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Alex

Was zur Hölle? Da war es schon wieder. Dieses seltsame Gefühl, dass ich neulich auf der Party hatte. Und schon wieder befinden wir uns in solch einer komischen Lage, in der wir uns gar nicht befinden sollten. Ich kann einfach nicht wegsehen, so sehr ich mein Gehirn auch zur Vernunft rufe, es hört nicht auf mich. Noch dazu fällt es mir schwerer zu atmen und mein Herz hämmert in meiner Brust, als würde ich einen Sprint ablegen. Mein Kopf wird immer leerer, die Gedanken verschwinden und ich sehe nur noch sie. Was ist mit mir los? Ein Gemisch aus Angst und Verlangen brodelt in meinem Körper. Doch Verlangen wonach? Wie kann das sein? Warum kommen diese Gefühle ausgerechnet bei Jo auf? Zu unserer Rettung geht die Tür ihres Zimmers auf und wir fahren auseinander. Verlegen räuspere ich mich, als ich ihre Mutter entdecke. Hoffentlich hat sie es nicht noch mitbekommen.

„Oh, hallo Alex, richtig?", begrüßt sie mich, während sich ein breites Grinsen Platz auf ihrem Gesicht macht. Dabei schweift ihr Blick zu ihrer Tochter, der etwa aussagt, dass es zwischen den beiden heute noch ein Gespräch geben wird, auf das sich Jo mit Sicherheit nicht freuen wird, wie ich sie kenne. Ihre Mutter wirkt auf mich ziemlich neugierig.

„Mama!", ruft Jo überrascht und panisch. „Äh, wir machen Hausaufgaben und helfen uns gegenseitig. Wir waren gerade bei einer relativ schwierigen Sache und würden sie gern fortsetzen, bevor wir es wieder vergessen.", stottert sie vor sich hin. Jeder Gehörlose würde merken, dass sie lügt. Immerhin lässt ihre Mutter uns wieder allein, nicht ohne vorher nochmal wissend zu nicken. Sobald sie weg ist, herrscht eine willkommene Stille zwischen uns. Wir brauchen sie, um über das eben Geschehene nachzudenken. Vielleicht sind das nur Phantomerscheinungen, weil wir zu viel Zeit miteinander verbracht haben oder ich interpretiere da zu viel hinein und das sind ganz normale Situationen, in denen nur meine Fantasy mit mir durchgeht. Das klingt jedenfalls sinnvoller, als dass ich Gefühle für Jo entwickelt haben sollte.

„Ich glaube, ich sollte jetzt gehen.", entscheide ich mich.

„Ja, tu das!", sagt sie, als könnte es ihr nicht schnell genug gehen, dass ich verschwinde.

Spontan entscheide ich mich draußen Samantha anzurufen. Ich brauche sie als Ablenkung. Zu meinem Glück hat sie gerade Zeit für mich. Auf dem Weg höre ich Musik, um wieder etwas runterzufahren, nur leider habe ich das Gefühl, die Lieder in meiner Playlist handeln alle mindestens im Entfernten von Liebe und das nervt mich gerade ein wenig.

Im Park, wo ich mich mit Samantha verabredet habe, kommt sie mir direkt entgegen. Ich nehme ihr Gesicht in meine Hände und küsse sie stürmisch, bevor sie ein Wort sagen kann. Sie wirkt anfangs noch völlig überrumpelt, entspannt sich dann aber. Dafür spanne ich mich mehr an. Es ist schön, doch gibt mir nicht die Befriedigung, die ich mir erhofft habe. Bei dieser traurigen Erkenntnis lasse ich von ihr ab und hole erstmal tief Luft. Ich fühle mich völlig durcheinander.

„Na das nenne ich mal eine Begrüßung. Alles okay?", lacht sie und sieht dabei wieder so hinreißend aus. Warum löst sie nicht so ein komisches Gefühl in mir aus? Das wäre zu perfekt.

„Ja, alles okay, keine Sorge. Ich habe mich nur gefreut dich zu sehen.", rede ich mich heraus.

„Du bist so süß.", meint Sam. Sollte ich es trotzdem mit ihr versuchen? Vielleicht entwickle ich doch noch tiefere Gefühle für sie. Mit Jessica war ich schließlich auch so zusammen, obwohl man die beiden Mädchen keinesfalls miteinander vergleichen kann. Aber ich entschließe mich stattdessen zu etwas anderem. Sam sollte jemanden finden, der ihre Zuneigung verdient.

„Ich denke, wir sollten uns nicht mehr in diesem Sinne treffen.", beginne ich, während wir ein Stück laufen.

„Wie bitte? Wie denn sonst?" Sam scheint mich nicht ernst zu nehmen.

„Gar nicht mehr vermutlich." Sie bleibt entsetzt stehen.

„Soll das heißen, du machst nach nur drei Tagen schon Schluss mit mir? Was sollte dann der Kuss?"

„Eine Art Bestätigung. Es tut mir leid.", entschuldige ich mich, doch nach drei Tagen kann uns eine Trennung wohl kaum sonderlich schwerfallen.

„Und dir wurde bestätig, dass du keine richtigen Gefühle für mich hast?" Sie sieht verletzt aus, nimmt es aber mit Würde.

Mein Gesichtsausdruck scheint ihr Antwort genug. Stumm und mit einem verstehenden Nicken dreht sie um und geht. Zurück bleibe ich mit einem schlechten Gewissen. Jetzt muss nur noch eine Sache erledigt werden.

„Was gibt es denn plötzlich so Wichtiges?", fragt Jan genervt, als er mir die Tür öffnet. Er trägt kein Oberteil und aus seinem Zimmer vernehme ich eine Mädchenstimme. Da scheine ich wohl gerade im richtigen Moment gestört zu haben.

„Ist mein Erscheinen gerade etwas unpassend?", tue ich scheinheilig.

„Vollidiot, unpassender geht gar nicht mehr. Sag mir wenigstens, was du hier willst, bevor ich noch mehr Zeit verschwende. Da macht man einmal so einen Glücksgriff und du versaust es einem."

„Ist ja schon gut. Das nächste Mal solltest du vorne Schilder anhängen."

„Wie witzig. Kommst du jetzt mal zum Punkt?" Jan ist sichtlich genervt, aber ich kann einfach nicht aufhören ihn auf die Palme zu bringen.

„Es geht um unsere Wette. Ich mache da nicht mehr mit, also vergiss das einfach.", fordere ich ihn auf.

„Bekommst du jetzt kalte Eier, weil sie dich nicht ranlässt oder was?" Mit einem Mal ist Jan herrlich amüsiert. Das eigentlich Lustige daran ist eher, dass sie mich vielleicht wirklich „ranlassen" würde, wir haben uns bei der Wette eigentlich nur auf das Küssen beschränkt, doch ich will es nicht mehr aus diesem Grund machen. Ich weiß momentan allgemein nicht, ob ich ihr näher kommen will.

„Das hat damit nichts zu tun. Ich war um Einiges weiter als du, denk also bloß nicht, dass du bei ihr so toll angekommen bist."

„Irgendwann hätte ich sie schon noch so weit gehabt. Ich glaube, die hält sich für stärker als sie ist.", lacht er, weil er sich selber ach so lustig findet. Mein Blick wird grimmig, ich verrate mich auch viel zu schnell. Jan verstummt und sieht mich wissend an. „So ist das also. Du stehst auf Johann.", meint er spöttisch. Ich entwickle momentan eine sehr starke Antipathie ihm gegenüber, gleichzeitig ist es mir auch egal, was er zu sagen hat.

„Denk doch was du willst. Ich halte es einfach nicht für richtig, den Rest kannst du frei interpretieren." Mit diesen Worten gehe ich, mit dem Gefühl einer reineren Seele.

Morgen ist für mich endlich wieder Schule und ich bin mega aufegregt. Ich komme in die 10. Klasse und habe neue Mitschüler.

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