Kapitel 3

1.6K 49 0
                                    

Es war ein einziges Gedränge, welches die Ferox veranstalteten. Sie quetschen sich links und rechts an den Leuten vorbei und dementsprechend war es nicht gerade einfach mit ihnen Schritt halten zu können. Draußen angekommen, ging der ganze Spaß weiter. Sie jubelten und rannten mitten auf der Straße. In diesem Moment war ich froh, dass meine Mom stets auf unsere Gesundheit und Sportlichkeit geachtet hatte, da es zu einem extremen Ausdauerlauf werden würde. Noch konnte ich gut mithalten, aber wenn wir jetzt noch fünf Minuten in diesem Tempo weiterrennen würden, könnte es kritisch für mich werden. Da ich relativ in der Mitte war, konnte ich sehen, wie die vorderen Ferox stehen blieben und die Metallpfeiler zu den Schienen hinauf kletterten. Ohne nachzudenken stellte ich mich unten an und machte es ihnen anschließend nach. Zum Glück waren dort gewisse Stangen angebracht, so dass man einfach hinauf klettern konnte. Oben angekommen, drehte ich mich noch einmal kurz um und blickte auf die Stadt herab. Es war einfach unbeschreiblich schön und ich fühlte mich freier denn je.
Doch auf einmal wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, da die Plattform anfing zu vibrieren und der Zug sich langsam näherte. Die Ferox setzten sich wieder in Bewegung und ich beobachtete wie sie durch die offenen Wagontüren in den Zug hineinsprangen.
Oh je das könnte problematisch werden. Ich blickte nach links und ein gebürtiger Ferox reichte mir seine Hand, um mir hinein zu helfen. Ohne zu zögern nahm ich sein Angebot an und schon war ich im Zug.
„Dankeschön, ich weiß nicht was ich ohne dich gemacht hätte."
Er begutachtete mich von oben bis unten und meinte schließlich: „Für die rebellische Tochter der Matthews würde ich alles tun." – „Das war einmal. Jetzt habe ich nichts mehr mit meiner Mutter gemeinsam."– „ Ich bin übrigens Paul, gebürtiger Ferox und Frauenheld." – „ Schön, dass du auf so etwas stolz bist." – „Hey, ich kann auch nichts dafür, dass ich so gut aussehe und ich finde übrigens, dass du und ich auch hervorragend zusammen aussehen würden." – „ Ah ja, da muss ich dich leider enttäuschen - kein Interesse."
Ich lehnte mich an eine Wand an und beobachtete die Landschaft. Aus dieser Perspektive hatte ich die Stadt noch nie gesehen und es war schon fast unfair, dass nur die Ferox in diesen Genuss kamen, da sie die Einzigen waren, welche sich per Zug fortbewegten. Auf einmal schrie ein Candor neben mir: „Oh mein Gott, sie springen!"
Ich begab mich schlagartig auf die andere Seite des Zuges und sah, wie mehrere Ferox aus dem  fahrenden Zug auf das Dach eines Gebäudes sprangen. Paul stand wieder mit einem verschmitzten Lächeln neben mir: „Bis dann Matthews."
Keine Sekunde später sprang er und rollte sich wie ein Profi ab. Ich schloss meine Augen atmete noch einmal tief ein und aus und machte es ihm schließlich nach. Meine Landung war natürlich nicht so glimpflich und ich schürfte mir meine Knien auf dem Kies auf: „Wahnsinn. Ich bin noch am Leben."
Vor mir sah ich schon, wie sich die anderen Initianten versammelten und ich gesellte mich dazu.
Plötzlich ertönte eine Stimme: „Alle mal her hören! Mein Name ist Max! Ich bin einer von den Anführern eurer neuen Fraktion. Einige Stockwerke unter uns ist der Eingang zu unserem Hauptquartier solltet ihr euch nicht trauen herunterzuspringen, dann gehört ihr nicht hierher. Die Fraktionswechsler haben natürlich Vorrang."
Ich blickte nach rechts und nach links und stellte fest, dass es nur acht Fraktionswechsler gab. Ich war die einzige von den Ken, drei von den Amite, vier von den Candor und keiner von den Altruan. Anscheinend hatte Moms Ansprache teilweise die Ken dazu bewegt, in der Fraktion zu bleiben.
Da sich immer noch niemand gemeldet hatte, verlor ich die Geduld und nahm meinen Mut zusammen: „Wenn keiner möchte, muss ich wohl den Anfang machen."
Max machte mir den Weg frei und ich stieg ohne nachzudenken auf die kleine Mauer und sprang. Während des Falls schloss ich meine Augen und genoss den Wind, ohne mir Gedanken zu machen, was mich gleich erwarten würde. Statt eines harten Aufpralls wurde ich von einer Art Netz abgefangen, welches mich noch einmal etwas in die Höhe katapultiert, bevor ich endgültig unten ankam.
Ein sehr gut aussehender junger Mann half mir aus dem Netz und ich bedankte mich bei ihm.
,,Wie ist dein Name?" – „Liv. Liv Matthews."
Er zog seine Augenbrauen nach oben und meinte anschließend abwertend: „Der Nachname ist irrelevant. Erste Springerin: Liv. Willkommen bei den Ferox."
Ich nickte nur und ging nicht weiter auf seine Bemerkung ein. Meine Entscheidung fiel auf den Namen Liv, da mich meine Schwester immer so nannte, wenn sie ihre Förmlichkeit kurz vergaß und er mir auch 1000 Mal besser gefiel als Olivia.
Nachdem es endlich alle herunter geschafft hatten, führten uns eine Frau namens Lauren und der Mann, der mich aus dem Netz geholt hatte, einen schmalen Gang entlang. Bei den Ferox hatte man das Gefühl, dass sie inmitten eines Berges leben würden, da es tunnelartige Gänge waren, durch die wir gingen. Auf einmal blieben wir abrupt stehen und Lauren verkündete, dass sich die Initianten der Ferox hier von den Fraktionswechslern trennen würden, da diese ja keinen Rundgang mehr nötig hätten. So entfernten sich die schwarz gekleideten Personen von uns und der Mann begann: „Ich heiße Four. Normalerweise arbeite ich im Kontrollraum aber in den  nächsten vier Wochen werde ich eure Ausbildung übernehmen. Fragen?"
Am Liebsten würde ich ihn fragen, wie er zu seinem Namen gekommen ist, aber das wäre vermutlich keine gute Idee. So fuhr er fort: „Gut, dann gehen wir jetzt als erstes in die Grube."
Grube war wahrlich passend, da es wie eine Höhle aufgebaut war und die Felswände sehr hoch hinaus ragten. Four erklärte uns noch, dass dies Lebensmittelpunkt bei den Ferox wäre und zeigte uns als Nächstes die sogenannte Schlucht. Nun standen wir alle auf einem schmalen Steg mit einem beachtlichen Abgrund unter uns. Es war faszinierend und beängstigend zugleich, da man in die Dunkelheit blickte, aber auch wenn man genau hinschaute, einen Fluss erkennen konnte.
Er fügte hinzu: „Die Schlucht soll uns immer daran erinnern, dass der Grat zwischen Tapferkeit und Dummheit sehr schmal ist. Einige haben sich hier schon heruntergestürzt und waren logischerweise sofort tot."
Anschließend gingen wir zurück zur Grube beziehungsweise eher durch sie hindurch und landeten in eine Art Speisesaal. Anscheinend war gerade Stoßzeit, denn es war rappelvoll. Four führte uns jedoch an einen leeren Tisch, auf welchem verschiedene Speiseplatten angerichtet waren. Mein Herz schlug höher, als ich das Rindfleisch sah und ich sagte leise: „Ich bin im Himmel."
Dafür kassierte ich einen bösen Blick eines Amite Jungen und ich zuckte nur mit den Schultern. Ich kann ja nichts dafür, dass ich kein Vegetarier/Veganer war. Jedem das Seine.
Wir setzten uns alle gemeinsam an den Tisch und ich nahm mir etwas von den Kartoffeln, dem Broccoli und natürlich dem Rindfleisch. Die Tür der Cafeteria wurde aufgeschlagen und Max kam mit einem anderen Mann hinein, der mir auf eine seltsame Art und Weise bekannt vorkam. Anscheinend haben die beiden hier viel zu sagen, denn es wurde für einen kurzen Moment totenstill im Raum. Ich bemerkte, dass sie nach jemandem Ausschau hielten und als sie Four entdeckten, kamen sie beide auf uns zu. Max und der Andere platzierten sich nun jeweils rechts und links von Four und ich saß ihnen nun direkt gegenüber. Der Unbekannte sagte: „Und ist etwas brauchbares bei den Fraktionswechslern dabei oder können wir sie gleich zu den Fraktionslosen schicken?"
Ich war für ein kurz Moment erstaunt. Tat er gerade wirklich so, als ob wir nicht hier wären? Ich meine, noch auffälliger als mit unserer Kleidung könnten wir ja nicht sein. Am Liebsten hätte ich etwas gesagt, aber ich entschied die Situation erstmal weiter zu beobachten. Four antwortete: „Schwer zu sagen Eric oder wie siehst du das, Matthews?"
In diesem Moment verschluckte ich mich fast an meinem Essen und ich blickte nun direkt in die Augen von Four. Schön, dass er es mir noch einmal unter die Nase reiben musste, dass ich bei der Initiation fälschlicherweise meinen Nachnamen gesagt hatte. Ich setzte also ein falsches Lächeln auf und antwortete: „Da kann ich Four nur zustimmen. Ich glaube zum jetzigen Zeitpunkt wäre es voreilig eine Aussage darüber zu treffen."
Eric sah mich nun ganz genau an: „Gewählte Ausdrucksweise, blauer Anzug und der Name Matthews. Eindeutig von den Ken."
Four stocherte in seinem Essen herum: „Da frage ich mich, wo bei dir die gewählte Ausdrucksweise war."
Er blickte ihn nun finster an. Es passte ihm wohl gar nicht, dass Four uns somit indirekt verraten hatte, dass er ebenso wie wir ein Fraktionswechsler war. Eric meinte abschließend in einem leiseren, aber härteren Ton zu ihm: „Vorsicht, Tobias."
Nun ließ Four seine Gabel fallen und sie schauten sich finster an. Es machte den Eindruck, als ob sie sich gleich prügeln würden. Ok, zu Beginn dachte ich noch, dass sie eventuell befreundet wären, aber es war anscheinend das genaue Gegenteil. Auf einmal erhob sich Max und meinte: „Schluss damit. Ich glaube, es ist jetzt an der Zeit, dass du unseren neuen Initianten ihren Schlafraum zeigst, Eric."
Eric schaute immer noch finster, doch wandte sich schließlich an uns: „Mitkommen!"
Obwohl noch niemand von uns mit dem Essen fertig war, sprangen wir auf und folgten ihm. Wir gingen durch verschiedenste Gänge und ich glaube, dass ich mich niemals wieder zurück finden würde. Plötzlich blieb er dann stehen und meinte: „Wer es noch nicht mitbekommen hat, ich bin Eric. Einer der fünf Anführer der Ferox. Da wir die Initiation bei den Ferox sehr ernst nehmen, habe ich mich freiwillig bereit erklärt den Großteil eurer Ausbildung persönlich zu übernehmen."
Na das würde ja ein Spaß werden, wenn der Typ schon nach einer winzigen Bemerkung an die Decke ging. Er erklärte uns nun die Grundregeln:
- Treffpunkt ist um acht im Übungsraum
- das Training findet täglich von 08:00 bis 18:00 Uhr statt mit einer Mittagspause
- ab 18:00 Uhr können wir machen, was wir wollen, doch das Gelände darf man nur in Begleitung eines Ferox verlassen.
Er öffnete die Tür hinter sich und zeigte uns den Schlafraum mit insgesamt zwölf Betten und Gemeinschaftsduschen beziehungsweise Toiletten. Jeder suchte sich ein Bett aus und er meinte noch, bevor er ging: „Genaueres erfahrt ihr morgen früh. Jetzt verbrennt endlich eure alten Sache und kleidet euch anständig."
Das taten wir dann anschließend auch und ohne weitere Ereignisse ging ich dann schließlich schlafen.

Not alone  [Divergent/Eric FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt