37: Eine selbstmörderische Entscheidung

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Ich kuschele mich noch etwas an Shanks, der sich zu mir auf die Liege gequetscht hat und mittlerweile friedlich schlummert. Wie fast alle anderen hier im Saal auch. Es ist schließlich auch tief in der Nacht. Doch ich mache mir noch viel zu viele Gedanken, wie wir aus dieser Miesere wieder herauskommen können. Einen direkten Angriff auf Aiko starten, um so wenigstens Evilia wieder zu bekommen ist mehr als einem Selbstmord gleichzusetzen. Abwarten, nix tun und warten bis Rico wieder wach wird, fällt in die Kategorie unmöglich. Wir MÜSSEN den ersten Schritt machen, bevor uns der Feind zuvor kommt. Die Frage lautet nur was.

Es ist ausnahmslos nach wie vor eine beschissene Situation. Ich frage mich gerade sowieso, warum ich mir über die verschiedenen Situationen meinen Kopf zerbreche und alles durchgehe. Ich selbst bin ein sehr schlechter Stratege. Ich handle eher instinktiv und aus dem Bauch heraus. Gut, ab und an denke ich schon nach. Aber so ein taktisches Vorgehen liegt mir nicht. Ich gebe auch offen zu, dass das eine meiner Schwächen ist. Gegen einen Taktiker würde ich verlieren. Und das ist wahrscheinlich Aiko Angel. Ein Taktiker der hohen Stufe. Da kann ich gar nichts ausrichten, egal wie sehr ich mich anstrenge. Wobei, solche Strategen haben einen Schwachpunkt. Das hab ich auch schon bei Ray damals und bei Ben feststellen können: Unlogik. Wenn etwas überhaupt keinen Sinn macht und man genau das tut. Damit kommen sie nicht klar. Das war auch öfters Rogers Geheimplan. Ich kichere leise. Jap, Roger verwirrte sehr gerne seine Gegner. Ach waren das noch Zeiten.

Und langsam schlafe ich mit meinen Gedanken an meinen Bruder und der Zeit bei den Rogerpiraten ein.

Am späten Vormittag wache ich auch wieder auf. Die Unruhe hat mich geweckt. Um mich herum hetzen für meine Sicht viel zu viele Leute hin und her. Dazu kommt, dass Shanks nicht mehr bei mir ist. Als endlich mal ein mir bekanntes Gesicht auftaucht, winke ich es her. "Ben was ist los?" Unser Vize legt besorgt seine Stirn in Falten. "Der Käpt'n hat mir verboten, dir das zu sagen." Meine Gesichtszüge entgleisen. Dieses vermaledeite überfürsorgliches Arschloch! Ich halte Ben am Ärmel fest, bevor er wieder weg geht. "Mein lieber Ben entweder du sagst es mir, oder ich quäle mich aus dem Bett und suche jemanden anders, der es mir sagt!" Ben seufzt. "Dann versprich mir, dass du nicht auffspringst und dorthin rennst." Ich nicke mit ernster Miene und sehe ihn gespannt an. "Die Armee steht quasi vor der Tür." Damit verschwindet er wieder und lässt mich geschockt zurück.

Derweil fasse ich mir an die Stirn und murmele "Scheiße". "Das ist nicht gut", vernehme ich da Raius Stimme. Ich schüttele den Kopf. "Und ich kann Kage nicht erreichen. Rico scheint immer noch Bewusstlos zu sein." Ich stöhne. "Und du bist nicht fähig irgendetwas auszurichen", erläutert sie weiter diese aussichtslose Situation, "Aber-" Ich horche auf. "- Ben hat 'quasi' gesagt. Das bedeutet, dass die Armee unseren genauen Stützpunkt noch nicht gefunden hat, sondern noch sucht. Bedeutet es bleibt noch etwas Zeit." "Zum evakuieren? Meinst du das?" "Ich meine, Zeit genug um dich zusammenzureißen!"

Ich schnaupe. "Ich hab mich zusammengerissen, ja? Ich bin nur zu nichts fähig..." "Glaubst du das immer noch? Was war damals bitteschön? Als du dich auch vollständig in einen Drachen verwandelt hast?" Ich runzele meine Stirn. "Wann denn bitte?" "Na, damals! Shanks, Buggy und du? Der aussichtslose Kampf am Kristall? Keine Erinnerungen? Du wolltest deine Freunde unbedingt retten, hast instinktiv nach einer Macht gesucht und meine gefunden. Und damals, muss ich schon so zugeben, warst du ziemlich talentiert dafür in so einer Situation und in so einem Alter!" "Das war ich? Nicht du?", frage ich leicht fassungslos. Raiu schnaupt. "Nein! Ich bin gar nicht zum Zug gekommen!"

Ich erinnere mich daran. Ich wollte ungedingt meine Freunde retten. "Aber das war vor langer Zeit", murmele ich. "Allerdings haben wir jetzt die aller selbe Situation wie damals!" Ich sehe mich um. Sehe Angst in den Gesichtern der Männer und Frauen. Sehe Hoffnungslosigkeit. Dass sie aufgegeben haben. Und erinnere mich, dass Shanks und Buggy damals auch so aussahen. Dass ich so ausgesehen haben muss. Ich atme tief durch. "Du hast recht!", meine ich dann, "Ich darf nicht mehr zögern!" Ich hocke mich entschlossen auf...nur geht es nicht. Mitten in der Bewegung hintert mich etwas daran. Ich schlage verwirrt die Decke weg und fluche. "Mistkerl!", hört man es bestimmt durch mehrere Hallen. Shanks hatte mir ernsthaft eine Kette über meinen Bauch und meinen Brustkorb gespannt und im Boden verankert. Als ich hingreife, wird mir sofort meine Kraft entzogen. "Seestein. Da hat wohl jemand besorgtes vorgesorgt, dass du nicht abhauen kannst", stellt Raiu belustigt fest. Ich knurre. "Das wird noch ein Nachspiel haben!"

"Kannst du es ihm übel nehmen?" Ich seufze. "Nein Raiu, ich verstehe ihn völlig. Und es bricht mir das Herz, aber diesmal kann ich nicht nur an mich und ihn denken, sondern auch an diese Welt. An Rico und Evilia. An Rusty und die anderen versklavten Drachen. An die Menschen um uns herum, die ihr Leben für eine Welt in Frieden geben würden. Deswegen muss ich jetzt in den Krieg ziehen!" Raiu schnurrt. "Dann lass mich diese Kettchen zertrümmern, du brauchst deine Kräfte noch." Und mit einem Blitz auskommend von meiner Hand wird die Verankerung am Boden zerstört. "Das kannst du?", frage ich leicht erstaunt, während ich mich langsam hochhiefe und die Ketten rasselnd zu Boden gehen. Raiu schnurrt lauter. "Bedeutet wohl ja", spreche ich eher zu mir selber und ziehe meine Schuhe an. Dann stehe ich wankend auf und greife nach einem Umhang auf der Nebenliege. Ich lege ihn mir über und ziehe die Kapuze in mein Gesicht. Ich will nicht riskieren, dass mich jemand aufhält. "Kannst du mit dem Knöchel überhaupt laufen?", fragt da Raiu mit mütterlicher Besorgnis in der Stimme. Ich beiße in meine Lippen. "Wird schmerzhaft werden." "Warum greifst du nicht auf die gute Regenerationskräfte von uns Drachenelementen zu? Gut, Knochen und große Fleischwunden heilen zwar nicht, aber ein verknackster Knöchel ist kein Probelm." Und wie zur Bestätigung fühle ich eine angenehme Wärme an der schmerzenden Stelle. Nachdem sie wieder weg ist, kann ich normal auftreten. Ich werde leicht rot. "Danke...ich bin das immer noch nicht gewohnt." Raiu kichert. "Dafür hast du ja mich." Ich nicke und stiefele los.

Jedoch laufe ich nicht zum ehemaligen Kronsaal oder zum Konferenzraum, sondern zum eingestürzten Flügel nach draußen. Ich will mir eine Übersicht verschaffen. Wobei es bei wollte bleibt, da mir der Vize gesehen und abgefangen hat. "Was machst du denn hier?", spricht er mich an. Ich mustere ihn. Er hat den selben Ausdruck in den Augen wie alle anderen auch. Ich seufze. "Ich will helfen. Ich wollte mir einen Überblick verschaffen, wie schlimm es steht." "Du musst das Bett hüten", meint mein Gegenüber nüchtern. Ich schüttele den Kopf und schiebe die Kapuze runter, um ihn meine entschlossen funkelnden Augen zu zeigen. "Ich habe noch nicht aufgegeben! Ich bin war nicht Rico oder Evilia, aber auch ich trage ein Drachenelement in mir! Und ich will euch helfen, egal was das bedeutet." Der ältere Mann sieht mir in die Augen. "Du strahlst die selbe Aura aus wie sie, weißt du das? Naja, ich werd dir mal nichts wegen deiner Gesundheit einreden, dass hast du zu entscheiden. Die Truppen durchforsten gerade den Wald und aus der Ferne kommen mittlerweile Gylo und Anna - mit ihnen hast du dich noch nicht getroffen - in ihrer Drachengestalt. Wenn sie die Burg an der anderen Seite der Felsformation sehen, sind wir alle geliefert. Also ..."

Er spricht nicht weiter, aber ich weiß auch so, war er denkt. "Mit den Truppen würdet ihr zurechtkommen?", frage ich fachkundig. Er nickt. "Durch das Mitwirken von deinen Freunden auf jeden Fall." Ich nicke. Dann muss ich wohl eine Entscheidung fällen. "Du hast sie doch schon getroffen, oder?", meint da Raiu, "und deinen Plan kann ich nur unterstützen. Klingt völlig unlogisch, genau das, was Aikos einzige Schwachstelle ist." Mit ihrer Zustimmung blicke ich den Vizen an. Der schaut verwirrt. "Was hast du vor?" "Ich werde Aiko Angels größte Schwachstelle benutzen. Ich werde mich den Beiden Drachen stellen, sie von hier weglocken und direkt zu seinem Schloss fliegen. Ich werde mich eskortieren lassen, und fordern, mit ihm zu Reden. Damit schinde ich Verwirrung und Zeit, welche ihr sehr dringend braucht. Wenn Rico wieder wach ist, dann sag ihm, dass er mir in dieser einen Sache vertrauen muss. Ganz egal, wie Aiko die Drachen bändigt, mir wird er das nicht antun. Die Einzelheiten kann ich auf die schnelle nicht Erklären, aber ich werden Aiko hoffentlich so weit verwirren, dass er nicht mehr nach euch sucht. Und vielleicht auch ein wenig Blind wird. Ihr müsst in das Schloss und Aiko dort direkt bekämpfen. Aber erst dort. Nicht davor oder so. Ich schlage einen 2 oder sogar 3-Froten-Krieg als Ablenkung vor."

Der Mann starrt mich an. "Das ist Verrückt. Verrückt und Selbstmörderisch." Ich grinse. "Genau diese Mischung ist von Nöten, einen Taktiker Schachmatt zu setzen."

Dragonfire [One Piece]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt