Diary.

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Juli:

Es war unglaublich kalt draußen. Der regen prasselte gegen das riesengroße Fenster in Finns Wohnzimmer. Ich trug einen viel zu großen Pulli und Shorts. Über meinen Beinen lag eine weiße Decke und ich trank Tee. Die Sonne war längst hinterm Horizont verschwunden. 

Ich hatte mich mit Amy versöhnt. Sie und ich waren wieder Freunde.

Vielleicht nicht so wie früher. 

Aber wir machten wieder viel miteinander.

Finn war übers Wochenende zu seiner Grandma noch Schottland gefahren. Ich war allein in einer, mir riesig vorkommende, Wohnung. Alles war still. 

Das einzige Geräusch war das gleichmäßige trommeln des Regens. Ich schloss meine Augen und versuchte mich zu entspannen. Aber immer wieder überkam mich die Einsamkeit. 

Und als ich es nicht mehr aus hielt setzte ich mich an den großen Flügel, der hier so unberüherd stand. Ich legte meine Hände auf die Tasten und dachte nach. 

" Die Musik ist die Sprache der Leidenschaft. "

Langsam begannen meine Finger über die Tasten zu gleiten und ich spielte die ersten Töne von ' Die Fabelhafte Welt der Amélie ' 

Meine Finger flogen über die zweifarbigen Tasten während meine Augen geschlossen waren. ich lies mich von der Melodie einholen, lies mich entführen in eine Welt, die nur in meinen Träumen existierte. Es kam mir vor, als wäre ich plötzlich irgendwo anders. Als würde ich schweben und könnte alle Probleme hinter mir lassen. Es war, als würden alle gefühl aus mir fließen und plötzlich sah ich vor meinen Augen klar und deutlich Jo´s gesicht. Jede kleinigkeit sah ich. Seine unglaublich dichten Wimpern und die grünen Augen. Diese augen die so wunderschön funkelten. Und plötzlich war ER mir ganz nah.

Als ich die letzten Töne des Stückes spielte verblasste das Bild von Jo. Ich hielt meine Augen noch einen Moment geschlossen. 

Dann ging ich in Finns Zimmer und zog ein Buch aus den rießigen Bücherregal, welches hier stand. Zufrieden ging ich zurück ins Wohnzimmer und lies mich auf das große Sofa plumpsen. 

Ich schaute mir das Buch etwas genauer an. Es hatte einen Dunkel Roten Einband. Sonst war nichts auf dem Einband zu sehen. Vorsichtig öffnete ich das Buch. 

" A reader lives a thousand lifes before he dies. The man who never reads lives only one. "

Diese unglaublichen Wörter standen in einem fast schon bedeutungslosen schwarzen Schrift auf der ersten Seite. Aber sie waren nicht gedruckt sondern mit einer sauberen Handschrift geschrieben. 

Ich blätterte weiter und plötzlich wurde mir heiß und kalt gleichzeitig. Ich hatte nicht irgendein Buch aus Finns Bücherregal gezogen. Ich hielt in meinen Händen ein unglaublich wertvolles Buch, welches mit keinem Geld der Welt zu ersetzen wäre.

Finns Tagebuch.  

Durfte ich weiter blättern? Durfte ich es lesen? 

Ich war unheimlich neugierig. Ich hatte mein ganzes leben noch keinen Junge getroffen, der Tagebuch schrieb. 

Vielleicht wusste ich auch einfach nicht, dass sie Tagebuch schrieben. 

Und dann wurde es mir klar: Ich würde es lesen ... egal um welchen Preis. Ich wollte wissen, was er schrieb. 

Langsam senkte ich meinen Blick auf das kostbare Papier und begann zu lesen. Der erste Eintrag war vom 28. 08. 2012. Es war nicht viel interessantes. 

Ich las den nächsten Eintrag und den nächsten und den nächsten ... immer so weiter. Ich war völlig gefesselt von diesem Buch. Ich erfuhr so viel über ihn. Auch wenn ich es vielleicht nicht hätte lesen sollen. Ich konnte nicht mehr aufhören die Seiten umzublättern. Es war eine Reise in die Vergangenheit. 

Er schrieb fast jeden Tag und nach mehreren 100 Einträgen kam ich bei dem Tag an, an dem ich hier angekommen war. 

Er schrieb über seinen ersten Eindruck, den er von mir hatte und darüber, dass er mich unglaublich hübsch fand. Darüber, dass ich einen Freund hatte und er das schade fand und über meine wunderschönen Augen...

Und dann plötzlich war ich bei dem Eintrag vom 19.05.2013 angelangt. ich konnte mich nicht mehr an den Tag erinnern aber was da stand lies mein Herz schmelzen.

" Ich habe nie verstanden warum man mit jemand zusammen sein will, nur weil er gut aussieht. Das ist doch, als würdest du dir die Cornflakes nach der Farbe aussuchen und nicht nach dem Geschmack. ( John Green ) 

Sie ist unglaublich schön. Ich liebe sie nicht mehr wie am Anfang sondern mit jeden Tag mehr. Das einzige, was ich ihr hier bieten kann, sind die Lichter der Stadt in der Nacht und tausende leidenschaftliche küsse. Ich frage nach dem 'uns, nach dem 'wir'. Ich will keine Unendlichkeit zwischen ihr und mir, ich will ihr unendlich nah sein. 

Wie viele Gedanken kannst du einen Menschen widmen, bis dein Kopf merkt, es ist sinnlos? Wie viele Herzschläge müssen vergehen, bis sie aufhören wehzutun? Wie viele gerüche muss ich riechen, bis ich deinen Duft vergesse? Wie oft muss die Welt sich drehen, bis sich alles aufhört um dich zu drehen? Wie weit muss ich rennen, bis die Hoffnung aufhört mitzulaufen? Wie viele Farben muss ich realisieren, bis ich die Farbe deiner Augen vergesse? Wie oft muss ich mich betrinken, bis meine Liebe zu dir ertrinkt?

Im Leben geht es um nicht anderes als um Liebe, für immer und ewig. 

Sie ist dieser eine Mensch unter Milliarden anderen Menschen."

Ich las diese Zeilen immer und immer wieder. Es war zweifellos das schönste, was ich jemals gelesen hatte.  

Nobody is Perfect - I'm NobodyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt