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Alles Gute zum Geburtstag I-am-a-bee

Alex

Mein Herz bleibt stehen, als sie mir die erste Frage stellt, die zweite Frage stellt und anschließend die dritte. Sie kann es nur von Jan wissen und dafür werde ich ihn...Ja, was eigentlich? Ihn dafür bestrafen, dass ich Jo endlich die Wahrheit gesagt habe, was ich schon längst hätte tun sollen? Das zeigt noch einmal mehr, dass sie etwas Besseres verdient als mich. Allerdings überrascht mich ihr Geständnis fast noch mehr, obwohl mir ihr Unbehagen manchmal aufgefallen ist. Ich ignoranter Idiot habe mir nie mehr daraus gemacht. Ich weiß auf das alles nichts mehr zu antworten. Ihre Erklärungen klingen so sinnvoll, so erwachsen, sodass mir letztendlich als beste Lösung ebenfalls nur eine Trennung in den Sinn kommt. Ich müsste um sie kämpfen, das weiß ich, aber ich kann es nicht, kann mich nicht dazu durchringen, jemandem hinterherzurennen. Vielleicht liegt es daran, dass ich es noch nie musste.

Da empfinde ich zum ersten Mal für ein Mädchen richtig tiefgehende Gefühle und dann macht ausgerechnet sie mit mir Schluss, noch dazu so ein graues Mäuschen wie Jo, was für eine Ironie.

Und dann geht mir auf, dass ich gerade den wohl wichtigsten Menschen in meinem Leben, nach Chelsea, verliere und fühle mit einem Mal eine tiefe Leere in mir.

Spontan falle ich ihr um den Hals, darauf bedacht, sie nicht zu erdrücken und genieße zum wahrscheinlich letzten Mal ihre Nähe, ihre Wärme, ihren Geruch. Es wird mir unglaublich schwerfallen, sie gehen zu lassen, da sie aus mir fast einen ganz anderen Menschen gemacht hat, wieder etwas Licht in mein eintöniges Leben gebracht und meine Tage erfrischt hat. Abrupt lasse ich sie los, um nicht noch mehr schlechte Gefühle an mich heranzulassen. Ich gehe ohne ein Wort, drehe mich nur einmal um und sehe sie wieder im Gras liegen. Weinen Mädchen bei sowas nicht immer? Wieder ein Beweis, dass Jo anders ist.

„Was machst du ihr?", schnauze ich Jan an, der lässig an meinem Auto gelehnt steht, welches sich nur wenige Meter von meinem Haus entfernt befindet. Er ist der aller letzte Mensch auf Erden, den ich jetzt sehen will.

„Was bist du so gereizt? Ist irgendwas vorgefallen?", fragt er scheinheilig. Woher er auch immer weiß, was gerade passiert ist.

„Das weißt du ganz genau und das habe ich dir zu verdanken. Was hattest du für ein Problem mit unserer Beziehung?", schreie ich, reiße mich aber zusammen, um nicht die Aufmerksamkeit der gesamten Straße auf uns zu ziehen. Jan stößt sich von meinem Wagen ab und packt mich am Kragen. Ich wehre mich nicht.

„Warum? Weißt du eigentlich, wie gut du es hast?" Nein, nicht wirklich, doch woher soll er die verhasste Wahrheit kennen? „Die Mädels stehen bei dir nur so Schlange, du hast eine Freundin, die dir ausnahmsweise mal treu ist, reiche Eltern, eine heiße Schwester, bist gut in der Schule, bis auf Mathe natürlich und hast alles, was man sich wünschen kann. Du drängst mich völlig in den Schatten und seit du deine kleine Freundin hast, nein, es hat alles angefangen, als ihr angefangen habt, euch zu treffen, scheine ich dir völlig egal zu sein. Ich hielt es nur für gerecht, dir das zu versauen.", faucht er mich an. Ich befürchte schon, dass er jederzeit dabei anfängt zu spucken. Ruckartig lässt er mich los und ich taumle ein paar Schritte nach hinten. Er dreht sich um, zeigt mir den Mittelfinger und ist im nächsten Moment schon wieder verschwunden. Jan ist mir kein allzu großer Verlust, denn in Wahrheit habe ich ihn schon längst verloren. Seine Worte waren hart. Mir wäre nie in den Sinn gekommen, dass er so denkt. Jan war nie der eifersüchtige Typ oder hat er es nur nie an die Oberfläche drängen lassen? Er schien gerade immerhin regelrecht zu explodieren, als hätte er es Jahre zurückgehalten. Der Abend konnte nur besser werden.

Das wird es auch, sobald ich die Tür öffne. Meine Mutter sitzt schluchzend, heulend in einer Ecke im Wohnzimmer. In ihrem Gesicht zeichnen sich Schock, Angst und Trauer ab, wie sich an ihrem gesamten Körper Spuren sehen lassen, die ihr nur mein Vater zugefügt haben kann. Damit ist der Strick endgültig gerissen.

Wenige Monate später

Ich gebe Jo mit einer Kopfbewegung zu verstehen, mir nach draußen auf eine Terrasse zu folgen, die menschenleer ist, ganz im Gegensatz zu dem riesigen, viel zu vollen Saal voller Abiturienten und ihren Angehörigen. Ein Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht auf und sie beschleunigt ihren Schritt, wobei ihr bodenlanges, dunkelblaues Kleid um ihre Beine weht. Sie sieht umwerfend aus und je mehr mir das bewusst wird, desto mehr bedaure ich es, nicht ihre Begleitung zu sein. Noch viel mehr bedaure ich es, nicht mehr mit ihr zusammen zu sein. Dabei hat mir Jo immer gefallen, egal wie sie aussah, das hat ihr Inneres überstrahlt. Ich weiß, wie kitschig und klischeehaft das klingen muss. Das waren ganz seltsame Monate seit unserer Trennung. Wir hingen Wochen in einem Zustand von Ignoranz und dem Bedürfnis miteinander zu reden. Wir wirkten wohl beide ziemlich abwesend und deprimiert. Mittlerweile haben wir es jedoch zu einem gesunden Umgang miteinander geschafft, man könnte uns fast Freunde nennen.

„Hey, wie geht es dir? Du siehst gut aus, aber das ist ja nichts Neues.", lacht sie ausgelassen. Es ist schön zu sehen, dass sie Spaß bei dieser öffentlichen Veranstaltung hat, immerhin besteht man nur einmal im Leben sein Abitur.

„Das gebe ich gern zurück. Mir geht's gut, ich hoffe dir auch.", antworte ich ihr ebenso fröhlich.

„Na klar. Habt ihr es jetzt endlich hinter euch?" Ihre Frage zielt auf den Gerichtsprozess gegen meinen Vater ab, den wir letztendlich gewonnen haben. Mein Vater sitzt bald hinter Gittern, meine Mutter ist umgezogen und will alles, was sie an meinen Vater erinnert hinter sich lassen, außer ihre Kinder und ihren Wohnort natürlich. Ich bin einfach nur erleichtert, dass dieses Monster uns nun nichts mehr antun kann.

„Wir sind ihn endgültig los.", strahle ich. Die Musik aus dem Saal dringt bis zu uns durch und wechselt von einem poppigen zu einem langsamen Lied. „Würdet ihr mir diesen Tanz erweisen?", frage ich sie förmlich, wie ein Gentleman aus einem anderen Jahrhundert. Sie legt ihre Arme um meinen Hals und gemeinsam bewegen wir uns zu dem langsamen Rhythmus. Seit dem Abend unserer Trennung war ich ihr nicht mehr so nahe. Es fühlt sich immer noch vertraut an. Ich verstärke meinen Griff um sie und ihr Blick wandert zu meinen Augen. Da ist das Lied allerdings schon vorbei und Jo kann gar nicht schnell genug Abstand zwischen uns bringen.

„Wir sollten das nicht tun, es ist einfach noch nicht unsere Zeit. Diese Trennung war nicht umsonst.", meint sie klipp und klar.

„Und wann ist unsere Zeit?", frage ich zweifelnd.

„Vielleicht in acht Jahren?", meint sie sarkastisch. Gut, denke ich, dann sehen wir uns in acht Jahren.

안녕하세요!  (Koreanisch Skills over 9000)
Ich denke, dass morgen das letzte Kapitel kommt. Dann habe ich die Geschichte im August noch beendet.

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