S E V E N T E E N

63 12 2
                                    

S E V E N T E E N | Erst gegen Abend begannen die richtigen Krämpfe. Ich konnte nicht genau sagen, was los war, denn wie gesagt, ich hatte noch nie so extreme Schmerzen während dieser Zeit des Monats gehabt. Doch was ich definitiv sagen konnte, war, dass irgendetwas nicht stimmte.

Noch nie hatte ich solch ein Bedürfnis gehabt zu schreien während ich Schmerzen erlitt. So gesehen hatte ich mir genau so eine Geburt vorgestellt, nur dass ich nicht schwanger war. Ich könnte schwören, dass es nicht einmal so wehgetan hatte, mein Bein zerfleischen zu lassen als jetzt meine Krämpfe zu ertragen, denn es fühlte sich schlimmer an als ein riesengroßer Messerstich in meiner unteren Bauchgegend. Aufsetzen konnte ich mich gar nicht mehr.

Stattdessen spürte ich die Tränen auf meinen Wangen und eine extreme Übelkeit, begleitet von Rückenschmerzen. Jeglichen Körperteil zu bewegen, kostete mich größte Mühe. Mein Gesicht war vollkommen nass, und ich zitterte, hatte die Arme in einem erfolglosen Versuch mich zu wärmen, um mich geschlungen.

Natürlich hatte ich meinen Kopf nicht frei genug um ernsthaft darüber nachzudenken, doch der Gedanke, einfach abwarten zu müssen, tötete mich innerlich, aber ich war den Schmerzen ausgesetzt. Stumm weinend ließ ich die Stirn auf dem harten, kalten Boden liegen und versuchte es zu ertragen, bis mir irgendwann vor lauter Erschöpfung die Augen zufielen.


---


Pure Erleichterung durchflutete meinen müden Körper, als ich die Augen aufschlug und merkte, dass die Schmerzen erträglicher geworden waren. Sie waren noch immer da, keine Frage, doch es war um einiges besser geworden. Dennoch konnte ich das leise Stöhnen nicht zurückhalten, welches mir aus dem Mund rutschte, als mir beim Aufsetzen ein Ziepen durch den Unterleib schoss.

Seufzend dachte ich an den gestrigen Tag zurück. Ich hatte Mist gebaut. Klar, ich wusste noch immer nicht ganz mit der Gesamtsituation umzugehen, und natürlich hatten mich die Schmerzen aufs Tiefste gereizt, doch.. ich wusste auch nicht, ich fühlte mich irgendwie schlecht ihn so angefahren zu haben. Ich musste mich entschuldigen.

Aber bis ich auf den Beinen stand, hatte mich der Mut auch schon wieder verlassen. Erst im Stehen merkte ich den starken Schmerz in meiner rechten Bauchhälfte, der es mir erschwerte, mich zu bewegen, und der Gedanke daran, durch die Gegend zu laufen und ihn suchen zu müssen, machte mich krank. Das würde ich doch so niemals schaffen!

Schließlich schüttelte ich über meine Gedanken jedoch den Kopf. Reiß dich gefälligst zusammen, Amalia. Du bist jetzt nun mal an diesem Ort, jetzt lebe auch mit den gegebenen Umständen und stell dich nicht so an. Genau dieselben Gedanken, die der Junge mir gestern ins Gesicht gesagt hatte. Nur dass ich nicht so austickte, wenn ich es mir selbst sagte. Seufzend humpelte ich auf die Leiter zu, nachdem ich meine sieben Sachen zusammengepackt hatte.

Mein Weg führte mich mit offenen Augen durch die vielen, weiten Straßen der Stadt, auf der Suche nach diesem noch immer mehr als mysteriösen Jungen, dessen Name mir noch immer verwehrt blieb. Einerseits machte mich dieser Gedanke immer noch sauer. Der Fakt, dass er mir nach Wochen oder Monaten an diesem Ort noch nicht einmal seinen Namen verraten wollte, trotz allem, was wir schon gemeinsam erlebt hatten, löste in mir tiefstes Unverständnis und Wut aus, denn für ihn war ich ein gefühlt offenes Buch. Ich war diejenige, die versuchte, eine Bindung aufzubauen, und wenn es bloß eine Partnerschaft zum Überleben war. Und er ging einfach nie darauf ein.

Andererseits hatte ich es aufgegeben. Wer wusste schon, welche Gründe er dafür hatte, so unbedeutend sie auch sein mochten. Er hatte sie und er würde mir seinen Namen nicht sagen, basta. Deswegen war ich auch froh darüber, nicht weiter das starke Bedürfnis zu verspüren, ihn danach zu fragen. Klar, wissen wollte ich seinen Namen immer noch, doch ihn darauf ansprechen würde ich nicht mehr. Das war es mir den Streit nicht wert.

IsolatedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt