Ich bin gerade dabei meine Tasche für die Tests zu packen. Wir haben eine Sporttasche und eine Packliste bekommen. Es ist 4:39 Uhr und die Sonne ist noch nicht aufgegangen. Um 7:00 Uhr werden wir vor unseren Häusern abgeholt. Dann werden wir mit einem Gleiter zu Center City gefahren. Dem Mittelpunkt der neu aufgebauten Welt. Center City liegt in Cemzij im ehemaligen Russland, heute Russd. Ich war dort noch nie. City Center kenne ich nur aus Bildern in Schulbüchern. Es ist groß und sauber. Überall stehen weiße Hochhäuser nah aneinander. Riesige Office-Buildings. Dort gibt es die besten Universitäten, Schulen, Läden, Chirurge und Ärzte. Und dort werde ich hinfahren. Ich, das dürre Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen, schlechten Noten und dazu noch ein Fehler. Das ist falsch. Das System muss irgenwas verwechselt haben. 4:43. Mit der Packliste in der einen und der Sporttasche in der anderen Hand, gehe ich zu meinem Kleiderschrank. Dann überfliege ich die Liste.
' Unterwäsche für 14 Tage
2 Paar Schuhe
14 Paar Socken
2-3 Kleidersets '
Das sind die Klamotten, die ich mitnehmen soll. Die meisten Mädchen nehmen sich festliche Kleidung mit. Kleider, Ballerinas und Boleros. Aber für mich gibt es nichts zu feiern. Und ich mag solche Kleidung nicht. Also greife ich zuerst zu meinen Socken. Alle schwarz. Leider habe ich nur neun Paar. Ich werde sie waschen müssen. Dann nehme ich mir meine Unterwäsche. Ich achte darauf, dass sie möglichst gemütlich und multifunktional ist. Dann nehme ich mir zwei lange Hosen von der zweiten Regalplatte. Eine ist dunkelblau, die andere Schwarz. Für alle Fälle nehme ich mir zusätzlich eine kurze Hose mit. Jedoch bezweifle ich, dass ich sie tragen werde. In Cemzij ist es relativ kalt. Zusätzlich nehme ich mir drei Langarmshirts und zwei Hoodies. Nun ist mein Kleiderschrank halbleer. Ich hole noch eine Outdoorjacke heraus und werfe sie in die Tasche. Schuhe nehme ich keine mit. Ich habe nur ein Paar und das ziehe ich für die Reise an.
'Den Rest der Tasche dürfen Sie mit persönlichen Gegenständen füllen. Gute Reise! Und nicht vergessen: Punkt sieben vor ihrer Haustür. '
Persönliche Gegenstände. Ich habe kaum Habseligkeiten. Etwa ein Drittel meiner Tasche ist noch leer. Was kann ich denn nur mitnehmen?
'Waffen!' Ist mein erster Gedanke. Fuck. Dazu muss ich in den Wald. Ich sollte mich beeilen.
In weniger als zehn Minuten erreiche ich das erste Waffenversteck. Hier lagere ich Unmengen an Munition. Ich nehme reichlich. Unter Anderem ziemlich viele .30-06. Das sind vielseitig einsetzbare Gewehrpatronen. Dann ziehe ich zum nächsten Versteck. Dort verstecke ich Pistolen. Meine wahren Schätze. Die sind das wertvollste, was ich besitze. M4, Sig 220 und Colt. Diese drei werde ich mitbehmen. Den Rest werde ich Wohl oder Übel hierlassen müssen. Ich wende mich ab und laufe schweren Herzens weiter. Ich weiß, dass ich den Rest nie wiedersehen werde. Den Rest lasse ich zurück. Das Nächste sind Wurfmesser. Ich nehme sieben. Das reicht. Dann suche ich das letzte Versteck für heute auf. Dort verstecke ich das aller wichtigste. Bomben und Granaten. Rauchgranaten, Brandgranaten, Betäubungsgranaten, chemische Granaten und andere. Vor diesen Waffen habe ich am Meisten Respekt. Sie sind so klein und können doch so großen Schaden anrichten. Ich besitze im Vergleich zu anderen Waffen nicht viele von ihnen, aber definitiv genug um mein Umfeld auszulöschen. Ich nehme alle und verstecke die Waffen dann zwischen meiner Kleidung.
5:06. Dann laufe ich nach Hause.
5:11. Als ich ankomme streife ich in unserer Hütte umher, auf der Suche nach was Nützlichem. Schnell finde ich eine Schlange, einen Spanner und einen Dietrich. Alles Instrumente um Türen und Schlösser aufzubrechen. Ich lächle. Im Arbeitszimmer finde ich einen Multi. Eine Gerät, dass viele Funktionen wie zum Beispiel einen Kompass beinhaltet. Ich kann mich noch erinnern, dass ich ihn für sechs Eichhörnchen eingetauscht habe. Ich habe es mir noch gar nicht genau angeguckt. Schnell lasse ich es in meiner Tasche verschwinden. Die Zeit drängt. In der Küche nehme ich mir Cordelias Feuerzeug. Aus der Vorratskammer hole ich mir Brot, Äpfel und Nüsse. Dann gehe ich durch die Schlafzimmer. Zuerst zu Symon. Aber ich nehme nichts. Ich will nicht, dass ihm etwas fehlt, er hat sowieso nichts für mich Nützliches. Dannach gehe ich zu meiner Stiefschwester Jeyla. In einer ihrer Schubladen finde ich ein kleines Nähset. Garn und Nadel. Nicht mehr und nicht weniger.
Als ich im Schlafzimmer bin, ist es leer. Das heißt Cordelia und Dad sind beide in VR. 5:23. Ich will Dad noch einmal sehen, bevor ich gehe, deswegen betrete ich einen unserer Systemräume. Wie erwartet sitzt Dad auf seinem Stuhl. Doch er ist nicht in der VR. Sein Kopf hängt schlaff nach unten.
"Dad?" Frage ich in die Stille hinein. Als er nicht antwortet, komme ich näher.
"Alles okay bei dir?" Frage ich und ein Schauer prasselt meinen Rücken hinunter. Nun stehe ich hinter ihm. Keine Reaktion. Ich gehe um den Stuhl herum, um sein Gesicht sehen zu können. Mein Puls steigt auf 94 Schläge pro Minute. Der Anblick ist schrecklich. Dad ist kaum wiederzuerkennen. Seine Augen sind Blutunterlaufen. Sein Blick ist leer. Aus seinem leicht geöffnetem Mund tropft Blut. Seine Haut ist leichenblass.
"Dad" sage ich geräuschlos. Tränen rollen meine Wange hinunter. Dann schreie ich. Dad, Thomas Leenson ist tot. Weg. Er ist von mir gegangen, ohne sich zu verabschieden. Ohne, dass ich mich von ihm verabschiedet hab. Es ist ein schmerzhafter Tod. Ein Tod, der durch Virreal hervorgerufen wurde. Und wenn ich die Tests bestehe, werde ich für diese Schweine arbeiten. Was passiert, wenn ich die Tests nicht bestehe, will ich mir gar nicht ausmalen. Mom ist tot. Dad ist tot. Wenn ich die Tests nicht bestehe bin ich auch tot. Und was wird Symon ohne Dad und mich machen? Symon. Mein kleiner Simmey. Er ist der letzte, meiner Familie. Ihm darf nichts passieren. Ich muss diese Tests bestehen, was immer es auch kosten mag. Symon brauch mich. Das ist unsere Letzte Chance. Die Tests.
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Science Fiction"Das Genie ist der Fehler im System." - ( Paul Klee ) 2498. Alles ist hochmodern und die Technik ist fortgeschritten. Virreal Chips werden in Gehirne eingepflanzt und ermöglichen es, in eine virtuelle Welt einzutauchen. Alles passiert nur noch im W...