Sechs Tage später stand Harry's Entscheidung wirklich fest. Er und Ron hatten ihre Koffer wieder gepackt, Beide standen abreisebereit am Schultor. Professor McGonagall stand bei uns und wischte sich unauffällig über die Augen. Ginny weinte herzzerreißend und auch ich kämpfte stark mit den Tränen. Harry stand hilflos da und strich seiner Freundin über's Haar, doch Ron schaute nur verlegen weg. Er hatte mittlerweile mit mir geredet, aber ich hatte gespürt, dass es ihm nur zu recht war. Dass er jetzt gehen konnte, nicht länger in meiner Anwesenheit sein musste, endlich nicht nur ein schlechtes Gewissen zu haben brauchte. Auch wenn er es mir niemals gesagt hatte, ich spürte, dass er mich nicht mehr liebte. Genauso wenig wie ich ihn. Er war einer der besten Freunde, den man haben konnte, aber als Partner wirklich nicht geeignet.
Also standen wir da, sahen uns nicht in die Augen und murmelten nur ein "Mach's gut". Und ich umarmte ihn, weil er ein guter Freund war. Offiziell waren wir noch nicht getrennt. Ron war immer noch der Ansicht, es könnte noch etwas aus uns werden, wenn wir nur nicht andauernd zusammen sein würden. Ich bezweifelte seine Theorie, aber ich ließ mich darauf ein, dem guten Willen wegen.
,,Hermine. Komm her!", sagte Harry und schloss mich fest in die Arme. Und da brach der Damm und ich ließ aller Trauer und Wut freien Lauf. Ich weinte und schluchzte und durchnässte seinen Pullover. Ich merkte, dass er auch weinte. ,,Wir sind immer für euch da. Pass gut auf dich auf.", murmelte er mir ins Ohr und ich nickte tapfer.
Und dann gingen sie, einfach so, für immer. Auch wenn wir sie wieder sehen würden, es riss mir das Herz aus der Brust. Ginny umarmte mich, sie schluchzte unaufhörlich. Ich tätschelte ihr beruhigend den Rücken, aber mir selbst fiel es schwer, zur Ruhe zu kommen.
Professor McGonagall fasste sich als erstes wieder. ,,Na kommt. Wir werden es auch ohne die beiden schaffen.", sagte sie mit so viel Liebe in der Stimme, dass ich beinahe wieder anfing zu weinen. Man merkte deutlich, wie sehr ihr dieser Abschied etwas ausmachte. Harry und Ron waren ihr in den letzten sechs Jahren so ans Herz gewachsen; nicht nur, weil Harry das Wunderkind war, sondern auch, weil wir so viel Unsinn gemacht hatten, dass McGonagall uns einfach wie eigene Kinder liebte.Den Tag verbrachten Ginny und ich in unserem Zimmer. Wir durften den Unterricht ausfallen lassen, genauso wie Mittag- und Abendessen. Stattdessen hockten wir auf meinem Bett und lernten Formeln und Zaubersprüche auswendig, um uns irgendwie abzulenken. Es klappte tatsächlich, mindestens zwei Stunden dachten wir komplett nicht an die beiden Jungs, die uns so schrecklich fehlten. Sogar Ron fehlte mir ungemein, aber nicht als mein Freund, sondern als Kumpel.
Als ich es dann aber doch kaum mehr aushielt, trat ich aus unserem Zimmer und verließ den Turm. Wirklich weit kam ich allerdings nicht, denn auf einem der Sofas hockten die Slytherin's. Ich musste sie nur ansehen und sofort verwandelte sich meine Trauer in Wut. ,,Na wo will die kleine Granger denn hin?", säuselte Malfoy schelmisch. Ich wirbelte herum und starrte ihm wutentbrannt in die Augen. Wie konnte man so gefühlskalt sein? Merkte er denn nicht, dass es mir alles andere als gut ging? ,,Das. Geht. Dich. Überhaupt. Nichts. An.", zischte ich mit zusammengebissenen Zähnen. ,,Na da ist wohl jemand schlecht drauf! Gibt's Streit mit dem Wiesel?", lachte sein Freund Zabini. Ich legte all meinen Zorn in meinen Blick. Er schreckte unauffällig zurück, was mir eine Genugtuung gab. ,,Ach Granger, Schätzchen, du kannst immer zu mir kommen.", sagte Malfoy aufrichtig. Für eine Sekunde lang war ich verwirrt. Was war das bitte für ein Angebot? Malfoy hasste mich... Ich sah den Spott in seinen Augen aufblitzen und drehte mich wieder um, völlig genervt. Natürlich war es nur ein Scherz, aber er hatte mich kurzzeitig meinen lassen, er würde es ernst meinen.Sobald ich die Mauern des riesigen Schlosses verlassen hatte, ließ ich allen meinen Gefühlen freien Lauf. Erschöpft ließ ich mich gegen einen Baum sinken. Meine Gedanken kreisten um Harry. Um Ron und sogar um Malfoy. Er machte mich wahnsinnig, aber ich hatte keine Kraft mehr, ständig abzuwehren. Was hatte er bloß daran, mich andauernd nieder zu machen? Ich verstand es nicht. Ich würde es wohl auch nie verstehen. Seufzend kickte ich einen Stein vor mir her. Mein Blick wanderte an den Schlossmauern hinauf. Sie wirkten düster, geheimnisvoll. Das waren sie auch. Gefährlich und unberechenbar. Manchmal hätte man meinen können, dass Hogwarts völlig abstoßend wäre, mit den kalten Steinmauern. Doch ich fühlte mich hier wohler als sonst woanders auf der Welt. Hogwarts war mein Zuhause geworden. Und ich würde es mir hier nicht verderben lassen, nicht in meinem letzten Jahr.
Draco's P.O.V
Den ganzen Tag hatte ich Granger nicht gesehen. Weder im Unterricht, noch in der großen Halle oder im Turm. Ich wusste, dass sie in ihrem Zimmer saß und weinte. Manchmal hörte ich sie, wenn sie wieder laut zu schluchzen begann. Es versetzte mir immer ein unangenehmes Ziehen im Bauch. Ich wusste nicht, warum, aber es war mir äußerst unangenehm. Das Ziehen war doch ein Zeichen, dass ich mir Sorgen machte.Aber ich wollte mir keine Sorgen um sie machen.
Blaise und ich hockten auf einem der Sofas und munkelten über Potter. ,,Also er ist auf jeden Fall abgereist. Das steht fest. Nur warum?", fragte er, ich zuckte mit den Schultern. Ich fand es gut, dass Potter und das Wiesel nicht mehr da waren. Dann musste ich mich vor niemandem mehr rechtfertigen. Denn Blaise hatte mir vorhin mit seinen speziellen Hintergedanken klar gemacht, dass es zwischen Granger und Weasley wohl aus war. Wer würde sie denn bitte freiwillig verlassen?
Granger hatte alles, was man sich bei einer Freundin wünschen konnte, oder? Ihr Aussehen war grandios, sie war schlau, und ihr Körper... Ich sog scharf die Luft ein, als ich bemerkte, was ich gerade dachte.Granger war tabu für mich. Aus so vielen Gründen. Und ich bedauerte es. Denn mittlerweile musste ich mir zu meinem eigenen Entsetzen eingestehen, dass Granger nicht mehr uninteressant war.
Vielleicht dachte ich nur wegen dieser bescheuerten Wette so. Ich wollte sie nicht annehmen, denn Granger war nicht wie die anderen Mädchen. Sie war besonders, nicht für mich gemacht, deswegen ging sie mir wahrscheinlich nicht aus dem Kopf. Das, was man nicht haben konnte, hatte den besonderen Reiz.
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Dreams
FanfictionEin halbes Jahr ist seit der großen Schlacht vergangen. Alles scheint sich wieder an seinen gewohnten Platz zu rücken. Alles, außer Hermines Gefühle. Die spielen auf einmal mehr als verrückt. Und das alles nur, weil ein gewisser jemand zurück gekehr...