"Alles okay bei dir?" Fragt mich Delilah besorgt. "Du bist echt blass, Jenna." Ich nicke hastig.
"Ja. Alles okay. Mir ist nur ein wenig übel." Antworte ich und verstelle meine Stimme, damit ich krank klinge.
"Achja." Sie tippt sich an den Kopf. "Die Tabletten gegen Kopfschmerzen." Zustimmend nicke ich und greife an meine Stirn. Dabei verziehe ich leicht das Gesicht, denn die Kopfschmerzen sind wirklich noch da. Deswegen schlucke ich auch brav die Tabletten, die mir Delilah entschuldigend entgegenreicht.
"Danke." Ich ziehe sie in eine Umarmung. Sie lässt es zu, jedoch erwidert sie sie nicht. Ich weiß, dass sie Umarmungen nicht mag, deswegen lasse ich sie los. Stattdessen widme ich mich meiner Tasche. Als ich sie achtlos in die Ecke geworfen hatte, hat sich ihr Inhalt auf dem Boden verteilt. Ein Teil nach dem anderem packe ich wieder ordentlich hinein.
"Hey, was ist das denn?" Fragt mich meine Sitznachbarin. Als ich mich umdrehe, sehe ich sie neben dem Drucker stehen. In den Händen Zettel. Meine Zettel. Schnell haste ich zu ihr hin und nehme sie ihr weg. Leider hatte sie die Codes trotzdem schon gesehen.
"Was ist das?" Wiederholt sie ihre Frage und sie zieht ihre Augenbrauen misstrauisch zusammen. Dabei bilden sich kleine Fältchen auf ihrer Stirn.
"Ach das sind nur Zettel fürs Programmieren." Versuche ich mich rauszureden. Sie schaut mich verwirrt an.
"Wieso druckst du dir sowas aus?" Fragt sie.
"Es ist eine Art Übung. Man muss die Codes entschlüsseln. Dann bekommt man eine Hackerschrift." Ich versuche sie nicht anzulügen. Den Code will ich ja wirklich entschlüsseln. Ob da jedoch eine Hackerschrift rauskommt, weiß ich nicht. Ich tippe darauf, dass das eher eine verschlüsselte Nachricht ist.
"Eine Hackerschrift?" Fragt mich Delilah gedehnt. Ich sehe ihre Skepsis.
"Ja. Ich hab schon versucht sie zu entschlüsseln, aber das ist echt ne harte Nuss." Das stimmt jedoch nicht. Ich hatte noch keine Zeit den Code zu entschlüsseln und in sowas bin ich sowieso Profi. Ich liebe solche Herausforderungen und meistere sie im Handumdrehen.
"Tja. Ich hab ne Nussallergie. Und Codes sind ja wie du weißt nicht mein Ding." Sie lächelt schief. Endlich hat sie mir meine Lüge abgekauft.
"Lass uns gehen." Sie nimmt mich fröhlich bei der Hand. "Sonst kommen wir zu spät zu Medizin." Ich lasse mich von ihr aus dem Systemraum auf den Gang ziehen. Sie lächelt. Sie hat ein hübsches Lächeln. Ihre geschwungenen Lippen umrahmen ihre perfekten, weißen Zähne. Ihre Augen strahlen. Und das alles nur, weil sie verliebt ist. Ich war noch nie verliebt, denn ich hatte noch nie viel Kontakt mit anderen Menschen. Das lag immer daran, dass ich ein Fehler bin. Kaum jemand will etwas mit mir zu tun haben. Für die meisten bin ich unsichtbar. Ein unscheinbares Mädchen, nicht besonders gut in der Schule und auch nicht besonders hübsch. Und beliebt schon gar nicht. Ich intressiere mich nicht wie andere Mädchen für moderne Kleidung oder sonstige oberflächliche Sachen. Sondern für Codes umd Waffen. Mehrmals in der Woche gehe ich in den Wald um zu trainieren. Ich habe unter morschen Baumstämmen und in hohlen Bäumen viele Waffen versteckt, die ich mir illegal angeschafft habe. Ich baue sie auseinander und wieder zusammen. Dann übe ich mit ihnen umzugehen. Oft gehe ich jagen, um in Übung zu bleiben. Dann übe ich Fallen stellen, um mir am nächsten Morgen was zu essen zu holen. Obwohl die Wissenschaftler an neuen Mutationen arbeiten, gelingen ihnen diese nicht immer. Diese unfähigen Wesen lassen sie im Wald frei, damit sie sterben. Doch manche Arten sind intilligenter, als die Menschen glauben. Sie suchen sich einen Unterschlupf und ernähen sich von Beeren oder Tierkadavern. Diese Wesen fange ich und bringe sie nach Hause. So haben wir frisches Fleisch. Und das ist Luxus. In den virtuellen Läden ist Fleisch sehr teuer. Selbst Angies Familie kann sich Fleisch nicht leisten. Und ihr Vater ist reich.
Ich laufen gegen Delilah, welche stehen geblieben ist. Sie grinst noch ein wenig breiter und ihre Augen glänzen noch mehr. Ich recke den Hals um zu sehen, was sie so glücklich macht. Beziehungsweise wer. Da sehe ich ihn lässig am Türrahmen lehnen. Kristo, der Typ, auf den sie steht. Er wirft ihr ein bezauberndes Lächeln zu und schländert lässig zu uns hin. Fast beiläufig geht er zu Delilah. Sie umarmen sich und Delilah schließt die Augen. Sie lässt die Umarmung nicht nur zu, sondern erwiedert sie auch. Dabei huscht ihr ein seeliges Lächeln über die Lippen. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor. Endlich lösen sie sich voneinander. Kristo nimmt ihr ihre Tasche ab und sie fangen an zu reden. Na toll. Jetzt bin ich das dritte Rad am Wagen. Ich will schon gehen, doch dann bemerke ich, worüber sie reden.
"Schon seltsam, dass sie eine Versammlung eingerufen haben. Sowas passiert ja sonst noch nicht mal ein Mal im Jahr." Sagt Kristo.
"Ja, und eigentlich fand ich den Grund auch nicht soo wichtig. Ich meine, natürlich sind die Tests wichtig, aber die sind doch jedes Jahr." Delilah bemerkt nicht, wie ich aufmerksam zuhöre. Kein Detail darf mir entgehen.
"Also ich finde es schon wichtig. Denkst du jemand von uns wird gewählt?" Fragt Kristo sie.
"Bestimmt. Sie meinten ja, dass es dieses Jahr besonders viele sein werden. Und du bist ziemlich intilligent. Du wirst bestimmt gewählt. Und die Tests wirst du auch mit links meistern." Sie lächelt ihn verliebt an. Er lächelt sie genauso verliebt an. Ich stehe einfach nur am Rand.
"Weißt du was Delilah?" Fragt er sie plötzlich.
"Was?" Fragt sie ihn intressiert zurück. Sie betrachtet seine Augen, welche hellgrau sind. Sein Gesicht, mit den markanten Wangenknochen und Unterkiefer. Seinen hübschen Hals. Seine breiten Schultern. Seinen Körperbau. Kristo ist einfach perfekt für sie. Ihr Blick gleitet wieder zu seinem Gesicht. Die blondierten Haare verdecken seine Ohren. Delilahs Blick fällt auf seine sinnlichen Lippen. Wie gerne sie ihn doch küssen würde...
"Ich liebe dich." Sagt Kristo. Delilah steht nur verdattert da. Ihr Traum war gerade in Erfüllung gegangen. Und ich hab mich noch nie so fehl am Platz gefühlt. Bestimmt störe ich sie nur. Dann greift Kristo Delilahs Kinn. Und ihre Lippen verschmelzen miteinander. Na dann störe ich sie anscheinend doch nicht. Hier rumzustehen bringt mich auch nicht weiter. Deshalb zwänge ich mich an ihnen vorbei und laufe zum Biologieraum, wo wir Medizinunterricht haben. Delilah lasse ich einfach so stehen. Sie wird schon nachkommen. Wir sind sowieso schon viel zu spät.
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Science Fiction"Das Genie ist der Fehler im System." - ( Paul Klee ) 2498. Alles ist hochmodern und die Technik ist fortgeschritten. Virreal Chips werden in Gehirne eingepflanzt und ermöglichen es, in eine virtuelle Welt einzutauchen. Alles passiert nur noch im W...