38: Ich stehe hier, ich kann nicht anders!

828 51 5
                                    


Der Stellvertreter der Rebellen sieht mich mit entgleisten Gesichtszügen an, während ich leicht kichere, ihm auf die Schulter klopfe und dann weiter laufe. Nicht lange und ich komme an der Stelle an, wo die Decke eingestürzt ist. Ich sehe in den Himmel. Ein strahlend blauer Himmel strahlt auf mich herab. „Tz. Normalerweise regnet es bei so einer Katastrophe immer", murmele ich und zucke mit den Schultern. Schönes Wetter ist besser. Macht die Stimmung nicht zusätzlich runter.

„Wie wärs wenn du endlich mal starten würdest, anstatt das Wetter anzuglotzen?", meint da Raiu leicht genervt. Ich verdrehe meine Augen. „Ja ja, ist ja schon gut." Ich lasse mir wieder meine Flügel wachsen und nehme den Umhang weg. Der würde mich nur beim Fliegen stören. Ich wollte in sowieso nur, damit mich niemand erkennt, wenn ich so durch die Festung stapfe.

Ich breite meine Schwingen zu ihrer vollen Größe aus, lasse meine Blitze um mich herum entstehen. Doch bevor ich mich in die Luft schwingen kann, höre ich eine mir sehr bekannte, verärgerte und ziemlich laute Stimme. Ich balle meine Hände zu Fäusten. Das wollte ich eigentlich vermeiden. Ich wollte nicht, dass er mitbekommt, wie ich verschwinde. Jedoch läuft er trotzdem auf mich zu.

„Kira, wenn du auch nur eine Bewegung machst, dann setz ich dich K.O!", meint Shanks drohend. „Du solltest sie vielleicht nicht gleich K.O. setzen, Boss", vernehme ich eine zusätzliche Meinung. So wie es aussieht, kommt nicht nur Shanks auf mich zu, sondern auch alle anderen der Rothaarpiraten. Ich beiße mir auf die Lippen. Das will ich nicht. Ich will keinen Abschied. Ich will nicht mit ihnen reden! Sie würden es im schlimmsten Fall nicht mal verstehen.

Deswegen tätige ich wirklich eine minimale Bewegung. Um genau zu sein verlagere ich mein Gewicht leicht nach vorne, sodass ich besser starten kann. Nur dadurch entlädt sich eine enorme Druckwelle ausgehend von meinem Käpt'n direkt auf mich zu. Er meint es tatsächlich tot ernst. Ich aktiviere selbst mein Königshaki und schleudere es der Druckwelle und ihm entgegen. Die Wände wackeln, Risse bilden sich. Lange hält die Festung so ein Aufeinandertreffen nicht aus.

„Bleibt stehen! Und zwar alle!", schreie ich mit meinem entfesselten Königshaki. „Ich will euch nicht verletzen!" „Tust du aber!", antwortet Shanks richtig zornig, „Wenn du jetzt gehst, dann wars das, verstanden? Dann schmeiß ich dich raus! Ich werde nämlich nicht tatenlos zusehen, wie du dich opferst! Und das nur für eine Welt, die nicht mal was mit uns zu tun hat! Wir haben hier genug getan, okey? Lass es gut sein."

Ich verkrampfe mich noch mehr. Ich habe zwar damit gerechnet, dass er so etwas sagen würde, aber es jetzt zu hören ist doch etwas anderes. „Bitte mach nichts unvernünftiges", schaltet sich jetzt noch unser Arzt mir ein. „Wir wollen dich nicht verlieren", ruft Yasopp verzweifelt, „Der Käpt'n meint es voll Ernst, dass er dich rausschmeißt, wenn du jetzt gehst! Bitte tu uns das nicht an!", brüllen jetzt alle. Eine Träne kullert aus meinem linken Auge. „Es tut mir Leid", flüstere ich fast. Shanks verstärkt sein Königshaki, doch mich kümmert das nicht. „Wir müssen los", erinnert mich Raiu vorsichtig an unser Vorhaben. Ich nicke merklich. „Es tut mir Leid, Leute. Ich stehe hier und ich kann nicht anders. Nehmt es mir nicht übel, ich verspreche auch, lebendig zurückzukommen..." Shanks schneidet mir das Wort ab:"Wenn du jetzt gehst, brauchst du nicht mehr wiederkommen." Diese Worte treffen mich tief in meinem Herzen und durchbohren es. Sie lassen es ausbluten, schmerzen und in Trümmern zu Boden rasseln. Das Zittern meines Körpers stellt sich ganz automatisch ein, während alle Anwesenden, inklusive mir, die Luft eingezogen haben. „Sag jetzt nichts unüberlegtes, Shanks." Ich kann sein Kopfschütteln schon fast hören. „Ich meine es so, wie ich es sage! Ich werde nicht mit ansehen, wie sie umgebracht wird! Entweder du kommst mit uns, oder wir-", und dieses Wort betont er besonders", - betrachten dich ab sofort als Feind."

Jedes vermaledeite Wort trampelt weiter auf mein zersprungenes Herz und zerfetzt meine Seele. Ich schluchzte auf, weitere Tränen bahnen sich einen Weg über mein Gesicht und tropfen auf den Boden. „Ich kann nicht anders", wimmere ich, bevor ich mit einem kräftigen Flügelschlag durch das Loch in der Decke verschwinde.

Shanks Königshaki erreicht mich schnell nicht mehr, sein verzweifelter Schrei klingelt allerdings noch sehr lange in meinen Ohren. Selbst als ich mich sehr hoch über der halb eingestürzten, von Felsen umgebenen Festung befinde. Mein Blick verschwimmt, während ich ein – für mich anfühlendes – letztes Mal auf die Burg sehe. Sie befindet sich sehr geschützt halb im Berg und ist in diesem so geschickt eingearbeitet, dass man sie auf den ersten Blick gar nicht sieht. Früher musste das Einmal ein sehr angesehenes, fröhliches Zuhause gewesen sein. Selbst die Umgebung unterhalb des Berges bestehend aus Mischwäldern und wilden Wiesen sieht einladend aus. Ich schüttele den Kopf. „Werde ich jetzt schon nostalgisch?", heule ich und sehe auf meine Handflächen. Dicke Tränen tropfen darauf. Kurzerhand vergrabe ich mein Gesicht in meine Hände. „Warum nur?", murmele ich immer wieder, geschüttelt von Heulkrämpfen. „Ich will dich ja nicht in deiner Trauer stören, aber der Feind ist schon erschreckend nahe. Und wenn du nicht willst, dass das Geschehene gerade nicht umsonst war, musst du jetzt gehen. Oder besser fliegen." Ich nicke zitternd und wische mir die Tränen aus meinem verheulten Gesicht. „Du hast ja so recht. Es tut aber trotzdem dort weh." Meine Finger der rechten Hand krallen sich in die Stelle über meines Herzens. „Das wird es noch eine lange Weile. Liebeskummer ist der größte Schmerz", fasst Raiu zusammen, nachdem ich mich in die Richtung wende, von der die beiden Drachen kommen. Die sind im Übrigen schon als kleine Flecken in der Ferne zu definieren und werden stetig größer.

Ich erwidere nichts darauf, sondern konzentriere mich lieber auf etwas anderes. Nämlich auf die kommenden Gegner. Gylo und Anna sind wirklich komplett gegenteilig in ihren Erscheinungen. Während ich Anna kaum sehe, ist Gylo ein nicht zu übersehener lilaner Fleck in der Luft. Dazu ist Anna winzig im Vergleich zu Gylo. Und Gylo hatte riesige, schmetterlingsartige Flügel, deren Farbverlauf von lila zu türkis am Rand übergeht. Anna hatte gar keine Flügel. Dafür war ihr gesamter Körper sehr in die Länge gestreckt und gleicht dem einer Schlange am deutlichsten. Ihre vier Pranken spiegelten sich im Sonnenlicht aufgrund ihrer silbern angehauchten Schuppen. Gylos Leib ähnelt dem eines Raptoren aus der Urzeit. Kräftige Hinterläufe und schmale, kürzere Vorderarme.

„Der Lilane ist Poizun C. Gylo und die Weiß-Silberne Sutomu C. Anna. Gift und Wind. Pass auf, Anna ist zwar die Schwächste was Stärke und Muskelkraft angeht bei den Drachenelementen, doch sie ist die Schnellste und Wendigste. Und Gylos Körper stößt immer wieder Giftgas aus, von dem du ausgeknockt wirst. Beide in Kombi sind sehr ernstzunehmende Gegner", zählt Raiu auf. Ich nicke und atme tief durch. Ich muss mich zusammenreißen und meine persönlichen Gefühle vergessen, auch wenn es schmerzt. Ich kann mir ein Versagen nicht leisten!

„Weißt du eigentlich schon, wie genau du dich von der Hypnose von Aiko schützt? Weil du hast ja behauptet, dass er das bei dir nicht kann." Ich zucke mit den Schultern. „Ehrlich Raiu, ich hab keinen blassen Dunst. Vielleicht werde ich sagen, dass ich mich mit ihm unterhalten will wegen Bündnis und so." „Du hast Nerven!", schallt sie in meinem Kopf und lacht. Ein leichtes Lächeln breitet sich in meinem Gesicht aus. „Nö, das ist alles nur ein Verzweiflungsakt." Und das ist er auch.

Dragonfire [One Piece]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt