Kapitel 24

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Wir rannten die Straßen entlang und ich beobachtete währenddessen schon ein wenig die Fraktionswechsler, um mir ein Bild von meinen Opfern zu machen. Es waren mehrere Candor unter ihnen, vier Ken, zwei Amite und natürlich eine Altruan. Eigentlich stellten so ziemlich alle ein Bedrohung für mich dar außer die Candor, das konnte ein Spaß werden. Zum Glück lernt man bei den Ken gut zu lügen ansonsten würde diese Mission schon sehr bald vorbei sein. Das Heraufklettern war mittlerweile überhaupt kein Problem mehr und ich hatte zunächst überlegt mich etwas dümmer anzustellen, aber die Initianten waren in diesem Moment bestimmt genug mit sich selbst beschäftigt. Beim Einsteigen in den Zug ließ ich mir jedoch etwas mehr Zeit und blieb mit Absicht als Letzte zurück. Dann sprang ich an den letzten Wagon heran und hievte mich hinein. Doch mit Erschrecken musste ich feststellen, dass bereits der erste Fraktionswechsler scheiterte und zurückblieb. Ein Ken weniger, gut so. Ich versuchte mich zunächst unauffällig zu verhalten und blieb in der Ecke stehen, um sie von weitem zu beobachten. Beatrice hatte anscheinend schon Anschluss gefunden, denn sie saß auf dem Boden des Wagons und unterhielt sich mit einem Candor Mädchen. Es war auch eine kleine Gruppenbildung der Candor erkennbar und die Amite blieben auch erstmal unter sich. Na super, nun wirke ich wie der Außenseiter. Doch die Zugfahrt verging ziemlich schnell und ich sah, dass wir uns allmählich dem Hauptgebäude näherten, also ging ich zu den anderen, um zu sehen, wie sie auf das Folgende reagieren würden. Lauren rief nun durch den ganzen Zug: ,,Macht euch bereit!" und man sah, wie sich alle fragten, was sie wohl meinte. Kurz darauf ertönten die Worte: ,,Sie springen ab!" und sie blickten alle erschrocken heraus. Um den Schein zu wahren, tat ich es ihnen gleich und das eine Candor Mädchen meinte: ,,Wenn sie springen, müssen wir es auch."
Der Amite Junge meinte fest entschlossen: ,,Ich mache das garantiert nicht!"- ,,Du musst sonst bist du fraktionslos." - ,,Das ist mir egal!"
Das Mädchen, welches die ganze Zeit neben ihm stand, umarmte ihn noch einmal und rannte plötzlich los, um einen Absprung zu wagen. Jedoch sprang sie nicht richtig ab und verfehlte das Dach. Der Moment kam mir wie in Zeitlupe vor und ich würde ihn definitiv bis an den Rest meines Lebens niemals vergessen, da er einfach zu schrecklich war. Ein Candor Junge meinte jedoch daraufhin ganz trocken: ,,Schwächlinge, alle miteinander."
Ich biss mir zwar auf die Zunge, aber in diesem Moment konnte ich mich nicht zurückhalten: ,,Wie bitte? Dann mach es doch besser du Großmaul."
Er lächelte mich nur an, richtete seinen Kragen und meinte: ,,Pass auf und lern was Blumenmädchen."
So zögerte er keine Sekunde und rannte los. Leider Gottes landete er auf beiden Beinen und sein hämisches Grinsen konnte ich bis hierher sehen. Die anderen verließen so ziemlich zum gleichen Moment wie ich den Zug und ich rollte mich wie gelernt ab, um größere Verletzungen am Anfang so gut wie möglich vermeiden zu können. Dann ging ich zu dem Candor Jungen hin und spuckte ihm vor die Füße: ,,Wer sollte jetzt von wem lernen, hm?" - ,,Ich finde es ja höchst interessant, wie du das so einwandfrei hinbekommen hast." - ,,Wenn man öfter mal vom Obstwagen während der Ernte herunterspringt, sollte man für den Notfall gewappnet sein."
Ich zog an ihm vorbei und gesellte mich zu der Masse ohne noch einmal umzudrehen, da ich es wirklich nicht sehen wollte, wie der Leichnam des armen Mädchens aussah, so wie einige andere. Eric blickte mir für einen Moment kurz in die Augen und ich hatte das Gefühl, dass mich einen Blitz durchjagen würde. Ich dachte bisher, dass ich mit ihm abgeschlossen hatte, aber es lag vermutlich nur daran, dass ich ihn monatelang nicht gesehen hatte und jetzt kam alles hoch.
Er wandte seinen Blick schließlich wieder ab und begann mit seiner Ansprache: ,,Alle mal herhören! Ich bin Eric, einer eurer Anführer bei den Ferox. Wenn ihr zu uns dazugehören wollt, ist das hier der Weg hinein. Solltet ihr jedoch zu feige sein, gehört ihr nicht hierher."
Ein Junge von den Ken fragte ihn daraufhin, ob dort unten Wasser sei. Doch Eric antwortete lediglich damit, dass er dies schon herausfinden würde oder auch nicht. Er fragte wer anfangen wollen würde und es herrschte eine Totenstille. Aber auf einmal meldete sich Beatrice zu Wort und ging auf den Abgrund zu. Wow, vielleicht war sie hier doch gar nicht so verkehrt wie ich dachte. Schließlich hatte ihr Testergebnis unter anderem Ferox ergeben, aber ich weiß genau wie schwer es war, hier unerkannt zu bleiben.
Beatrice brauchte noch eine ganze Weile und zog ihre Jacke aus, woraufhin der Candor-Spinner wieder einen dummen Kommentar abließ und schließlich sprang sie ohne einen Laut von sich zu geben. Eric blickte durch die Menge: ,,Die gebürtigen Ferox sollten sich an dieser Stelle schämen, dass eine Stiff mehr Eier hat, als ihr."
Daraufhin ging einer der gebürtigen Ferox an die Kante und machte einen Salto hinunter und ich verdrehte die Augen - so ein Angeber. Eric blickte mich in diesem Moment an und lächelte schon wieder so hämisch. Das konnte nichts gutes bedeuten.
,,Sieh an, eine von dreien  hat es doch noch hierher geschafft. Mal sehen, wie lange noch."
Das war natürlich eine hervorragende Vorlage für den gehässigen Candor, der eine Reihe vor mir stand: ,,Ich gebe ihr zehn Minuten."
Ich biss mir auf meine Zunge, drängelte mich nach vorne und ruckelte ihm dabei mit meiner Schulter an :,,Geh mir aus der Sonne."
Eric bot mir an der Kante seine Hand an und ich zögerte einen Moment, bevor ich sein Angebot annahm. Hätte ich es bloß nicht gemacht. Keine Sekunde später, griff er um und somit lag seine eine Hand an meinem Rücken, die andere am Ellenbogen und er stellte mir ein Bein. Das hatte zur Folge, dass er mich perfekt herunterstoßen konnte und ich erschreckte mich so sehr, dass ich mir auch einen kurzen Schrei nicht unterdrücken konnte. Ich kam also dementsprechend mit dem Bauch zuerst auf und es fühlte sich an wie ein Peitschenhieb ins Gesicht. Der Schmerz war also nicht gerade dezent und das Nachfedern des Netzes machte es nicht besser. Four half mir hinaus und ich sah, dass er sich ein Lächeln nicht verkneifen konnte: ,,Wurdest du geschubst?" - ,,Jep, schön hinter's Licht geführt. Das gefällt mir."
Ich flüsterte noch :,,Ich werde ihn irgendwann umbringen" , aber so, dass es nur Four hören konnte. Dann fragte er mich noch ordnungsgemäß nach meinem Namen und der Anfang war schon einmal überstanden. Doch auf einmal wandte sich Beatrice an mich: ,,Hey, ähm, ich bin Tris." - ,,Nett dich kennenzulernen Tris. Ich bin Elizabeth beziehungsweise Liz." - ,,Das klingt jetzt vielleicht etwas komisch, aber kennen wir uns irgendwo her? " - ,,Ich, ähm, keine Ahnung. Vielleicht bei der Vergabe der Lebensmittel an Fraktionslose?" - ,,Ja, das kann natürlich sein."
Ich merkte an ihrem Ton, dass sie mir kein Stück glaubte, aber vielleicht reichte es erstmal aus, um sie ein wenig hinzuhalten. Four hielt wieder seine Anfangsrede und die große Tour durch das Gebäude ging los. Es passierte nicht viel, außer dass das eine Candor Mädchen, welches Christina hieß, sich über Fours Namen witzig machte und er das wirklich so gar nicht amüsant fand. Ich sicherte mir wieder mein Bett vom letzten Jahr und beobachtete wie die anderen damit zurechtkamen, dass wir gemeinsam hier drinnen waren. Christina regte sich wahnsinnig darüber auf, Tris äußerte sich nicht dazu, aber man konnte sehen, dass es ihr unangenehm war und Peter fand es natürlich geil. So ein Lackaffe. Es war später eine wahre Wohltat wieder in die Klamotten der Ferox zu schlüpfen, da die Kleider der Amite mit der Zeit echt anfingen zu kratzen. Danach sollten wir uns alle in der Cafeteria begeben und ich war gerade auf dem Weg, als eine Stimme rief: ,,Besserwisserisch - Aufmüpfig - gepflegter Sprachgebrauch, eindeutig eine Ken."
Ich drehte mich um und sah Peter mit verschränkten Armen an eine Wand gelehnt stehen, der nun auf mich zukam: ,,Du brauchst uns nichts vormachen. Ich weiß genau, wer du bist."  - ,,Ich habe keine Ahnung wovon du redest." - ,,Ach wirklich, Matthews? Weißt du, ich finde es sehr suspekt, dass du die Initiation bei den Ferox noch einmal machen musst."
Ich drückte ihn nun gegen die Wand und sagte: ,,Sei bloß leise. Sonst gibt es richtig Ärger für dich!"
Er verpasste mir unerwartet eine Kopfnuss und meinte: ,,Hm, das denke ich nicht."
Jetzt reichte es! Entweder ich schalte ihn jetzt aus oder er würde mich an die anderen verraten. Ich knackte kurz meinen Nacken und nahm meine Kampfposition ein: ,,Klären wir das auf Ferox-Art."
Es war absolut dumm von ihm sich gegen mich zu stellen, da er bis jetzt keinerlei professionelle Kampferfahrung hatte. So schlug er mit der rechten Faust zu, aber ich wich geschickt mit meinem Kopf aus und fing seine Faust ab. Man sah die Überraschung in seinem Gesichtsausdruck und ich drehte seinen Arm auf den Rücken und drückte ihn gegen die Wand. Er quäkte irgendetwas, aber ich konnte ihn nicht verstehen, da ich auch sein Gesicht plattgedrückt hatte.
,,Hast du es jetzt verstanden?"
Er nickte und ich ließ locker. Doch der dumme Peter startete einen zweiten Versuch, womit ich natürlich gerechnet hatte. Weshalb ich ihm bevor er etwas anderes tun konnte, ihm eine mit der Faust auf die richtige Stelle verpasste und ihn somit k.o. schlug. Na toll, jetzt musste ich ihn auch noch irgendwie auf die Krankenstation bekommen. Da es Gott sei Dank nicht so weit war, konnte ich ihn am Kragen greifen und schliff ihn dorthin. Die Krankenschwester sah mich verwundert an: ,,Was ist mit ihm passiert?" - ,,Er hat mich erkannt, also musste ich ihn ausschalten. Ich werde Max benachrichtigen. Kümmern sie sich um ihn?"
Sie nickte und ich ging wieder aus der Station hinaus. Jedoch kam ich nicht wirklich weit, da mir jemand irgendetwas über den Hinterkopf zog und ich sofort umfiel.

Not alone  [Divergent/Eric FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt