Eignungstests

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Das Mittagessen verlief mehr oder weniger ereignislos. Nakes kam nicht und ehrlich gesagt war ich froh darüber. Rechts von mir saß Delilah und laberte mich mal wieder voll. Links von mir saß ein gelangweilter und stiller Pol.
"Willst du gar nichts essen?" Fragt mich meine beste Freundin und deutet auf meinen Teller. Ich hatte in meinem Essen nur herumgestochert und das Brot noch nicht mal angerührt. Ich schüttel meinen Kopf. Die Ereignisse des Tages haben mir den Appetit verdorben, obwohl der Tag gerade erst angefangen hat. Ich seufze.
"Darf ich das dann haben?" Fragt sie und greift nach dem Pudding, der vor mir steht. Ich nicke und schiebe ihn zu ihr hinüber.
"Ich verstehe dich nicht, Jenna. Du hast hier so viel Auswahl. Guck dir das ganze Fleisch an! Stell dir nur vor wie teuer das alles war! Es kann nicht sein, dass dir nichts davon schmeckt." Ihre Augen werden groß, als sie das ganze Essen nochmal betrachtet. Das überrascht mich nicht. Ich habe zu Hause oft Fleisch auf den Teller bekommen. Ich habe ja auch illegal gejagt.
"Ich hab einfach keinen Hunger." Mit dieser Antwort scheint sie abgespeist zu sein.
"Also bei so einer Auswahl habe ich immer Hunger." Sagt sie und schiebt sich den Löffel in den Mund.
"Mir scheint es eher als würden sie uns mästen." Wirft Pol ein und schiebt sein Tablett auch weg. Er hat kaum was gegessen.
"Wollen wir gehen?" Frage ich ihn und er nickt zur Antwort.
Gerade als wir aufstehen wollen, hören wir das unangenehme Geräusch von einem Messer, dass gegen ein Glas schlägt. Unsere Blicke richten sich auf die schlanke Frau, welche in der Mitte des Speisesaals steht und ein halb-leeres Weinglas in der Hand hält. Diese Frau ist niemand geringeres, als Jayl Viscus. Sie räuspert sich kurz und erhebt dann ihre sanfte, engelsgleiche Stimme.
"Wie wundervoll zu sehen, wie viele es dieses Jahr zu den Tests geschafft haben. Ich heiße euch alle herzlich willkommen."
Wir applaudieren, manche Jungs pfeifen. Jayl sieht heute hübsch aus. Nicht, dass sie normalerweise hässlich wäre. Genau das Gegenteil. Nur sieht sie heute makellos perfekt aus, ja unnatürlich. Ihre Haut glänzt und ihre blonden Wellen fallen locker über ihre zarten Schultern. Ihre blaugrauen Augen strahlen nahezu. Ich muss sagen für ihre 32 Jahre hat sie sich erheblich gut gehalten. Würde ich sie auf der Straße sehen, würde ich sie auf maximal 21 schätzen. Generell gesehen ist sie im Gegensatz zu ihrem Mann Sebastian Viscus sehr jung. Dieser wird bald 57.
Jayls Stimme weckt mich aus meinen Gedanken.
"Wie ihr wisst, sind heute die letzten Nachzügler aus den äußersten Distrikten angekommen. "
Schon wieder wird geklatscht und gepfiffen.
"Erwartet wurden 327 Schulabsolventen. Traurigerweise wurden einige von ihnen verhindert." Ihre Rede wird von Flüstern übertönt. Ich frage mich, ob diese Leute wirklich nicht konnten, oder ob sie nicht wollten und deshalb vom Test 'entfernt' wurden. Ich hatte überlegt zu fliehen und nicht herzufahren, aber ich hatte die Idee beim Gedanken an meine Familie wieder verworfen.
"An der Zahl seit ihr 319 und ich bin stolz sagen zu dürfen, dass unter euch viele qualifizierte Herscher unserer Welt sitzen. Ich bin mir sicher alle von euch sind fähig, sonst wärt ihr nicht hier." Sie legt eine dramaturgische Pause ein.
"Jedoch wie jedes Jahr werden wir aussortieren. Nur den Besten der Elite können wir unsere Welt in die Hände legen. Nur weil ihr mehr seid, heißt das nicht, dass wir mehr Plätze an der Universität für Sie haben." Ein Raunen geht durch die Runde und aus einigen Gesichtern verschwindet das Lächeln. Jayl Viscus redet einfach weiter, als wäre nichts.
"Ich hoffe, ihr habt gut gelernt oder wisst alles aus dem Kopf, denn in ungefähr einer halben Stunde holen wir euch aus euren Zimmern und führen mit euch individuell den Eignungstest durch. Ihr werdet mir Zahlen zwischen 1 und 6 bewertet, was jedoch gut ist und was ist, sagen wir euch nicht. Die Virreals sind in dieser Zeit blockiert, das heißt ihr werdet den Test so absolvieren müssen, wie ihr natürlich seid." Ich beobachte die Leute um mich herum. Jacks lächelt siegessicher, Delilah hingegen steht die Erschrockenheit, wie ins Gesicht geschrieben. Sarah schaute noch nicht mal von ihrem Essen auf.
"Morgen fangen wir mit der ersten Testphase an: die Schriftliche. Da ihr so viele seid, werden wir euch nach euren Eignungstestergebnissen in Gruppen einordnen, ähnlich wie Klassen in der Schule. Eure Niveaus werden gemischt sein, sodass keine Klasse Vorteile gegenüber der anderen hat.
Mehr habe ich erstmal nicht zu sagen." Sagt Jayl als wäre es selbstverständlich und verschwindet unter Applaus aus dem Speisesaal. Gefolgt von ihrem persönlichen Butler und ihrer Beraterin und einem Bodyguard.
Wir blicken einander an und sobald man hört, wie die Tür ins Schliss fällt, fängt das Gerede an. Ich höre nur mit halben Ohr zu und wickle den Brotlaib in mehrere Servierten ein und verstaue ihn dann sicher und unauffällig in meiner Tasche. Erst denke ich, dass es niemand bemerkt hat, doch dann stupst mich eine Hand unterm Tisch an und ich sehe wie Pol mich aus dem Augenwinkel beobachtet. Er reicht mir unterm Tisch eine exotisch aussehende Frucht. Ich habe diese Frucht noch nie gegessen, habe aber in der Schule gelernt, was das ist. Den Namen habe ich vergessen, aber ich weiß noch, dass der Geschmack stark von der Reife abhängt und von bitter bis zuckersüß sein kann. Jedoch ist sie angeblich sehr lange haltbar. Ich nicke ihm kurz zu und beobachte, wie er mehrere Äpfel in seiner eigenen Tasche verstaut. Dabei redet er weiterhin mit den anderen, als wäre nichts. Ich stupse Delilah an.
"Hey, ich glaube wir sollten los. Ich will mich noch frisch machen." Sie nickt. Ihr Gesicht ist kreidebleich.
"Ich gehe auch." Schließt sich Pol uns an. Daraufhin wird der ganze Tisch auf uns aufmerksam und alle außer Sarah und Jacks beschließen auch auf ihre Zimmer zu gehen. Sarahs Haare verdecken ihr Gesicht, aber ich habe aus irgendeinem Grund das Gefühl, dass es ihr nicht besonders gut geht.
Auf dem Weg zu unseren Zimmern ist es still. Niemand redet, nur unsere Schritte und das leise Ächzen des Fahrstuhls ist zu hören. Als wir auf dem Jungsstock ankommen, umarmt Pol mich spontan.
"Du schaffst das." Flüstert er leise in mein Ohr, sodass es niemand hört. Dann steigt er aus und wünscht uns allen nochmal viel Glück. Ich sehe wie sich sein gut gebauter Körper durch die Jungsmasse schiebt, bis er plötzlich verschwindet. Sofort vermisse ich seinen Anblick und stelle mir seinen Körper in Gedanken vor. Ich stelle mir seine breiten Schultern und durchtrainierten Arme vor. Woher ich das alles so gut weiß, ist mir unklar. Es ist als wäre es in meinen Gedanken verankert. Scheinbar grundlos und nebensächlich. Könnte es sein, dass... Ich hoffe nicht.

Ich warte bereits seit mehr als zwei Stunden darauf, aus meinem Zimmer abgeholt zu werden, doch vergeblich. Als plötzlich die Tür von außen geöffnet wird, springe ich aufgeregt von meinem Bett auf, doch es ist nur Jasmin, welche von einem der Systemarbeiter ins Zimmer geführt wird. Sie wirkt erschöpft und gerade, als ich fragen will, wie es ihr geht, werde ich grob am Arm gepackt und vom selben Arbeiter aus dem Zimmer gezogen.
"Jenna Leenson, ich bringe sie zu ihrem Eignungstest." Sagt er kühl und drückt meinen Arm noch fester, während er mich durch die Flure in den Aufzug zieht.

Hey Leutchens,
Hier habt ihr ein neues Kapitel. Irgendwie hab ich wieder ein wenig Motivation gefunden weiterzuschreiben und hatte bei meinem Flug Langeweile. Ich bin gerade auf dem Weg nach Tel Aviv, wo ich meine Ferien verbringe. Bis hoffentlich bald, falls ihr noch dabei seid und wir lesen uns!
Evy_Dok

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