-30- Nie wieder allein

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Draco's P.o.V.

Während wir zu sechst durch das Schneegestöber irrten, fühlte ich mich hundeelend. Zum einen, weil mir die unendliche Sorge um das Mädchen meiner Träume tief in die Eingeweide grub; zum Anderen, weil ich jetzt - da Ron wie ein lästiges Anhängsel hinter der Gruppe herschlich - an kaum etwas anderes denken konnte, als darüber, wie sehr ich ihn hasste.

Gut, Hass war vielleicht zu viel des Guten, aber verabscheuen traf unser Verhältnis doch ganz gut. Und auch wenn Blaise mir bis gerade eben leise versucht hatte einzureden, dass er vielleicht, also höchst wahrscheinlich gar nicht dafür verantwortlich war, dass Hermine nun unauffindbar hier irgendwo feststeckte, wollte ich das nicht hören. Und Blaise setzte sich eigentlich nie für die Gegenseite ein, auch er konnte Weasley nicht leiden.

Potter und seine Freundin liefen neben uns, händehaltend und schweigend. Ich konnte spüren, wie sehr sich die Beiden sorgten. Früher, als wir noch so ziemlich die schlimmsten Feine gewesen waren, hätte ich jetzt höhnisch die Augen verdreht und Würgegeräusche von mir gegeben, vermutlich so etwas wie "Ist ja ekelhaft, Gefühle!". Aber jetzt nicht mehr. Nicht mehr, seit Hermine mir ebenfalls zum wichtigsten Menschen in meinem Leben geworden war.

Mittlerweile konnte ich es verstehen; verstehen, was es bedeutete, wenn Gefühle und Emotionen den Verstand übertrafen, den Körper einnahmen und das Atmen schwerer machten.

Eigentlich widerte mich dieses Gefühl immer noch an. Vielleicht war das ein mickriger Rückstand aus früherer Zeit, in der es beinahe tödlich verachtet wurde, irgendwelche Emotionen zuzulassen. Damals waren gerade meine Eltern dafür verantwortlich, dass ich gefühlskalt geworden war, kaum in Angelegenheiten anderer interessiert. Wer selbst ohne Liebe aufwächst, verteilt diese später auch nicht.

Umso erstaunter, aber dementsprechend auch erleichtert war ich jetzt, wo mein Kopf, vor allem aber mein Herz eine reine Achterbahn darstellte, keine Spur mehr von Emotionslosigkeit.

Ich wunderte mich ein bisschen, wie eine einzige Person in so kurzer Zeit eine so heftige Reaktion in mir auslösen konnte. Oder vielleicht waren diese Gefühle für Hermine ja auch schon immer da gewesen. Nur eben unterdrückt, unsichtbar gemacht oder einfach nach hinten geschoben gewesen. Und ich war einfach mit anderen Dingen beschäftigt. Und jetzt, wo ich nicht mehr länger das hirnrissige Ziel verfolgte, alles von unserer Mission zu überzeugen oder andernfalls zu vernichten, da waren Seiten von mir in mir zum Vorschein gekommen, die ich bis dahin kaum gekannt hatte. Wer wusste das schon?

Mittlerweile waren wir den ganzen Weg vom Schloss bis hinunter ans Gasthaus abgelaufen, auch wieder zur Hälfte zurück, aber Hermine hatten wir nicht gefunden. Ich war sowieso schon übermäßig nervös, aber so langsam kratzte die Ungewissheit an meinen Nerven. Der Schneesturm hatte mittlerweile zum Glück ein bisschen nachgelassen, aber es war trotzdem noch eiskalt und der Wind, der sich leider noch nicht eingestellt hatte, pfiff uns stetig um die Ohren.

Während wir kurz stehen blieben, um zu beraten, wo wir wohl als nächstes suchen würden, wippte ich ungeduldig von den Fersen auf die Fußballen, mein Blick wanderte ruhelos von links nach rechts. 

,,Was, wenn sie entführt wurde?", warf Ginny mit piepsender Stimme ein, ruckartig sah ich sie an und wurde, wenn möglich noch blasser. ,,So ein Quatsch!", mischte sich Potter ein, der noch als einziger halbwegs bei Sinnen zu sein schien. ,,'Mine ist kein kleines Kind mehr. Außerdem, wer hätte das machen sollen, und vor allem - warum?"

Er hatte recht, stellte ich erleichtert fest. ,,Lasst uns den Wald absuchen, sie hat sich bestimmt verlaufen.", schlug Luna ernsthaft vor, und weil es die einzige Idee war, die wir momentan hatten, folgten wir ihr. Blaise und ich geradeaus, Harry und seine Freundin wollten die linke Seite absuchen, Luna und das Wiesel die Rechte. Ich betete stumm, dass wir sie finden würden.

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