein grelles, blendendes Licht entgegen. 

Ich verlor mich in einem Strudel von Licht, Dunkelheit und Nichts.


Ich schrie. Schrie wie am Spieß, weil mich Hände hielten, weil ich nicht wusste, wo ich war. Schrie und schlug um mich, mit nassen Wangen, sitzend, die Augen zusammengekniffen, Angst vor dem, was mich erwartete. Mein Schrei wollte gar nicht verstummen, bis es sich in einem Anflug von Atemlosigkeit in ein lautes, herzzerreißendes Schluchzen umwandelte.

Etwas hielt meine Wange. Ich traute mich nicht, die Augen zu öffnen. Mir war schrecklich heiß, mein Blut kochte, ich war getränkt in Schweiß. In meinen Ohren dröhnte nur das Rauschen meines Bluts und das laute Pochen meines Pulses.

Irgendwann überwand ich mich doch dazu, die Augen zu öffnen. Meine Lider fühlten sich schrecklich schwer an, als ich versuchte mich zurecht zu finden und stattdessen in ein höchst besorgtes Gesicht starrte. Der Mund des Jungen bewegte sich, ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er mit mir geredet hatte.

Erschöpft schüttelte ich den Kopf, nicht genau wissend, was er von mir wollte. Dann löste sich seine Hand von meiner rechten Gesichtshälfte und kurze Zeit später tauchte eine geöffnete Wasserflasche vor meinem Blickfeld auf, die ich zufrieden annahm.

"Was war denn?", hörte ich ihn schließlich fragen. Es klang noch etwas verzerrt, doch diesmal deutlich genug. Wieder schüttelte ich den Kopf, zuckte dann mit den Schultern. "Ich weiß nicht. Schlecht geträumt, würde ich mal sagen.", flüsterte ich heiser. Er schnaubte.

"Welch ein Zufall, dass du genau jetzt schlecht träumst, nachdem du sie getroffen hast. Sie-"

"Nein", unterbrach ich ihn, "nein, so ist das nicht. Ich träum' sowas schon seit einer Weile." Doch von ihm erhielt ich nur einen verständnislosen Blick. "Bis jetzt hast du nie geschrien. Das ist definitiv neu.", entgegnete er. Vielleicht war es Zeit ihm von meinen Träumen zu erzählen.

"Naja.. Was heißt schon neu.", begann ich vorsichtig, beobachtete ihn, tastete mich vorwärts, "ich hab immer so... wie nennt man das am besten? Ich erinnere mich stückchenweise. Wie ich hierher gekommen bin."

IsolatedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt