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Jo

Autsch! Das ist das Erste, was ich beim Aufwachen denken kann. Mein Kopf fühlt sich an, als würden die sieben Zwerge höchst persönlich mit ihren Spitzhacken auf meinem Hirn rum hauen. Purer Schmerz, der sich noch mehr verstärkt, als ich viel zu schnell in meinem Bett hochfahre. Natürlich, wie blöd muss ich denn sein!

Verzweifelt lasse ich mich wieder in mein weiches Kissen fallen, ziehe die Decke über meinen Kopf und trample wütend mit den Füßen auf meiner Matratze herum, in der Hoffnung, somit irgendwie das Erdbeben da oben stillen zu können, oder doch eher ein Kopfbeben. Ich bin wütend auf mich selbst. Warum musste ich mich gestern auch besinnungslos betrinken, ohne auch nur ein wenig über die Konsequenzen nachzudenken? Aber zu meiner Verteidigung bin ich nicht allein daran schuld, immerhin hat Jan mich dazu verführt.

Oh Gott, Jan! Zum ersten Mal in meinem Leben wünsche ich mir einen Filmriss, Amnesie oder sonstiges. Ich habe doch nicht wirklich mit ihm getanzt und er mich fast...Nein, daran will ich nicht denken! Es war sowieso von Anfang an ein Fehler, überhaupt mit ihm auszugehen und ich habe es trotzdem getan. Nun brauche ich mich auch nicht mehr zu beschweren. Das einzige, was mich noch trösten kann, ist der alt bekannte Spruch, dass man aus Fehlern lernt. Nie wieder Alkohol!

„Mutter!", schreie ich nach einer halben Ewigkeit durch das Haus. Zwei Stunden liege ich jetzt schon mit dem Kissen über meinem Kopf und wünsche mir, dass die Sonne endlich an ihrer eigenen Hitze verbrennt und verschwindet. Was für ein grotesker Gedanke.

„Was ist los, Schatz?", kommt sie besorgt angehetzt.

„Mein Kopf tut weh.", nuschele ich in mein Kissen und hinterlasse dabei eine leichte Sabberspur.

„Ich habe sie nicht verstanden, bitte wiederholen sie ihre Eingabe.", sagt Mum mit einer furchtbar schlecht imitierten Computertsimme. Wenn Eltern witzig sein wollen.

„Mein Kopf tut weh.", gebe ich erneut genervt von mir.

„Ich hole dir ein Aspirin!" Gesagt, getan. Nachdem sie endlich gewirkt hat, atme ich erleichtert auf, bewege mich zur Bettkante und stöhne angewidert, als meine Füße das kalte Laminat berühren. Ich verlange sofort eine Fußbodenheizung!

Mein Spiegelbild scheint mir eigentlich klipp und klar mitteilen zu wollen, dass ich hier nichts verloren habe, sondern Jahre Schlaf nötig hätte. Meine Augen sind von schwarzem, verlaufenem Mascara umrandet, meine Haare stehen in alle Richtungen ab und mein Mund riecht nach totem Fisch. Dass es ernsthaft Menschen gibt, die es lieben, fast jeden Tag feiern zu gehen. Übung macht wohl den Meister und ich bin blutige Anfängerin.

Aus meinem Kleiderschrank krame ich mir eine schlabbrige Jogginghose, einen schwarzen Pulli mit pinker Glitzeraufschrift Oppa! und darunter ein fetter Panda. Im Badezimmer rubble ich mir mit großem Energieaufwand das schwarze Gift aus dem Gesicht, wechsle den Fischgeruch durch Pfirsichzahnpasta aus und mache mir ein paar Brötchen warm, die ich mit einer dicken Schicht Nudossi bestreiche. Ich könnte sterben für Schokolade!

„Kind, glaub mir, früher oder später stirbst du an Diabetes! Du hast übrigens Schokolade im Gesicht.", lacht sie, bevor wir von einem Klingeln an der Tür unterbrochen werden. Ich werde dieses furchtbare Ding bald abmontieren. Mum macht auf und schon an ihrem überraschten Tonfall kann ich erkennen, dass es eine Person ist, die ich auf gar keinen Fall sehen möchte.

„Oh, wir haben uns doch schon mal gesehen! Wenn du zu Jo willst, die ist in der Küche." Nein, Mutter, dafür landest du in der Hölle! Und ich werde dich nicht durchlassen, sodass du ewig im Zwischenreich oder was sich dort auch immer befinden mag, stecken bleibst. Hastig wasche ich mir das Gesicht, um mich von der braunen Köstlichkeit zu säubern.

„Hi, entschuldige, falls ich störe." Ich drehe mich schnell um und lehne mich gegen die Spüle mit einem aufgesetzten Lächeln.

„Wenn du weißt, dass du störst, warum tust du es dann?", frage ich Alex gespielt nett.

„Witzig. Ich wollte nur mal sehen, wie es dir geht, weil ich dich gestern in einem nicht sehr nüchternen Zustand nach Hause gebracht habe.", grinst er. Habe ich eigentlich irgendwas Peinliches gesagt, an das ich mich doch nicht mehr so genau erinnern kann, wie ich erst dachte? Na hoffentlich nicht. Es ist schon schlimm genug, dass er mich betrunken erlebt hat

„Solche Ritterlichkeit, mein Herr. Ich werde zu Gott beten und ihn gleich um Gnade wegen all Eurer Sünden bitten, bevor ihr euch an meinem peinlichem Benehmen ergötzen könnt! Und jetzt entschuldige mich, ich muss auf die Toilette."

Ich dränge mich an ihm vorbei und verschwinde im Bad, bete zu den Teletubbies, dass er währenddessen wieder verschwindet. Warum interessiert es ihn überhaupt, wie es mir geht? Nach ein paar Minuten verlasse ich das Bad, nicht, bevor ich die Tür einen Spalt öffne, mich kurz umsehe und bis zur nächsten Ecke schleiche. Wieder blicke ich mich um, doch dann höre ich eine Stimme dicht hinter mir.

„Netter Versuch. Was machst du heute noch so?", fragt mich Alex mit tiefer Stimme. Mit einem so schnell klopfenden Herz, das ich vermutlich kurz vor einem Herzinfarkt stehe, drehe ich mich zu ihm um. Er steht gefährlich nah vor mir, ich weiche zwei Schritte zurück, mein Kopf läuft knallrot an. Was soll das denn bitte? Die Frage wird mir beantwortet, indem Alex in heftiges Gelächter ausbricht.

„Mir Mordmethoden für dich ausdenken. Bis jetzt tendiere ich zu Feuer.", antworte ich bissig.

„Bekomme ich noch eine ernst gemeinte Antwort?"

Ein paar Minuten später sitze ich doch allen Ernstes mit Alex auf unserem Sofa im Wohnzimmer und gucke mit ihm einen Film. Er hat mich bestimmt mindestens eine halbe Stunde mit seiner Gegenwart penetriert, dass ich doch eingewilligt habe, etwas zu machen. Ich habe eine Schwäche für französische Filme, so gucken wir also Belmondo-Ein Teufelskerl, bei der ich mir mein Hirn weglachen könnte, so alt er auch ist.

„Das ist so unlogisch!", beschwert sich Alex.

„Ach, halt doch deinen Mund! Es ist ein verdammter Film, seit wann müssen die immer logisch sein?"

„Aber das ist so verwirrend. Warum ist er erst in Paris und plötzlich im wilden Westen?"

„Herr, lass Hirn regnen. Oder Steine, Hauptsache du triffst!", schicke ich ein Gebet an den Himmel zum heiligen Spaghettimonster, worauf Alex in schalendes Gelächter ausbricht. „Hey, seit wann lachst du über meine Witze?"

„Weißt du, so schlimm bist du gar nicht.", sagt Alex nur. Bin ich vielleicht immer noch betrunken, dass ich Halluzinationen habe oder bin ich sogar auf einem Trip?

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