Kapitel 27

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Als ich wieder aufwachte, lag ich quer über eine Bank und mein Kopf zur Seite geneigt. Ich setze mich vorsichtig hoch und sofort schoss mir ein stechender Schmerz in mein Gehirn, welche von der Nase her kam. Tris befand sich eine Bank weiter und hielt sich einen Kühlakku an die Wange. Sie blickte mich traurig an und meinte: „Dich hat es auch ziemlich erwischt,hm?"– „Das kannst du laut sagen. Ich mag zwar Schmerzen haben, aber ich habe gleichzeitig auch die Genugtuung Peter einen Zahn ausgeschlagen zu haben." - „Ernsthaft? Das hab' ich gar nicht mitbekommen."
Plötzlich rief Eric alle zusammen und wir standen sofort auf. Mein Kopf fühlte sich an wie ein brodelnder Vulkan und ich hielt den Kühlakku wieder etwas fester auf meine Nase. Hatte der Spast mir etwa die Nase gebrochen?
Das würde er bezahlen!
Eric projizierte nun das Ranking an die Wand und sagte: „Hört gut zu. Wisst ihr was das ist? Die Tafel ist euer Leben. Wir bewerten euch jeden Tag. Wer von euch am Ende der ersten Phase noch im roten Bereich ist, ist raus - fraktionslos. Ihr könnt jetzt gehen."
Da ich ganz hinten stand, war ich dementsprechend die Letzte und Eric hielt mich am Handgelenk zurück und sah mich mit seinen großen blauen Augen an. Er vergewisserte sich natürlich, dass kein anderer der Initianten mehr im Raum war und fragte mich: „Wie geht es dir?" – „Ist das dein Ernst? Du wusstest genau, was passieren würde, wenn ich gegen Peter kämpfe. Aber wenn du es wissen willst, dann bitte. Mein Kopf dröhnt und ich habe das Gefühl, dass meine Nase ein einziger pulsierender blauer Fleck ist."
Er senkte plötzlich den Kopf und ich war überrascht. Fühlte er sich etwas schuldig?
Er sah mich nun wieder an und meinte: „Es war ein Test. Uns war allen bewusst, dass du mit Peter deine Schwierigkeiten hast und deshalb haben die Anführer heute früh entschieden, dich mit ihm zu paaren."– „Oh, das wusste ich nicht, sorry."– „Musst du ins Krankenhaus?"-„Ich denke nicht. Danke, dass du es mir erklärt hast Eric. Das meine ich ernst."
Er nahm daraufhin meine Hand und streichelte sanft mit seinem Daumen über die Außenfläche dieser. Ich war mal wieder erstaunt. So eine Seite hatte ich von Eric noch nie gesehen und ich musste sagen, dass mir ziemlich gut gefiel. Dann ließ er sie plötzlich wieder los und sagte: „Geh jetzt wieder zu den andern, sonst wird es zu auffällig."
Ich nickte ihm zu und ging anschließend aus der Trainingshalle. Jedoch kam ich nicht weit, da mich jemand in einen kleinen Abstellraum hineinzog. Ich wollte mich gerade wehren, als ich die süße Stimme von Paul hörte:„Woah woah woah, bevor du mich gleich windelweich schlägst, ich bin's nur, dein Freund, der sich nach dir sehnt."
Er begann damit meinen Hals sanft zu küssen und egal wie sehr ich mich danach sehnte, wusste ich, dass es jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war.
„Du glaubst gar nicht, wie sehr ich das gerade möchte, aber erstens ist es zu gefährlich entdeckt zu werden und zweitens habe ich mir heute ein ziemlich heftige Verletzung zugezogen und mir ist noch ein wenig schwindlig."
Daraufhin küssten wir uns noch einmal leidenschaftlich und ich ging vorsichtig wieder aus der Abstellkammer heraus. Als ich die Tür wieder hinter mir schloss und auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum war, hörte ich jedoch eine Stimme, Erics Stimme, von hinten schreien: „Was hast du da drinnen gemacht?!" – „Nichts. Ich habe mich nur vermacht."
Er glaubte mir natürlich nicht und riss die Tür mit Schwung auf. Dann blickte er mich finster an und zog kurz darauf Paul an seinem T-Shirt heraus und drückte ihn gegen die Wand. Paul ließ sich das jedoch nicht gefallen und trat Eric in die Magengrube. Er trat daraufhin einen Schritt zurück und ich sah an den Blicken der beiden, dass sie zu 100 % bereit waren sich zu prügeln. Dann kamen auch schon die ersten Schläge und Eric schlug Paul mit seiner Faust ins Gesicht. Ich schrie die beiden an: „Hört sofort auf! Ihr habt sie doch nicht mehr alle!"
Doch sie schienen meine Worte nicht zu hören und taten alles um den jeweils anderen fertig zu machen. Ich biss meine Zähne aufeinander, schüttelte mit dem Kopf und wollte die beiden trennen, doch in diesem Moment wollte Paul zu einem Schlag ausholen und traf mich mit seinem Ellenbogen direkt auf meine verletzte Nase. Es fühlte sich in diesem Moment so an als ob mich jemand mit einer Bowling Kugel im Gesicht getroffen hätte und ich taumelte nach hinten, bevor die Bilder vor mir begannen unscharf zu werden und alles schwarz wurde.
Das Nächste woran ich mich erinnerte, war, dass ich mich in einem Krankenhaus befand. Die Bilder waren anfangs noch ziemlich unklar, aber als ich meinen Blick nach rechts wandte, sah ich Eric, der mit verschränkten Armen in einem Stuhl schlief. Als ich mich ein Stück höher setzen wollte, durchschoss mich wieder dieser Schmerz und ich musste aufstöhnen. Eric wurde davon wach und stand sofort auf und kam zu mir.
„Wie geht es dir?" - „Geht so. Was ist passiert?" -„Du hast Pauls Ellenbogen bei unserer kleinen Auseinandersetzung abbekommen und zur Abklärung sind wir direkt ins Krankenhaus gefahren. Deine Nase war gebrochen und es musste operiert werden. Theoretisch dürftest du jetzt einen Monat lang keinen Sport machen, aber es ist deine Entscheidung." – „Das kommt nicht infrage. Können wir jetzt gehen?" – „Ich lass uns ein Fahrzeug rufen. Warte hier."
Als er den Raum verlassen hatte, stieg ich vorsichtig aus dem Bett, wechselte meine Klamotten und wartete darauf, dass Eric zurückkam. Ohne ein weiteres Wort zu wechseln, gingen wir aus dem Krankenhaus hinaus und fuhren schließlich wieder nach Hause. In dem Moment in welchem wir am Hauptquartier ankamen, meinte ich noch einmal zu ihm: „Danke." – „Wofür?" – „Dass du dich um mich gekümmert hast und die ganze Zeit dabei warst. Das würde nicht jeder tun."
Er nickte mir nur zu und verschwand schließlich durch die große Tür. Da ich gar kein Zeitgefühl mehr hatte und absolut fertig war von dem Ganzen, ging ich schließlich in den Schlafraum. Dort sah ich, dass alle schon in ihren Betten lagen, doch ich musste unbedingt noch einmal duschen gehen bevor ich mich beruhigt schlafen legen konnte. Niemand schien mitzubekommen, dass ich erst jetzt Raum betreten hatte und ich setzte mir schließlich noch meine Spritzen. Ich wollte gerade meine Augen zu machen, als mir auffiel, dass Tris nicht in ihrem Bett war. Eigentlich fehlte mir gerade jeglicher Nerv, um nach ihr zu suchen, aber ich machte mir schon irgendwie Sorgen. Haben es die Ferox doch herausgefunden? Haben sie Tris schon beseitigt?
Dieser Gedanke ließ mir nun keine Ruhe und ich stand sofort auf und ging durch das Hauptquartier. Es dauerte nicht lange, bis ich dumpfe Schläge aus der Trainingshalle hörte. Ich ging hinein und sah Beatrice wie sie die verschiedenen Kampftechniken übte. Als sie mich bemerkte, sah sie mich verwundert an: „Was machst du hier?!" – „Ich habe mitbekommen, dass du nicht in deinem Bett warst und da habe ich mir Sorgen gemacht." – „Nett von dir, aber ich komme gut klar."
Sie trainiert weiter und ließ sich nicht von mir ablenken, aber dann stoppte sie plötzlich und fragte: „Wo warst du? Wir haben überall nach dir gesucht und du warst wie vom Erdboden verschluckt hat." – „Peter hat es geschafft mir die Nase zu brechen und es musste operiert werden." – „ Damit wird er dich garantiert aufziehen - Olivia."
Ich zog geschockt meine Augenbrauen nach oben und pustete Luft hinaus. Sie guckte mich nur angepisst an und sagte dann: „Du hast richtig gehört. Ich kann mich an dich erinnern. Du hast die Simulation bei mir durchgeführt. Also erkläre mir bitte, was geht hier vor?"
Ich blickte mich zunächst einmal um, um abzusichern dass uns niemand belauschte und zog sie dann etwas fester an ihrem Oberarm hinter mir her. Sie wehrte sich nicht und ließ mich einfach machen. Als wir dann schließlich vor meiner Wohnung standen, holte ich den Schlüssel aus meiner Schuhsohle hervor und öffnete die Tür. Tris blickte sich um: „Was ist das hier?" – „Hinsetzen!"
Tris tat genau das was ich ihr sagte und ich fragte sie: „Wem hast du davon erzählt?" – „Keinem. Ich wollte erst mit dir reden."- „Herzlichen Glückwunsch damit hast du es gerade geschafft nicht fraktionslos zu werden. Pass auf ich erzähle dir jetzt die Kurzversion, aber du darfst es nie jemandem erzählen bis die Initiation vorbei ist ansonsten müssen wir dich eliminieren beziehungsweise dein Gedächtnis löschen."
Sie schluckte schwer und nickte dann anschließend.
„Ich bin die Tochter von Jeanine Matthews und ich habe letztes Jahr die Initiation bei den Ferox bestanden mit dem Rang Nummer eins. Dementsprechend möchte ich Anführerin werden und um mich zu beweisen, soll ich mich unter die Fraktionswechsler mischen, den Anführern Informationen über euch geben und so schon einmal einen Einblick bekommen wie man euch unterrichtet, da das meine zweite Tätigkeit sein wird. Die Spritzen sind dafür da, damit ich Fakesommersprossen bekomme und meine Augenfarbe ist auch nicht echt."
Ich nahm die Kontaktlinsen heraus und sie blickte mich fassungslos an: „Wow, musstest du dich deswegen von Peter schlagen lassen? Damit du niemanden einen Platz auf der Rangliste wegnimmst?" – „Du hast es verstanden. Ich hoffe ich kann dir vertrauen." – „Klar, das Letzte was ich möchte ist noch mehr Probleme zu bekommen als ich es eh schon habe."
Ich blickte auf die Uhr und stellte fest, dass du schon früh um sechs war: „Pass auf, hier kommt der Deal. Ich bringe dich durch die Initiation, indem du deine Techniken verbesserst und dafür behältst du Stillschweigen vor allen und damit meine ich wirklich alle."
Sie stand auf und streckte mir die Hand entgegen: „Deal."
Ich schüttelte sie und wir machten uns zurück auf den Weg in die Trainingshalle, damit ich ihre Schlagtechniken verfeinern konnte. Jetzt hatte Tris noch ein weiteres Geheimnis, welches sie bewahren musste und ich hoffte inständig, dass sie dies auch tun würde.

Not alone  [Divergent/Eric FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt