T W E N T Y N I N E

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T W E N T Y N I N E | Ein keuchendes Stöhnen entwich meinen Lippen, als ich die Augen aufschlug. Meine Lider fühlten sich schwer an, als ich versuchte, sie zu heben. Ein leises Röcheln entwich mir, als ich einmal etwas tiefer durch meinen offenen Mund atmete, der sich verdammt trocken anfühlte.

Meine Sicht war verschwommen und dunkel, schwarze Ränder schränkten meine Sicht ein, da ich die Augen nicht ganz öffnen konnte. Kurz leckte ich mir über die Lippen. Trockene, aufgeplatzte Haut, ich schmeckte getrocknetes Blut.

Und meine Nase. Sie brannte, ein dumpfer Schmerz ging von ihr aus, zog sich durch mein gesamtes Gesicht, das Atmen tat weh. Kurz griff ich mir an die Nase, zuckte bei der leichtesten Berührung zusammen und zog die Hand zurück. Sie fühlte sich dick an.

"Du hast mir die Nase gebrochen!", brachte ich aufgelöst hervor, hoffte, dass er da war.

"Tja. Pech, würd' ich mal sagen.", erklang es von irgendwo. Stöhnend setzte ich mich auf, wobei mir direkt schwummrig wurde. Ich ließ mich zurücksacken und keuchte kurz.

"Steh auf, wir müssen weiter. Wir sitzen hier schon viel länger als ich eigentlich wollte.", brummte er. Er klang kühl, desinteressiert. Ich versuchte wieder, mich aufzusetzen, kippte etwas zu weit nach vorne und stützte mich auf den Händen zwischen meinen Beinen ab. Alles drehte sich.

Ich blickte mich kurz um, auf der Suche nach ihm, und als ich ihn am Dachrand erkannte, sprach ich zu ihm, ohne die Augen von seinem Gesicht zu nehmen. "Es tut mir leid, okay? Das was ich gesagt hab, meinte ich nicht so. Ich wollte nur, dass du mich schlägst."

"Mh.", brummte er und stand auf, mich nicht beachtend, "komm jetzt."

"Aber-"

"Kein 'aber'. Wir haben heute genug diskutiert. Es wird Zeit, dass wir weiterziehen.", meinte er abweisend. Stöhnend zog ich mich auf die Beine, mein Gesicht und Blickfeld pulsierten um die Wette. 

Bis ich meinen Rucksack geschultert und mich zur Leiter gedreht hatte, war er weg. Ich seufzte. Irgendwas daran machte mich wirklich traurig. Ich wollte ihn nicht so sauer machen, dass er nie wieder mit mir redete. Ich hatte uns nur einen Gefallen tun wollen.

Es fühlte sich an, als würde ich jeden Moment wieder umkippen, als ich zur Leiter lief. Mein Kopf machte es mir schwer, mein Gleichgewicht zu finden. Ich hätte noch eine Weile liegen bleiben müssen. Dann kletterte ich etwas ungeschickt auf die Leiter und begann sie hinab zu klettern, wo ich auf halbem Wege anhielt, die Finger fest um die Sprossen verkrampft.

"Komm jetzt!", hörte ich ihn unter mir rufen. So weit vom Boden entfernt war ich nicht mehr. Aber mein Gehirn presste schmerzhaft fest gegen meinen Schädel, der Boden, die Wände, alles schien sich zu bewegen.. "Ich kann nicht.", flüsterte ich. Auch mein Körper fühlte sich an, als würde er schwanken, als seien meine Glieder aus Gummi. Die Sprossen zwischen meinen Fingern fühlten sich unreal an. "Irgendwas stimmt mit mir nicht.", flüsterte ich noch, meine Stimme ein klein wenig quietschend. Ich fühlte mich komisch, ich wurde panisch.

"Komm da jetzt runter, verdammt! Bevor du mir da noch runterfällst, komm jetzt!", fluchte er und ich lehnte meinen Kopf gegen die Leiter. Ich vertraute meinen Gliedern nicht mehr. Ich wollte nicht loslassen, ich würde niemals wieder Halt finden. Meine Gummifinger machten keine gute Arbeit, mich festzuhalten. Das Blut wich mir aus dem Kopf, meine Sicht noch immer schwummrig.

"Ich muss mich hinlegen.", brachte ich müde hervor.

"Dann komm da erstmal runter, verdammt!", fauchte er, und ich glaubte, etwas wie Besorgnis in seiner Stimme zu hören, aber das war sicher nur Einbildung, dachte ich mir, als die Sprossen aus meinen weichen Fingern rutschten, und meine Augen zufielen. Mein Körper machte zu viel Stress durch, ich dachte kaum nach, als ich mich im freien Fall befand. Ich wartete nur noch auf den Aufprall.

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