-24- Ron kommt zu Besuch

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Hermine's P.o.V
Die alte Professorin sah mit abwägend an, während ich ungeduldig auf dem Stuhl vor ihren Schreibtisch herumrutschte. Sie verzog die Lippen von einer zur anderen Seite, blickte immer wieder auf die Unterlagen vor sich und dann wieder zu mir auf - bis Professor McGonagall schließlich zustimmend lächelte. Erleichtert stieß ich die Luft aus. ,,Aber", setzte sie dann jedoch wieder streng an, ,,nur für die beiden Tage. Ich erwarte ansonsten höchste Konzentration Ihrerseits im Unterricht!" Brav nickte ich und verschwand dann aus dem Schulleiter-Büro, bevor sie ihre Meinung wieder ändern konnte. Dabei waren es nur zwei lächerliche Schultage gewesen, um die ich gebeten hatte. Denn wenn Harry und Ron nach einem viertel Jahr wieder zu Besuch kamen, wollte ich doch die knappe Zeit nicht mit Unterricht noch unnötig weiter verkürzen.

Ich freute mich unheimlich auf ihre Ankunft. In ein paar Tagen, so hatte Ginny es mir erzählt, aber wann genau meine besten Freunde ankommen würden, wusste ich nicht.
Die Zeit würde schon irgendwie rumgehen, ich war mir sicher. Und mit verstreichender Zeit merkte ich, wie der Winter kam.
Die Bäume waren mittlerweile kahl und das Gras grau und gefroren. Es war bitterkalt draußen, sodass ich seit Tagen mit Wollstrümpfen unter meinen Stiefeln herumlief und mir trotzdem die Zehen gefroren. Es hatte bis jetzt noch nicht geschneit, aber es konnte sich nur noch um wenige Tage handeln, denn der Himmel war immer grau und dunkel, wäre er bedrückt, dass seine Sonne nicht mehr schien.
Ich liebte den Winter trotzdem, dieses wohlige Gefühl von heißem Tee oder Kakao und einem Buch oder einem Gespräch vor dem Kamin, während es draußen schneite, war atemberaubend. Wenn man mitten in der Nacht wach wurde und aus dem Fenster blickte, konnte man die weißen Flocken zu Boden wirbeln sehen, wie sie eine weiche Decke aus Eis bildeten, so leicht und unberührt. All diese Gefühle machten es wieder wett, wenn mir die Kälte tatsächlich einmal zu viel wurde. Aber selbst das passierte nicht oft.

Verträumt sah ich auf die Landschaft, die sich unter Hogwarts abzeichnete. Ich wollte gar nicht daran denken, dass es das letzte Jahr hier war. Dass ich diese Zeit nie wieder erleben würde, keinen Winter, keinen Herbst mehr.
Mein Leben hatte ich hier verbracht, wirklich alles hatte ich hier erlebt.
Ich konnte mich kaum noch daran erinnern, was ich vor Hogwarts jeden Tag getrieben hatte. Nicht einmal an meine Eltern konnte ich mich noch mehr gut erinnern.
Seit etwa einem Jahr hatte ich sie jetzt schon nicht mehr gesehen, aber in dieser ganzen Zeit hatte mir das auch nichts ausgemacht, denn ich war immer beschäftigt gewesen.
Aber jetzt, gerade in diesem Moment merkte ich, wie sehr mir meine Eltern fehlten. Wie sehr ich sie eigentlich brauchte, um das alles hier verarbeiten zu können.
Hatte meine Mutter nicht immer wissen wollen, wenn ich mal verliebt war?
Und mein Vater, wollte er nicht stolz über mein Haar streicheln, wenn ich meinen Abschluss machen würde? Aber sie würden es wahrscheinlich nie tun können.
Ich schüttelte meinen Kopf, um die trüben Gedanken zu vertreiben.
Ich sollte an Harry und Ron denken, und ich sollte mich freuen. Es war noch so viel zu erledigen, ich sollte meine Gedanken einfach nicht abschweifen lassen.

,,Draco? Draco!", rief ich, als ich am Abend den Turm betrat. Wir sollten noch ausarbeiten, wo der diesjährige Winterball stattfinden sollte, wie alles geschmückt werden sollte, das ganze Drum und Dran eben. In weniger als drei Wochen war Weihnachten.
Ginny schlief auf dem Sofa, aber sie öffnete die Augen, als sie meine Stimme hörte.
,,Dein Schatzi müsste gleich kommen.", gähnte sie. ,,Er ist nicht mein Schatzi!", protestierte ich, doch da war sie schon wieder eingeschlafen. Ich belächelte meine beste Freundin und begann, Unterlagen zu sortieren, als sich die Tür öffnete und mein Schatzi eintrat. ,,Hast du mich gerufen?", fragte er und ich zuckte zusammen.

,,Ja. Wo warst du so lange? Wir müssen das hier noch fertig machen, bevor wir den Ball erst einmal organisieren können. Man, das ist so viel Arbeit, ich weiß nicht, wie wir das alles schaffen können! Und du treibst dich den ganze-"
Er drückte mir seine Lippen auf den Mund, bevor ich überhaupt Luft holen konnte. Vollkommen perplex stand ich da, aber ich genoss es, so sehr, dass ich beinahe frustriert aufseufzte, als er sich wieder zurück lehnte. Während ich also entrüstet und überrascht und alles in allem ziemlich sprachlos da stand, grinste der blonde Slytherin selbstgefällig und verschränkte die Arme.
,,Daran könnte ich mich gewöhnen.", schmunzelte er und ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Die Art, wie er von uns sprach, als ein Paar, als eine Verbundenheit, hörte sich gut an. Wirklich gut.
Denn im Moment war keinem von uns beiden klar, was wir überhaupt darstellten.

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