-31- Füreinander geschaffen

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Hermine's P.o.V.

Als ich nach gefühlten Ewigkeiten wieder zu mir kam, fühlte ich mich gerädert, so als hätte ich stundenlang einen Schutzzauber aufrecht halten müssen oder so. Meine Arme und Beine waren schwer wie Stein und mein ganzer Körper schien vor Erschöpfung ganz leicht zu  zittern. Selbst mein Kopf war so schwer, dass ich ihn kaum anheben konnte. Hinter meinen Lidern pulsierte es bis hinunter in meine Fingerspitzen. Stöhnend schloss ich die Augen. 

Was war denn bloß passiert? In meinem Gedächtnis herrschte gähnende Leere. Ich konnte mich beim besten Willen an nichts erinnern, was mich so fertig gemacht hatte. Und ich konnte mir auch nur schwer erklären, warum ich hier war - wo auch immer das sein sollte. 

Als ich die Augen wieder öffnete, fielen goldene Lichtstrahlen in mein Sichtfeld - ich sah direkt zu einem Fenster, aber die Sonne blendete so stark, dass ich außenherum nichts erkennen konnte. Ich kniff die Augen zusammen, was aber einen stechenden Schmerz hinter meiner Stirn auslöste. Erneut stöhnte ich und versuchte, meine Gesichtszüge zu entspannen. Sobald sich meine Augen an das gleißende Licht gewöhnt hatten, kam mir die Gegend mehr und mehr bekannt vor. 

Die hohen Steinmauern, die weiten Fenster und vor allem die metallenen Gestelle der Krankenbetten ließen darauf schließen, dass es sich um den Krankenflügel aus Hogwarts handeln musste. 

Ich drehte meinen Kopf, suchte nach weiteren Bekannten hier drin, aber ich war wohl die Einzige. Alle anderen Betten waren unbesetzt, aber auch sonst stand niemand herum. Ich wusste nicht, wie spät es war, aber der Sonne nach zu urteilen wohl irgendwann am Vormittag. 

Während ich all meine Energie sammelte, um mich vorsichtig aufzusetzen, hörte ich plötzlich, wie die Tür aufging. Das leise Knarzen war das einzige Geräusch in dem großen Raum und hörte sich irgendwie deplaziert an. Ich konnte nicht sehen, wer das Krankenzimmer betrat und an den Geräuschen konnte ich es auch nicht erkennen. Allerdings schmerzte mein Kopf auch zu stark, um darüber nachzudenken.

Als eine erneute Welle des unangenehmen Stechens hinter meiner Stirn begann, schloss ich die Augen. Was war denn bitte passiert, dass ich mich jetzt fühlte, als wäre ein Auto über mich gefahren? Ich fing an meine Schläfen zu massieren, als ich eine nur allzu vertraute Stimme wahrnahm. 

"Hey kleine Hexe." Mein Blick schoss sofort hoch, um meinen Gegenüber zu sehen, obwohl ich natürlich bereits genau wusste, wer da wohl stand. Draco.

Er lächelte, sobald ich ihn ansah, was mich ebenfalls ganz leicht lächeln ließ. Auch wenn sich alles in meinem Kopf drehte und der Schmerz wie ein Feuer brannte. 

Draco war ziemlich blass, aber vielleicht lag das auch einfach am Licht. Oder an diesem Teil Hogwarts. Der ließ alles irgendwie ein bisschen kränklich aussehen. Seine Hände hatte er in Hosentaschen vergraben, er trug eine schwarze Jacke über seinem Hemd statt des Umhangs. Aber er sah unglaublich gut aus. Ich spürte, wie sich Wärme auf meinen Wange ausbreitete und als ob er meine Gedanken gelesen hatte, wurde auch sein Grinsen breiter. Er legte den Kopf schief und kam direkt neben mich ans Bett. Ich verfolgte jeden einzelnen Schritt. 

"Wie geht es dir?", fragte er sanft, als er sich vorsichtig auf die Bettkante niedergelassen hatte. Ich zuckte nur mit den Schultern. Es ging mir zwar elend, aber in seiner Anwesenheit rückte das alles nach hinten. Draco streckte seine Hand aus und strich mir eine Sträne aus dem Gesicht. Seine Finger bewegten sich so behutsam, als hätte er Angst, etwas zu zerbrechen. Die Berührung löste ein Kribbeln in mir aus. 

"Du hast mir einen riesigen Schrecken eingejagt.", murmelte er ohne mich anzusehen. "Ich dachte, ich würde dich verlieren."

Ich war unfähig, auch nur ein einziges Wort zu sagen. Auch wenn ich gerne gewusst hätte, von was er da sprach, denn bis jetzt war meine Erinnerung noch nicht wieder gekommen. "Ich dachte wirklich, du würdest sterben, Hermine." Draco sah mich an, sein Blick fesselte meinen so intensiv, dass ich beim besten Willen nicht wegsehen konnte. So starrte ich ihm also entgegen, mit weit aufgerissenen Augen, mein Körper explodierte fast vor Aufregung. Seine Finger waren von meiner Stirn hinter mein Ohr, den Kiefer entlang gewandert und lagen jetzt auf meiner Unterlippe. 

Die Wärme fühlte sich angenehm, aber irgendwie auch quälend an. Mein Unterbewusstsein, das merkte ich, wollte ich diesem Moment nichts anderes, als seine Lippen spüren. Unauffällig, aber wahrscheinlich doch ziemlich offensichtlich, weil er mich ja die ganze Zeit ansah, rutschte mein Blick zu seinen Lippen. Wäre da nicht sein Finger gelegen, hätte ich mir jetzt auf die Unterlippe gebissen. 

"Oh Hermine,", raunte er leise, "weißt du eigentlich, was du mit mir machst." Und dann küsste er mich endlich.

Das Gefühl war berauschend. So voller Hingabe, ich konnte all seine Angst und Verzweiflung spüren, aber auch die Erleichterung. Der Kuss war atemberaubend. Mein Innerstes zog sich zusammen und auch ich legte alle meine Gefühle in diese Berührung, die immer intensiver wurde. Draco hatte mein Gesicht in seine Hände genommen. Ich konnte spüren, dass er mehr wollte, so begierig wie er jeden Millimeter meiner Lippen ausnutzte. Und ich konnte nicht vermeiden, dass auch ich verlangender wurde. 

Ohne darüber nachzudenken waren meine Finger an seiner Brust, seinem Hemdkragen gelandet und hielten daran fest. Ich zog die Beine an und setzte mich auf die Knie, weil Draco selbst im Sitzen deutlich größer war als ich. Die Decke des Krankenbettes fiel von meinem Schoß, als ich mich leicht aufrichtete. Ich merkte nebenbei, das ich nur eins der dünnen Hemdchen hier trug, das jetzt luftig um meine Schenkel flatterte. 

Währenddessen unterbrachen wir die Berührung kein einziges Mal. Ich spürte, wie er lächelte, aber nicht von meinen Lippen abließ. Auch nicht, als ich näher an ihn drängte und meinen Oberkörper an seine Brust presste. Da bemerkte ich allerdings, dass ein Zittern durch seinen Körper ging und mich eine Welle von Aufregung erfasste. 

Erst, als wir das Gleichgewicht verloren und er nach hinten auf das Bett fiel, ich auf ihn drauf, da löste ich mich, um mich noch rechtzeitig abzustützen. Ein erschrockenes Quitschen verließ meine Kehle. Draco lachte rau, atemlos, aber mit strahlenden Augen. Ich keuchte ebenfalls, während sich meine Lungen wieder mit Luft füllten. 

Draco grinste mich frech an. "Es scheint dir ja wieder hervorragend zu gehen." Lachend stieß ich ihm gegen die Brust, beugte mich erneut vor, um ihm einen Kuss aufzuzwängen, aber er hielt mich an den Schultern fest. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich ihn an. Mein Körper explodierte vor Adrenalin und gerade von Draco hätte ich so etwas kaum erwartet. Liebevoll und irgendwie entschuldigend fuhr er die Konturen meiner Lippen nach. 

"Du solltest dich ausruhen. Du musst erst wieder zu Kräften kommen.", meinte er, richtete sich wieder auf und drückte mich dabei sanft nach hinten ins Kissen zurück. Unzufrieden ließ ich ihn machen. Er hatte ja recht, auch wenn ich immer noch keine Erinnerung hatte. 

Während er die Decke hochzog und dabei krampfhaft versuchte, nicht auf meine Brüste zu sehen, die offensichtlich unter dem weißen, dünnen Stoff deutlicher sichtbarer als erwartet waren, verfolgte ich jede Bewegung. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Männer waren doch so gleich. 

Dann sah mir Draco tief in die Augen. Ich schluckte. In seinem Blick war nichts mehr von dem Begehren wie noch eine Sekunde zuvor, stattdessen nur Sorge. "Ich habe wirklich geglaubt, ich hätte dich verloren." Seine Stimme war leise und deswegen umso einprägender. "Ich hatte solche Angst um dich, Hermine. Es wäre das schlimmste gewesen, wenn du ... wenn du da draußen, ich meine ..." Er konnte es nicht aussprechen, aber seine Augen verrieten, was er sagen wollte. Ich war beinahe erschrocken um die plötzliche und so intensive Gefühlswandlung. 

Und das Draco so verzweifelt aussah, brachte mich fast um. Beruhigend legte ich eine Hand an seine Wange. "Ich bin doch hier, Draco. Und ich gehe nicht mehr weg. Versprochen." Er fasste nach meiner Hand und sah mich an, voller Liebe und Dankbarkeit. "Womit habe ich dich nur verdient.", flüsterte er fast lautlos, worauf ich lächeln musste. 

Wir hatten eigentlich schon so viel Zeit miteinander verbracht, seit wir klein waren. Und trotzdem hatte es so lange gedauert, um zu erkennen, dass es doch eine andere Verbindung als nur Häme füreinander gab. Hätte man mir vor ein paar Jahren gesagt, dass ich einmal solche Gefühle für meinen damaligen Erzfeind empfinden würde, hätte ich denjenigen ungläubig ausgelacht. Aber jetzt kam es mir fast vor, als wären wir füreinander geschaffen worden. Und das fühlte sich unglaublich gut an.



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