Kapitel 18

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Die Emotionen überkamen mich und ich stolperte die Gänge entlang, bis ich mich schließlich an einer Wand niederließ und meinen Kopf in meine Hände versank. Wieso musste ich mir auch von allen Männern, die es hier gab, auch den Allerschlimmsten aussuchen ? Paul war ja auch nicht hässlich und er hatte ja anscheinend Interesse an mir, jedoch fehlte ihm irgendwie dieses gewisse etwas, wonach ich bei jemandem suchte. Ich bin mir ja nicht einmal sicher, ob das mit Eric überhaupt etwas ernstes war. Schließlich hatte er mir nie gesagt, dass er mich liebte und seine Zuneigungen waren ja auch immer sehr speziell. Auf einmal kam Izzy um die Ecke und als sie mich sah, guckte sie kurz mitgenommen und kniete sich zu mir herunter.

,,Hey Liv. Was ist denn los ? Ist etwas passiert ? Ist es etwa wegen Edgar?'' - ,,Nein, es nicht wegen Edgar. Ich meine ohne jetzt unhöflich klingen zu wollen, aber ich hatte nicht viel mit ihm zu tun und ehrlich gesagt habe ich genug andere Probleme, als um ihn zu trauern.'' - ,,Ja ok, das ist verständlich. Du kanntest ihn auch nicht so lange wie ich. Also was ist denn bei dir passiert, damit du so fertig aussiehst?" - ,,Es ist wegen Eric. Er ist vorhin total ausgerastet, weil ich ein Gespräch mitgehört habe, welches nicht für meine Ohren bestimmt war und dann er hat er mir quasi den Laufpass gegeben." -,,Wer weiß, vielleicht überlegt er sich ja nochmal. Ich meine du kennst Eric. Du weißt genauso gut wie ich, dass er ziemlich schnell ausrasten kann, aber es von Zeit zu Zeit auch mal bereut. Ich würde sagen, du wartest jetzt dementsprechend erstmal ab und gehst in deine neue Wohnung, um dich ein wenig zu entspannen." - ,,Das klingt zwar nach einem hervorragenden Plan, nur gibt es da ein Problem. Ich habe noch keine Wohnung zugeteilt bekommen, weil ich mich noch nicht offiziell für einen Job entscheiden habe. Ich habe jetzt auch keine Lust ein ernstes Gespräch darüber mit einem der Anführer zu führen." - ,,Hm, ok. Dann komm mit. Ich bringe dich zu meinem persönlichen Ort der Stille."

Sie zog mich an meinen Armen hoch und wir machten uns auf den Weg zu den Gleisen. Dort angekommen, starrte sie auf ihre Uhr: ,,Noch zwei Minuten, dann ist es soweit." - ,,Wo gehen wir denn hin?" - ,,Ganz unspektakulär fahren wir einfach ein paar Runden mit den Zug. Abteil 13 ist immer frei, da es wohl Unglück bringt beziehungsweise Unheil hervorruft, perfekt für uns. Es ist sozusagen mein kleiner Ort, wo mich niemand stören kann, da so gut wie nie jemand dieses Abteil betritt." - ,,Na dann, ich bin gespannt."

Der Zug kam immer näher und wir rannten schon einmal etwas vor, um dann den perfekten Einstieg zu schaffen. Während der Zug vorbeifuhr, sah ich die Zahlen der einzelnen Abteile vorbeifahren und Izzy hastete sich sofort herein, als sie die dreizehn sah. Ich war ernsthaft erstaunt, wie es in diesem Wagon aussah. Überall waren zahlreiche Kunstwerke angebracht, die verschiedene Muster und Schriftzeichen enthielten.
,, Wieso ist hier alles so bunt, obwohl sich angeblich niemand hineintraut?" - ,,Du hast mich ertappt. Ich habe ein geheimes Fabel für Kunst und Malerei. Da das aber bei den Ferox als Schwäche beziehungsweise Verrat gegen die Fraktion angesehen wird, muss ich mich hier ausleben. Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich deswegen bei meiner Fraktionswahl kurz überlegt zu den Amite zu wechseln, aber das hätte ich meinem Vater einfach nicht antun können." - ,,Es scheint so, dass ihr euch ziemlich nahe steht. Du und dein Dad?" -,,Oh ja, das tun wir. Der Tod meiner Mutter hat uns beiden ziemlich zugesetzt, uns aber auch mehr zusammengebracht als zuvor." -,, Das tut mir Leid, das muss hart für euch gewesen sein. Ich wünschte, ich hätte auch eine solche Beziehung zu meinen Eltern gehabt, aber das war wohl nichts." -,,Wer will es dir verübeln? Ich meine, ohne böse zu sein, aber deine Mum ist schon eine kleine Bitch oder ?" - ,,Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie schlimm sie wirklich ist. Ich bin quasi mit Bodyguard Eltern aufgewachsen, da sie zu 90 % der Zeit beschäftigt war. Meinen Vater hat sie mir und meiner Schwester auch verschwiegen. Ich will gar nicht wissen, was sie mit ihm angestellt hat." - ,,Ohje, da kann ich es wirklich gut verstehen, dass du die Fraktion gewechselt hast! Mein Dad rastet auch immer total aus, wenn er von einem Treffen mit den Ken kommt. Sie macht es ihm anscheinend nicht gerade einfach."
Nun war ich mehr als gespannt: ,, Moment mal, heißt dass das die Ken sich öfter mit den Ferox treffen?" - ,,Oh ja ! Wir sind schon fast eine gemeinsame Fraktion, wenn du mich fragst. Was denkst du denn, wo die ganzen elektronischen Geräte und das Serum für die Simulation herkommt? Natürlich von den Ken." - ,, Und was haben sie jetzt hier zu suchen ?" - ,, Das wüsste ich auch gerne, aber ich bekomme nichts aus ihm heraus. Es muss wohl eine ziemlich große Sache sein." - ,,Schade."
Für einen Moment herrschte Stille und genoss den leichten Wind, der hineinzog. Izzy hatte Recht. Es war wirklich ein guter Ort, um abzuschalten und den Gedanken freien Lauf zu lassen. Ich richtete mein Blick nun etwas näher auf ihre Kunstwerke und entdeckte ein Porträt von einer dunkelhäutigen Frau und darunter stand in Großbuchstaben Divergent. Also fragte ich sie: ,, Ist die Frau auf diesem Bild deine Mutter?"
Sie nickte traurig: ,,Ja, es kam heraus, dass sie eine Unbestimmte war und deswegen musste sie exekutiert werden."
Mir gefror das Blut in meinen Adern. Ihre Mutter war wie ich und obwohl Max die höchste Befehlsgewalt bei den Ferox hatte, konnte er den Tod seiner Frau nicht verhindern. Ich kann mir nichts schlimmeres vorstellen, als in dieser Situation zu sein und es zeigte mir gleichzeitig auch wieder, dass keiner davor sicher war. Man konnte jederzeit verraten werden, die Frage war nur, wer am Ende den letzten Stoß über die Klippe machte.
Izzy fuhr fort: ,, Ich kann es bis heute nicht verstehen, warum man, nur weil man etwas besonderes ist, sterben muss. Es ist so übertrieben und dumm. " - ,,Da hast du recht, aber man kann die Gesellschaft leider nicht ändern. Die Unbestimmten werden immer etwas Verbotenes sein, egal wie sehr man sich dagegen auflehnt."

Wir genossen noch ein wenig die Ruhe, bevor wir am Hauptquartier der Ferox wieder heraussprangen. Izzy begann: ,,Pass auf! Wir gehen jetzt zu meinem Dad und du sagst ihm, was du machen willst. Ich weiß, dass er gerade zu 100 % in unserem Apartment ist und du brauchst endlich eine eigene Wohnung!" - ,,Ok, wenn es denn unbedingt sein muss."
Sie schliff mich regelrecht hinter sich her und wir landeten schlussendlich bei ihrer Wohnung. Als die Tür geöffnet wurde, stellte ich fest, dass die Wohnung mal eine ganz andere Kategorie war. Sie war doppelt so groß wie die von Eric und auch wieder im schwarzen, aber schlichten Design. Sie umarmte ihren Vater, der gerade an einer Art Bartheke einen Kaffee trank und begann: „Also, ich war jetzt eine ganze Weile mit Liv unterwegs und ich denke sie möchte dir da etwas sagen." – „Ich weiß, dass es schwer ist, aber ich würde wirklich gerne zwei Aufgaben bei den Ferox übernehmen. Zum einen würde ich gerne eine der Anführer bei den Ferox werden, da ich glaube, dass ich eine gute Führungspersönlichkeit werden könnte. Zum anderen würde ich auch sehr gerne die Initianten ausbilden, weil ich auch viel über andere Fraktionen weiß und damit einen guten Umgang, vor allem mit den Fraktionswechslern garantieren kann"
Er überlegte einen Moment und meinte dann :,,Nun ja, da du die Erste im Ranking warst, sollte es theoretisch kein Problem sein. Es erfordert jedoch ein hohes Maß an Disziplin und Durchhaltevermögen. Ich schlage vor, dass Four dich zunächst einweist, wie du dich in den ersten zwei Jahren als Ausbilder verhältst und uns damit beweist, dass du würdig bist zu den Anführern zu gehören. Ist das ok für dich ?" - ,,Das klingt sehr gut, vielen Dank."
Izzy kam lächelnd auf mich zu, verabschiedete sich von ihrem Dad und ging mit mir schließlich zum Abendessen in den Speiseraum. Ich fragte sie auf den Weg dorthin :,, Welchen Job wirst du jetzt eigentlich machen?" - ,,Mein Dad hat mir quasi dasselbe Angebot wie dir gemacht. Nur dass ich statt der Initiantenausbildung im Kontrollraum arbeiten werde. Ich habe absolut keine Lust eine von den Obersten der Ferox zu werden, aber so habe ich immerhin noch einmal zwei Jahre Zeit, es ihm begreiflich zu machen." - ,,Das hört sich auf jeden Fall nach einem guten Plan an."
Wir setzten uns mit zu den Anderen, doch ich hörte ihrem Gespräch keine einzige Minute zu, da meine Gedanken immer wieder zu Eric wanderten. Ich musste von ihm loskommen ansonsten könnte ich nie wieder klar denken. Auf einmal kam Paul zu uns an den Tisch gerannt und rief :,,Oh mein Gott, ihr müsst sofort mitkommen! Eric und Four bekämpfen sich wieder!"
Ich blickte ihn geschockt an und sprang sofort auf. In diesem Moment hoffte ich einfach nur, dass es noch nicht zu spät war.

Not alone  [Divergent/Eric FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt