-18- Halloween

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Draco's P.O.V

Als Granger vor mir wirklich Ja sagte, war ich überrascht. Ich bemühte mich um einen überlegenen Gesichtsausdruck, aber mein Inneres war verwirrt. Ich hatte nicht erwartet, dass sie sich zu solch einer Antwort und dann vor geschätzt der halben Schule hinreißen ließ.
Gut, ich war ihr dankbar, denn sonst wäre ich wie ein Idiot dagestanden. Wie gesagt, vor der halben Schule. Aber den meisten Schülern waren eben unsere Streitigkeiten bekannt, die wenigsten hätten das erwartet.
Wie auch immer, Hermine war nun offiziell meine Begleitung und diese Tatsache erfüllte mich irgendwie mit wohliger Zufriedenheit. Blaise hatte es nur am Rande mitgekriegt. Als wir uns im Schulsprecher-Turm getroffen hatten, hatte er nur fragend eine Augenbraue hochgezogen. Ich hatte keine Ahnung mehr, ob er die Wette laufen ließ, abgebrochen oder sonst was damit gemacht hatte. Aber es war mir ziemlich egal, denn selbst wenn er eine bescheuerte Wette am Laufen hatte, ich war niemals darauf eingegangen.

Und heute war es soweit. Der Ball würde heute Abend stattfinden. Der Unterricht sollte deswegen früher enden, die Schulsprecher konnten dann allerdings nicht, wie ich gehofft hatte, einfach im Turm bleiben und ihre freie Zeit genießen. Natürlich nicht.
Wir beide sollten nach Plan den ganzen Tag in der Turnhalle stehen und den Professoren beim Herrichten helfen. Ich stöhnte beim Gedanken daran auf, aber was half das schon? Hatten wir eine Alternative? Nein.
Wohl oder übel machte ich mich morgens mit Blaise auf zum Unterricht. Ich hatte heute zu meinem Bedauern kein einziges Fach mit Granger. In letzter Zeit genoss ich ihre Anwesenheit immer mehr, zumal wir uns auch nicht mehr ständig in die Quere kamen. Wir agierten miteinander, als wäre nie etwas zwischen uns gewesen, weder ein Streit, noch ein Kuss.

Ich merkte, dass Granger dieses Thema unangenehm war. Mittlerweile wusste ich selbst nicht mehr, was mich dazu bewegt hatte. Aber es ließ sich nun einmal nicht mehr ungeschehen machen, auch wenn ich mir es sehnlichst wünschte. Ich wollte es anders angehen. Ja, ich wollte eine Beziehung mit ihr eingehen, aber nicht eine Liebes-Beziehung. Eine einfache, freundschaftliche Basis schaffen und unseren jahrelangen Hass einfach vergessen. Und ich hatte den besten Anfang zerstört, indem ich sie töricht geküsst hatte. Ich war so ein Idiot.
Doch Granger schien diesen Zwischenfall nicht mehr sonderlich zu beachten. Sie erwähnte ihn mit keinem Wort, machte einen großen Bogen um jegliche Themen, die damit zu tun haben könnten, doch unsere beginnende Freundschaft störte es nicht. Und wieder einmal merkte ich, wie reif sie war, wie erwachsen und was für einen starken Charakter die kleine Hexe besaß.

Als der Unterricht beendet war, nickten Blaise und ich uns zu und er verschwand. Wir redeten irgendwie wenig miteinander. Ich hatte das Gefühl, er verschwieg mir etwas, aber ich konnte ja schlecht was anderes von mir sagen, denn ich hatte ihm gar nichts von Granger erzählt. In Gedanken versunken ging ich zur großen Halle, in der der Ball stattfinden sollte. Unachtsam betrat ich den Raum und direkt prallte jemand gegen mich. Instinktiv hielt ich meinen Gegenüber fest, bevor dieser auf den Boden fallen konnte. Da erkannte ich Hermine. Ihre wirren Locken hatte sie zu einem unordentlichen Zopf gesteckt, der ihr Gesicht
nur noch weiblicher erschienen ließ. Sie war bildhübsch, dabei trug sie nur ihre einfache Schuluniform. Warum war mir das früher nie aufgefallen? Ich spürte, wie sie sich ein kleines bisschen anspannte, als sie so dicht an meine Brust angelehnt stand. ,,Na?", fragte ich grinsend. ,,Hast du mich schon vermisst?"
Ich konnte nichts gegen den leicht sarkastischen Unterton machen, wollte mich entschuldigen, aber sie zog nur eine Augenbraue hoch und lachte. ,,Sicher. Kannst du mich jetzt loslassen?" Gerade als ich meine Arme sinken lassen wollte, räusperte sich jemand neben uns. Erschrocken fuhren wir auseinander und drehten uns um, Granger's Wangen verfärbten sich rosa. Sie war süß, wenn sie sich schämte.

,,Heute Abend können Sie noch genug tanzen. Ich erwarte jetzt Ihre Hilfe.", meinte McGonagall und zeigte mit undeutbarem Blick auf uns beide. Ich nickte gehorsam und folgte ihr, flüsterte "Bis später" und warf Granger noch einen Blick zu. Sie stand immer noch da, ihre Hand umfasste ein kleines Notizbuch, mit der anderen bemühte sie sich, ihre Uniform zurecht zu zupfen. Ihre Wangen leuchteten rosa, aber sie sah so wahnsinnig süß aus, dass ich schlucken musste. Was waren das für wirre Gefühle? Kopfschüttelnd folgte ich der Professorin. Ich konnte später noch genug über sie nachdenken.

Knapp vier Stunden später war alles soweit hergerichtet, dass der Ball beginnen konnte. Wir hatten uns wirklich selbst übertroffen und ich bewunderte Granger für ihr Geschick, Farben und Dekorationen aufeinander abzustimmen, Dinge zu planen. Ich selbst hätte das wirklich niemals hinbekommen. Die ganze Halle leuchtete, obwohl es nicht direkt strahlende Lichtquellen gab. Die Decke war mit dicken Wolken bedeckt, in denen kleine schwache Blitze den Saal erhellten. Die Fenster waren mit dünnen schwarzen Netzen ausgehängt, in denen Spinnen hingen und silbrig glänzende Fäden sponnen. In jeder Ecke stand ein brauner Kübel mit einer riesigen Pflanze, deren Ende man allerdings nicht sehen konnte, allerdings hörte ich von oben, über den Wolken, ein gewaltiges Stampfen, und von der ein klebriger dunkler Saft tropfte. Hermine meinte, sie würden die Bohnenpflanze aus Jack und die Riesen imitieren, ich hatte noch nie von diesem Märchen gehört. Es war ein Muggelmärchen, hatte sie mir erklärt.
Auf dem Boden kroch langsam eiskalter Nebel umher, aber wenn man tanzte, spürte man ihn kaum.
Alles in allem, es war wunderbar und ich freute mich immer mehr auf den Abend.

Blaise und ich hatten uns für ähnliche Outfits entschieden, mit wenig Trara. Klassisch war auch gut. So stand ich also in einem schwarzen Anzug am Fuß der Treppe zum Schulsprecher-Turm und wartete. Mein bester Freund war schon abgerauscht, er hatte sich irgendein Mädchen aus Slytherin gesucht, die ich nicht kannte. Vielleicht kannte er sie selbst nicht, aber das Weasley-Mädchen hatte ihm kein bisschen Aufmerksamkeit geschenkt. So musste Blaise sich deprimiert ein anderes Date angeln. Vielleicht würde ich Hermine überreden können, ein bisschen mit ihrer Freundin zu reden. Allerdings dürfte das schwer werden, nachdem sie so ein Drama wegen ihrem Freund gemacht hatte.
Bevor ich jedoch weiter denken konnte, trat Hermine um die Ecke und mir stockte der Atem.
Ich hatte ja gewusst, das Hermine hübsch war, aber heute Abend würde ich wohl das schönste Mädchen der ganzen Schule begleiten. In mir brannte etwas, es kitzelte in meiner Brust. Ich hatte keine Ahnung, was das war, aber ich bemühte mich, es zu ignorieren. Granger ist auch nur eine Hexe an Hogwarts. Sie will nichts von mir und nach der Schule wird sie mich vergessen. Genau wie ich sie. Zwingend redete ich mir den Gedanken wieder und wieder ein, doch das seltsame Kitzeln ließ sich nicht vertreiben. Vielleicht war es ja auch einfach nur die Genugtuung, dass ich das schönste Mädchen der Schule begleiten durfte und niemand anderes. Das musste es sein. Unbemerkt atmete ich wieder aus und betrachtete Granger. Ihre Haare hatte sie kunstvoll zusammengesteckt, nicht wie heute Mittag. Einzelne Locken kringelten sich an ihrem Hals. Ihr Gesicht war nur zart geschminkt, aber sie brauchte eigentlich überhaupt kein Make up. Ihre Augen leuchteten auch so schön genug, um alles zu überstrahlen. Und dann ihr Kleid. Es war schwarz wie die Nacht, schmiegte sich anmutig an Hermine's Oberkörper, brachte ihre nahezu perfekten Kurven zum Vorschein und betonte ihre Brust, sodass ich schlucken und mich bemühen musste, nicht zu lange darauf zu starren. Ab ihrer Taille etwa fiel es weit auf die Seiten. Es musste sich wunderbar drehen, wenn wir tanzen würden. Ich lächelte. Hermine und ich hatten uns kein bisschen abgesprochen und dennoch passten wir zusammen wie Sonne und Mond. Jeder würde ihr seine Aufmerksamkeit schenken, jeder würde sie anhimmeln, doch sie war mit mir da. Ich spürte, wie sich warme Zufriedenheit in mir ausbreitete.

,,Na?", begrüßte sie mich lächelnd. ,,Na? Du siehst .... wunderschön aus." Ich war erstaunt, wie leicht mir diese Worte über die Lippen kam. Sie wurde wieder rot, fing sich aber gleich. ,,Dankeschön. Du siehst auch nicht schlecht aus.", meinte sie ehrlich. Ich lachte, hielt ihr meinen Arm hin, den sie freudig ergriff.
Wir schritten durch das Schloss bis zur Halle. Die Schüler, an denen wir vorbei kamen, waren meist jünger als wir und gafften uns hinterher. Ich merkte, dass es Hermine unangenehm war, doch ich legte ihr beruhigend die Hand auf den Arm. ,,Sie bewundern dich.", flüsterte ich grinsend. ,,Wirklich?"
In ihren Augen spiegelte sich Ehrfurcht. Aufmunternd nickte ich. ,,Natürlich. Du wirst heute Abend das schönste Mädchen sein. Wer bewundert dich da nicht?" Schon wieder färbten sich ihre Wangen rosa.
,,Na gut. Dann lass uns jetzt gehen.", sagte sie tapfer und ein ehrliches Lächeln setzte sich auf ihre roten Lippen.

Und mit einem Mal wusste ich, was das Kribbeln war. Ein unerträgliches Bedürfnis, Hermine als mein Eigenes zu bezeichnen. Mein Inneres wollte nicht nur eine Freundschaft. Diese Liebesbeziehung, die ich zuerst verworfen hatte, war es das? Aber... Liebte ich Hermine? Liebte ich das Mädchen, dass ich jahrelang gedemütigt und beleidigt hatte? Dass mich gehasst hatte und ich auch sie? War es nicht total unrealistisch, wie ich in diesem Moment dachte, fühlte? Konnte das überhaupt gehen?
Doch als ich ihre zarten, rot geschminkten Lippen betrachtete, wusste ich, dass es ging. Und das es eingetreten war. Ich war verliebt in dieses Mädchen, ich war verliebt in Hermine Granger.

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