Sorry, dass ich in letzter Zeit so unregelmäßig Kapitel hochlade.
Jo
Ich habe das Gefühl, meine Hand ist kurz davor abzusterben, da bald kein Blut mehr durch sie hindurch fließen kann, wenn mir weiterhin die Hand so zerquetscht wird. Jan umklammert meine Hand so fest, als würde er sonst eine tiefe Klippe runterfallen. Er hat Angst, aber sowas von scheiß Angst. Ich hätte nicht von ihm erwartet, dass er so ein Weichei ist. Dabei ist der Film eher brutal als gruselig. Kaum bringe ich den Gedanken zu Ende, spritzt auch schon wieder Blut durch das Bild. Jan würgt leicht, während ich einfach meine Nachos esse. Wenn er das schon ekelhaft findet, sollte er sich mal eine Bauchstraffung angucken. Das hier ist nichts gegen das menschliche Fett. Ich versuche zum wiederholten Mal unsere schwitzigen Hände voneinander zu befreien, doch er lässt einfach nicht locker. Für andere müssen wir doch aussehen wie ein Pärchen, das Händchen hält. Dabei würde ich das nicht mal zulassen, wenn er der letzte Mensch auf Erden wäre. Als der Abspann läuft, atmet er sichtlich erleichtert auf und entspannt sich etwas. Endlich kann ich ihm meine Hand entziehen.
„Wie fandest du den Film?", frage ich in mich hinein schmunzelnd, als wir den Saal verlassen.
„Ziemlich langweilig." Ich kann mich gerade noch stoppen, nicht laut loszulachen. Das glaubt er doch wohl selber nicht, oder? Aber soll er sich doch was vorlügen, wenn es ihm hilft.
„Ja, sicher." Eine Stille breitet sich zwischen uns aus, für die ich sehr dankbar bin. Es wäre sogar effektiver mit mir selbst zu reden. Doch plötzlich bleibt Jan auf dem Weg nach draußen aus dem Kino stehen.
„Hey, was macht du denn hier?", begrüßt Jan Alex. Na toll, wir müssen natürlich ausgerechnet ihn hier treffen! Ich danke dir, Schicksal! Allerdings ist die Frage von Jan ziemlich dumm. Was macht man wohl im Kino, außer sich vor Angst fast in die Hose machen und anderen Leute Hände brechen?
„Ebenfalls.", entgegnet Alex, der heute ausnahmsweise in Begleitung seiner Freundin Jessica ist, statt in der, einer seiner Mädchen für zwischendurch. Wie ekelhaft ich solche offenen Beziehungen doch finde. „Du hier, Jo?", stellt er nun die Frage an mich. Anscheinend war meine Methode, unbeteiligt auf den Boden zu gucken, doch nicht ganz so erfolgreich, wie ich es mir erhofft habe. Ungläubig sieht er mich an. Ja, auch ich kann meinen Hintern mal raus aus meinem Zimmer bewegen und anders aussehen als sonst, würde ich ihm am liebsten ins Gesicht knallen.
„Oh, hallo Alex!", sage ich, als hätte ich ihn eben erst mitbekommen. „Jessica.", wende ich mich gespielt freundlich an sie. Jessica beachtet mich gar nicht erst. Sie ist so nett.
„Seid ihr etwa zusammen hier?", fragt uns Alex wieder, was Jan überraschenderweise sofort bejaht. Alex schaut mich darauf hin erneut ungläubig an, statt Jan.
„Ach wirklich. Wir wollten jetzt noch in einen Club, wollt ihr vielleicht mitkommen?" Jan sagt natürlich sofort zu, doch ich bin sehr unsicher, was ich nun antworten soll. Will mich überhaupt jemand dabei haben? Außerdem bin ich erst siebzehn und kann weder tanzen noch habe ich vor, mich zu betrinken, was sowieso schlecht gehen wird. Allerdings erinnere ich mich an das Gespräch oder nennen wir es lieber Konversation mit einem Primaten, bei der Alex meinte, dass ich noch nie auf einer Party war und niemals auf eine gehen würde. Zeit, ihm das Gegenteil zu beweisen.
„Kommst du auch mit, Jo?", will Jan wissen.
„Klar." Hoffentlich bereue ich das nicht noch, obwohl ich das in gewisser Weise jetzt schon tue.
Ich habe Clubs schon immer gehasst, selbst wenn ich noch nie zuvor in einem war. Mir erschließt sich nun mal nicht der Sinn, warum ich zwischen anderen durchgeschwitzten und betrunkenen Menschen tanzen sollte, zu furchtbarer Musik, während einen Leute anmachen, deren Ziel es ist, am Abend noch jemanden flachlegen zu können. Das ist primitiv und erbärmlich. Und doch stehe ich genau an solch einem Ort, zwischen Menschen, die ich jetzt schon verabscheue. Alex kennt natürlich den Türsteher, wie könnte es anders sein und somit kam sogar ich hier rein. Ich könnte jetzt auch im Bett eingekuschelt liegen, mit Schokolade und Filme auf dem Laptop schauen. Jemand rempelt mich von hinten an und meckert mich darauf auch noch an. Als wäre das meine Schuld gewesen, wenn ich nur hier rumstehe. Der Übeltäter beziehungsweise die Übeltäterin geht in einem super kurzen, viel zu engen schwarzen Kleid an mir vorbei, wirft demonstrativ ihre blond ge-färbten Haare über die Schulter und wackelt übertrieben mit ihrem Hinterteil beim Gehen. Genau diese Menschen meine ich. Ich beobachte sie, wie sie sich erst an der Bar eine durchsichtige Flüssigkeit bestellt, sie in einem Zug austrinkt und sich dann in die tanzende Menge stürzt. Dabei bewegt sie ihren Körper extra sexy, zumindest soll es wohl so aussehen, für mich sieht es eher ziemlich misslungen aus. Sie hält Ausschau nach möglicher Beute und macht durch Blickkontakt und noch mehr Sexappeal auf sich aufmerksam. Lang-sam bewegt sich ihre Beute auf sie zu. Gemeinsam beginnen sie zu tanzen, reiben nachher ihre Körper aneinander, verbinden ihre Münder miteinander, tauschen Bakterien miteinander aus, bis sie schließlich schon fast Sex auf der Tanzfläche haben. Doch bevor es so weit kommen kann, schnappt das Männchen den Arm des Weibchens und gemeinsam verlassen sie das Revier. Meine Damen und Herren, wir wurden gerade Zeugen einer Beutejagd im 21. Jahrhundert. Wie lange habe ich den beiden dabei zugesehen? Ich muss doch wie der letzte Trottel schon gefühlte Ewigkeiten hier rumstehen. Was sollte ich auch anderes machen? Die Leute, mit denen ich eigentlich hier bin, warum auch immer, kann ich nicht mehr ausfindig machen. Warum bin ich noch hier?
„Da bist du ja! Willst du was trinken?" Jan hat mich also gefunden, gerade, als ich eigentlich gehen wollte.
„Ich weiß 'nicht." Im Gegensatz zu den meisten Jugendlichen in meinem Alter bin ich nicht so scharf darauf, mich besinnungslos zu betrinken. Davon hat man doch auch nichts im Leben.
„Komm mit." Er schleift mich zur Bar und bestellt irgendwas. Bei der lauten Musik und dem Gerede um uns herum verstehe ich es nur sehr schlecht. Die Musik ist überraschenderweise gar nicht mal übel.
„Was ist das?", frage ich ihn laut, als ich eine Glas mit brauner Flüssigkeit in der Hand halte.
„Cola-Rum. Probiere es, es schmeckt geil!" Ich nippe an dem Glas und mein Hals fängt leicht an zu brennen, aber schnell legt sich das Gefühl und mir wird kurz schwindlig. Im Nachhinein schmeckt es tatsächlich nicht schlecht und nach mehreren Schlucken hätte ich wohl lieber nie damit angefangen.
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Love The Geek
Teen FictionSchüchtern, Außenseiter, Nerd. Genau das ist Jo. Im Gegensatz dazu ist Alex beliebt, Wanderpokal und ein Arschloch. Was für eine Ironie des Schicksals, dass Jo ausgerechnet Alex Nachhilfe geben soll. Schnell entzündet sich ein regelrechter Kampf zwi...