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Alex

Jo wird mich töten, das ist mir schon klar. Sie ist der einzige Mensch, den ich kenne, der nichts auf Geburtstage gibt, nicht mal auf Geschenke, was eigentlich das Beste an der ganzen Sache ist. Es weiß sowieso niemand, beziehungsweise wusste niemand, dass sie Geburtstag hat, falls überhaupt jemand von Jo Kenntnis nimmt. Ich hatte nur einen kurzen Teil des Gespräches zwischen Jo und Tom mitbekommen, wobei sie sich zufällig über dieses Thema unterhalten haben. Danach habe ich Tom nochmal gefragt, um auch sicher zu gehen, nichts falsch verstanden zu haben und habe mir dann etwas für sie überlegt. Ich weiß, dass sie es nicht gerade toll finden wird, aber ich will ihr zeigen, dass es schön sein kann, für einen Tag mal im Mittelpunkt zu stehen. Warum betreibe ich so einen Aufwand, für ein Mädchen, das mir vorher völlig egal war und dem ich vielleicht immer noch egal bin? Zum einen habe ich das Gefühl, ihr etwas schuldig zu sein, immerhin hat sie mir in Mathe geholfen, zum anderen könnte es sein, dass ich sie beeindrucken möchte, wegen der Wette natürlich. Irgendwann muss sie doch mal weichzukriegen sein. Ich hoffe sehr, dass sie heute auch mitkommt, sonst war alles für die Katz.

Ich stehe vor ihrem Haus und warte, dass sie nach dem Klingeln endlich die Tür aufmacht. Ich habe mich sogar extra schick angezogen, mit Hemd, was eher ungewöhnlich für mich ist. Wo kann man sowas auch schon mal tragen?

„Was willst du denn hier?", fragt Jo überrascht, ein wenig zu entsetzt, als sie mich entdeckt.

„Dir auch einen guten Abend. Wir gehen jetzt essen, also zieh dir was Schönes an!", befehle ich ihr in sanftem Ton.

„Was? Warum sollten wir essen gehen? Außerdem habe ich absolut keine Lust darauf und sag mir nicht, was ich tun soll!", wird sie wütend.

„Ach, hallo Alex! Jo, mach dich doch fertig oder willst du ihn noch ewig warten lassen? Komm doch so lange rein." Ihre Mutter hat sich zu uns gesellt. Da ja alles geplant werden musste, habe ich sie von meinem Vorhaben ebenfalls in Kenntnis gesetzt.

„Wie jetzt, wusstest du, dass er kommt?", fragt Jo nun noch entsetzter.

„Ja, mein Schatz und jetzt beeil dich endlich." Widerwillig lässt sich Jo von ihrer Mutter hinauf zu ihrem Zimmer schieben. Ich bin ihr sehr dankbar für ihre Unterstützung, auch wenn sie mich viel zu freundlich angegrinst hat. Hoffentlich bildet sie sich nicht zu viel darauf ein, dass ich mit ihrer Tochter ausgehe.

Wieder ist warten angesagt. Ich stelle mir gerade davor, dass Jo da oben rumstrampelt und sich mit voller Kraft wehrt, dass würde immerhin erklären, was da so dauert. Doch nicht sehr viel später reicht meine Kinnlade fast bis zum Boden. Ich habe sie ja schon einmal so hübsch gemacht gesehen, aber das ist lange genug her, um jetzt wieder völlig sprachlos zu werden. Jo trägt eine enge, dunkelblaue Jeans und eine mintgrüne Bluse, dazu hat sie Ohrringe drin und schön gemachte Haare, stark geschminkt kann sie gar nicht sein, was sie auch absolut nicht nötig hat. In dieser Hose nehme ich zum ersten Mal ihre Figur war, die sogar ziemlich ansehnlich ist. Sonst trägt sie nur Klamotten, die ihr mindestens zwei Nummern zu groß sind, da erwartet man sowas Schlankes gar nicht. Vom hässlichen Entlein zum schönen Schwan, das passt. Warum versteckt sie sich nur immer so?

„Bist du dann soweit?", frage ich sie, nachdem ich mich heftig räuspern musste. Mit einem mehr als genervten Blick ignoriert sie mir meinen Arm, den ich ihr anbiete und geht nach draußen in Richtung meines Autos. Ich verabschiede mich von ihrer Mutter und eile Jo hinterher.

„Gib mir den Schlüssel!", verlangt sie.

„Was?" Ich bin schockiert, niemand darf an mein Auto ran.

„Immerhin bin ich doch jetzt achtzehn, ist das nicht der Grund, warum du mich verschleppen willst? Außerdem würdest du deinem Auto damit einen enormen Gefallen tun, so schlecht wie du fahre ich bestimmt nicht." Ich soll schlecht Auto fahren? Gut, zugegebener Maßen bin ich vielleicht nicht gerade der Beste darin, aber sie kann nur maßlos übertreiben. „Sieh es als Entschädigung." Damit Jo nicht noch griesgrämiger wird, drücke ich ihr die Schlüssel in die Hand und setze mich zum ersten Mal in diesem Auto auf den Beifahrersitz.

Ich habe einen Tisch in einem chinesischen Restaurant bestellt. Jo isst wohl am liebsten chinesisch, konnte ich durch Tom in Erfahrung bringen. Ich persönlich auch und dies hier ist das beste chinesische Restaurant, das ich kenne, wenn es auch ein bisschen teuer ist, aber dafür lade ich sie schließlich ein.

„Wow, sieht gar nicht schlecht aus." Da hat Jo Recht, mit der Raumgestaltung hat man sich hier wirklich Mühe gegeben. Es sieht eben alles sehr asiatisch aus, wer hätte das erwartet. Wir werden von einem Mitarbeiter zu unserem Tisch gebracht und Jo versteckt sich sofort hinter der Speisekarte, als würde sie jegliche Kommunikation vermeiden wollen.

„Oh Gott, das ist doch alles viel zu teuer.", beschwert sie sich nach einer Weile. Das konnte ich mir schon denken.

„Mach dir darum mal keine Sorgen, der Preis ist für mich völlig in Ordnung.", beschwichtige ich sie.

„Schön für dich, aber für mich ist das zu teuer."

„Dafür lade ich dich ja ein."

„Wenn du jetzt mit deinem Geld angeben willst, dann kann ich ja erst recht gehen." Dieses Mädchen ist nur am rummeckern. Ich wusste, was da auf mich zukommt.

„Kannst du dich jetzt endlich mal entspannen und versuchen, wenigstens ein bisschen Spaß zu haben, anstatt nur auf mir rumzuhacken?"

„Könnte ich vielleicht, wäre ich freiwillig mitgekommen.", wird sie lauter, während sie kurz davor ist, aufzustehen.

„Was ist dein Problem. Du machst ununterbrochen alles runter und hast alles und jeden auf dieser Welt, dabei gibst du einem nicht mal die Chance, nett und gut zu dir zu sein. Du bist so verbohrt und hältst mich für so schrecklich, dabei bist du kein Stück besser als ich oder irgendwer sonst.", bin ich kurz vorm Ausrasten und räuspere mich peinlich berührt, da wir die Aufmerksamkeit unserer Nachbartische auf uns gezogen haben. Jo setzt sich wieder richtig hin und schaut betroffen zu Boden.

„Bin ich tatsächlich so schlimm?", fragt sie mit leiser Stimme, sodass sie mir ein wenig leidtut.

„Lass uns jetzt nicht mehr streiten und versuch den Abend zu genießen." Ich nehme meinen Pflaumenwein, den wir zur Begrüßung bekommen haben, zur Hand. „Happy Birthday."


Ich kann es gar nicht glauben, dass wir schon an dieser Stelle sind. Kommt mir so vor, als hätte ich das erst gestern geschrieben. Nein, stattdessen bin ich schon an der nächsten Geschichte dran, die unglaublich viel Spaß macht und nach dieser hier veröffentlicht wird. Bis übermorgen!

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