Teufel über Nacht

Kapitel 28

    Ich steh nicht auf auffällige Haarschnitte oder Farben, außerdem bin ich ein Teufel! Also warum sollte ich blond rumlaufen oder grün?
Ich habe meine Haare schlichtweg auf Schulterlänge zurückgezogen, was an sich schon ungewöhnlich für mich ist, und die Spitzen tragen ein flammendes Rot. Ich selbst war zunächst unsicher, doch die Mädchen sind begeistert und selbst Scarok sieht zufrieden aus, als ich zum Essen kochen in die Küche schreite. Lil setzt sich zu mir an den Tresen und stibitzt immer wieder Paprika und Mozarellastücke, während ich die Pizza belege. "Wo ist Jelena?" frage ich und beginne den Käse über das Blech zu streuen. Lil hebt den Kopf in den Nacken und nuschelt irgendetwas mit vollem Mund. Fragend sehe ich sie an. Sie schluckt einen Teil ihres Mundinhaltes runter und versucht es erneut. "Garten." höre ich aus dem immer noch undeutlichen Wortwirrwarr raus. Schon wieder? Ich schiebe das Blech in den Ofen und setze mich zu Lil auf den Tresen. Sie nimmt meine Hand und fängt an mit meinen Fingern zu spielen. "Willst du darüber reden?" frage ich sie leise. Stumm schüttelt sie den Kopf und so schweigen wir uns an, bis die Ofen Uhr piept und ich aufspringe um drei große Stücke Pizza abzuschneiden und noch ein wenig Parmesan drüber zu reiben.
"JEL!" Schreie ich "JEELEENAAA!!" Lil und ich setzen uns an den Tisch und warten. Doch meine Schwester kommt nicht. Selbst Scarok hat aufgehört an seinem Stück Fleisch zu kauen. "Das reicht!" ich stehe auf "ich seh nach wo sie ist. Scar, kommst du mit?" Nach bester Schutzgeistmanier springt er auf und eilt an meine Seite. Lil seufzt und stellt die Teller in den Ofen. Dann lässt sie sich aufs Sofa fallen und den Fernseher mit einem Augenzwinkern angehen.

     Scarok und ich laufen durch die geöffnete Terassentür in den Garten. In stillem Einverständnis reden wir kein Wort und bewegen uns so lautlos durch die wilden Beete. Als wir auf eine Baumgruppe zukommen hören wir auf einmal Stimmen. Leise trennen wir uns und gehen auf die kleine Lichtung zu. "Ich kann nicht einfach mit dir mitkommen!" das war Jels Stimme! "Du musst!" diese Stimme gehörte ganz eindeutig einem Mann! Welcher Typ wagt es meiner Schwester zu sagen, was ich tun und lassen soll?? Mir reicht es. Ich trete aus dem Schatten des Baumes, hinter dem ich mich versteckt hatte. "Jel! Da bist du ja!" Ich lege ihr meinen Arm um die Schultern und sehe den Kerl herausfordernd an. "Ich habe dich schon gesucht!" sage ich und sehe, wie sich Scarok hinter meinem Gegenüber aus dem Gebüsch pirscht und sich Katzenmäßig auf den Boden presst.
     "Ist das dein Ernst? Ein TEUFEL?" der Typ spuckt den Begriff, der mich beschreibt praktisch auf den Boden. Ich mustere ihn auffällig. Schwarze Klamotten, kräftiger Körperbau, Totenkopf-Ohrring, Lippenpiercing. Markante, aber ebenmäßige Gesichtszüge. Er bräuchte seine Zähne nicht so auffällig zeigen, sein ganzes Erscheinungsbild schreit: "Vampir" mit aufgesetzter Höflichkeit neige ich den Kopf, meine Stimme jedoch trieft vor Herablassung und Misstrauen.