"Hey, wir sind fast da." Weckt mich Pols Stimme. Der Gleiter kommt zum Stillstand und ich rapple mich auf.
"Du hast echt lange geschlafen, du Murmeltier." Sagt Delilah.
"Fast fünf Stunden." Fügt Stepan hinzu. Ich gähne.
"Ich hätte gerne noch weitergeschlafen." Murre ich.
"Kannst du später noch." Sagt Pol und reicht mir meine Jacke.
"Brauch ich nicht." Sage ich.
"Oh doch. Es sind drei Grad Celsius, Jenna." Sagt meine Sitznachbarin. Sie nimmt meine Jacke entgegen.
"Zieh sie an." Stumm tue ich, was sie mir gesagt hat. Dann öffnet der Fahrer eine kleine Luke in der Wand.
"Die letzten 230 Meter müsst ihr zu Fuß gehen. Hier ist ein zu großer Stau." Der Fahrer schließt die Luke wieder. Wesper ist der erste, der zu seiner Tasche greift. Langsam holen wir auch unsere Taschen aus den Fächern über unseren Köpfen. Da sie alle gleich aussehe, müssen wir die Taschen öffnen, um zu sehen, wem sie gehört. Pol findet seine als erstes. Dannach Wesper und Stepan. Als Pol die nächste Tasche gerade öffnen will, halte ich ihn davon ab. Er darf auf keinen Fall die Waffen entdecken.
"Hey." Sage ich und halte seine Hand davon ab, den Reisverschluss zu öffnen. "Das ist meine." Ich deute auf das weiße Kreidekreuz am Griff.
"Na dann." Sagt er mit fragendem Unterton. Die letzte Tasche gehört Delilah. Sie fängt sobald wir aus den Gleitern gekommen sind ein Gespräch mit mir an, aber ich höre kaum zu. In Gedanken bin ich bei den Kameras. Werden wir gefilmt, oder sind sie ausgeschaltet? Wenn sie uns überwachen, habe ich keine guten Karten. Sie werden unsicher sein, was meine Tasche angeht. Da ich nicht wollte, dass Pol sie öffnet, werden sie denken, dass ich was zu verbergen hab. Und das ist nicht gut, weil es stimmt.
"Ich bin ja so aufgeregt." Ruft Delilah m, die Stimme voller Freude.
"Ich ehrlich gesagt auch." Sagt Wesper. Pol legt einen Arm um mich ind zeigt auf ein Schild.
"Central University" liest er laut vor. "Da ist es. Dort ist unsere Zukunft." Sagt er voller Tatendrang.
"Oder unser Grab." Sagt Stepan. Delilah und Pol lachen. Mir ist nicht zu lachen zu mute. Hat Stepan vielleicht Recht? Der Ernst seiner Stimme macht mir Angst. Viel zu schnell, sind wir da und werden von einer schlanken, blonden Frau mit glasklaren, blauen Augen begrüßt.
"Guten Tag. Mein Name ist Jayl Viscus." Ich schnappe erschrocken Luft, als ich realisiere, wer da vor mir steht. Dies ist Sebastians Frau. Die Frau des Entwicklers von Virreal und dem Leiter unseres Systems. Erst jetzt fällt mir der Bodyguard hinter ihr auf.
"Wir kommen aus Forres District. Der Rest unserer Gruppe kommt nach. Sie stehen wahrscheinlich noch im Stau." Sagt Stepan höflich.
"Ach, das weiß ich schon." Lacht Jayl und schuttelt dabei ihre blonden Locken. Ich grinse wissend. Die Kameras.
"Na dann. Ich bin Wesper Klum." Er reicht ihr die Hand. Sie jedoch legt gelassen die Hände auf die Schulter eines Systemarbeiters, der neben ihr steht. Wesper ignoriert sie. "Nehmt euch doch einen Happen und ein Glas." Sagt der Arbeiter monoton und macht mit seiner behandschuhten Hand eine Geste zum Tablett. Pol lächelt und greift zu einem Spiess.
"Und Sie, die Dame?" Fragt der Systemarbeiter. "Wie wäre es mit einem Weißwein?" Bevor ich antworten kann, hat er mich schon abgespeist und wendet sich an Delilah. Verdutzt stehe ich mit dem Glas da.
"Guten Abend Miss Leenson. Folgen sie mir. Ich zeige ihnen ihr Zimmer." Wendet sich ein anderer Arbeiter des Systems an mich. Ich sehe mich nach Pol um.
"Ihrem Gruppenmitglied Pol Oprah wird bereits von einem Anderen das Zimmer gezeigt. Es besteht kein Grund zur Sorge." Er packt mich leicht am Arm.
"Kommen Sie, Jenna." Nachdem ich mich wohl oder übel in Bewegung setze, zieht er mich durch etliche Korridore. Als wir in einen Aufzug steigen, hhalte ich die Kälte der Stille nicht mehr aus.
"Wie zur Hölle soll ich mich hier denn zurechtfinden?" Beschwere ich mich.
"Es ist ganz einfach. Ihr Zimmer liegt im siebten Stock. Dort ist es die Nummer 13. Es befindet sich in Korridor B." Erklärt der Arbeiter genervt.
"Aha. Das sagt mir ja viel." Sage ich unhöflich. Wenn er mir nichts erklären wollte, würde ich mich selbst zurechtfinden müssen. So kompliziert kann das nicht sein, oder?
"Dies ist ihr Zimmer." Sagt der Arbeiter murrend und zeigt auf eine matte, weiße Tür mit einem bronzefarbenen Messingschild auf dem '7B13' steht. Siebter Stock, Flur B, Zimmer 13.
"Sie werden es sich mit einer Testperson teilen müssen." Er wartet, bis ich zur Bestätigung nicke und fährt dann fort.
"Meinen Unterlagen nach, heißt sie Jasmin Frea und kommt aus dem Fieldar District. Sie ist bereits gestern hier angekommen." Wieder wartet er auf eine Bestätigung von mir.
"Die Tür wird wie folgt geöffnet" sagt er und legt nimmt legt seinen rechten Zeigefinger in ein kleines Loch in der Glaswand. Ich sehe kurz den blauen Laserstrahl, der seinen Fingerabdruck prüft. Dann öffnet sich die Tür mit einem leisen Klicken. Bevor ich mich jedoch durch den Türspalt schieben kann, schlägt er die Tür wieder zu.
"Hast du dir deinen Zimmercode gemerkt?" Fragt er mich. Diese Frage ist einfach nur sinnlos. Schließlich ist das Messingschild direkt in meinem Blickfeld.
"Ja." Antworte ich deshalb.
"Achja? Und wie lautet es?"
"7B13." Sage ich nun genervt protokollgemäß.
"Gut." Knurrt er. Dann zieht er mich zu einem anderen Raum. 7A03. Hier wohnt Maria Ren Hens aus deinem Distrikt. Dann zieht er mich weiter.
"7A16, Jamie Whines. 7C09. 7C13, Delilah Ostman." Wir halten bei den Zimmer kaum an. Er zieht mich einfach durch die Flure.
"7D13, Rin Shan und 7E15, Sarah Eston...". Als ich denke, dass es virbei ist, zieht er mich in den Aufzug.
"7 war ein reiner Mädchenstock. Wir fahren jetzt zu 5. Dort sind die Jungs." Kaum öffnen sich die Türen, zieht er mich auch schon weiter.
"5B05, Stepan Stephphield. 5B08, Pol Oprah. 5C18, Wesper Klum und 5D01 Gin Sonjeij. Ab dann höre ich ihm nicht mehr zu. Die Wichtigsten habe ich bereits gehört. Ich lasse mich einfach durch die Gänge ziehen und betrachte die strahlend weißen Glaswände. Manchmal sind sie undurchsichtig, manchmal kann man aber auch Center City bestaunen.
"Wow. Es ist alles so modern und sauber." Staune ich und bleibe stehen.
"Wir sind ja auch in CC." Sagt der Systemarbeiter und führt mich zum nächsten Aufzug. Dann greift er meine Hand.
"Hey!" Sage ich empört und will sie wegziehen. Doch er ist stärker und schiebt meinen Zeigefinger in ein Loch im Aufzug.
"Benutz doch gefälligst deinen eigenen Fingerabdruck, so wie eben." Lehne ich mich gegen ihn auf.
"Geht nicht. Das hier ist ein Aufzug nur für die Testpersonen. Mein Abdruck bringt hier nichts." Sobald das grüne Lämpchen am Scanner aufleuchtet, drückt er auf 1.
"Auf diesem Stockwerk befinden sich exclusive Features für die Testpersonen." Die Türen öffnen sich und er schubst mich hinaus.
"Nunja. Sebastian Viscus legt trotz seinem brillianten Chip auf Realität während der Tests wert." Erklärt mir der Arbeiter, welcher mir zurzeit wirklich die Nerven raubt.
"Das wichtigste zuerst: Der Speisesaal. Dann hier die Bibliothek, das Trainingscenter, der Simulationsraum, Spa..." Gespannt höre ich ihm zu. Unter anderem versuche ich mir zu merken, wo die Cafeteria ist.
"Nächster Stock." Sagt er und wir fahren zum Erdgeschoss.
"Dies ist-wie du bereits gesehen hast-die Empfangshalle. Und dort drüben ist die Aula. Ihr müsst um 9 Uhr immer dort sein. Dann gibts Ansagen. Und sonst sind auf dem zweiten Geschoss die Testräume." Mit diesen Worten lässt er mich stehen.
"Und jetzt?" Frage ich ihn, während ich versuche bei seinem Tempo mitzuhalten.
"Also ich gehe jetzt. Du solltest in den Zimmer gehen und deine Zimmergenossin kennenlernen." Dann dreht er sich um und verschwindet durch eine Tür. 'Nur für Arbeiter des Systems' steht auf dem Messingschild. Okay. Jetzt muss ich irgendwie mein Zimmer wiederfinden. 7B13.Triumphierend stecke ich den Finger in das Loch in der Wand. Als die Tür sich öffnet, seufze ich erleichtert auf. Geschafft. Und das in nur 4,21 Minuten. Zufrieden schiebe ich meinen erschöpften Körper durch den Türrahmen.
Als erstes gerät ein Bett in mein Blickfeld. Es sieht weich und gemütlich aus. Ich mache mir noch nicht mal die Mühe, meine Schuhe auszuziehen oder meine Tasche hinzulegen, stattdessen schmeiße ich mich auf das Bett.
"Hey. Du bist wohl Jenna." Weckt mich eine Stimme aus meiner Entspannung. Ich drehe meinen Kopf nach links, wo die Stimme herkam.
"U-huh." Sage ich müde.
"Ich bin Jasmin Frea." Sie streckt mir die Hand voller Tatendrang hin.
"Aha." Sage ich nur und schließe die Augen.
"Ich komme aus dem Fieldar District." Erzählt sie mir.
"Ich weiß." Spreche ich in mein flauschiges Kissen.
"Und du?" Fragt sie neugierig. Endet ihr Redeschwall auch mal?
"Forres, ein Außendistrikt." Sie nickt.
"Wir aus Fieldar sind gestern angekommen." Redet sie weiter.
"Ich weiß." Genervt öffne ich meine Augen wieder und betrachte Jasmin. Sie hat braunblonde Haare, welche zu zwei Zopfen gepflochten sind und blaue Augen. Sie lächelt und ich entdecke eine kleine Zahnlücke zwischen ihren Vorderzähnen. Auf ihrem Kopf sitzt ein Strohhut. Dazu trägst sie ein passendes, rotblau kariertes Baumfällerhemd. Insgesamt wirkt sie, wie ein normales Mädchen vom Land.
"Ich würd ja sagen 'Howdy' aber das ist schon ein wenig veraltet." Sie lächelt. "Getreidekeks?" Sie hält mir einen Teller mit Keksen hin. Aus Paranoia zähle ich sie. Exakt 12. Falls übermorgen noch immer 12 übrig sind, weiß ich, dass die Kekse vermutlich vergiftet sind und ich ihr nicht trauen kann. Ich schüttel vorsichtshalber den Kopf.
"Nein, danke." Sie zuckt mit den Schultern und ich setze mich endlich auf. Erst jetzt fällt mir auf, wie verschwitzt ich bin. Mühsam rapple ich mich auf und ziehe meine Schuhe aus.
"Deine Tasche kann hierhin..." Fängt Jasmin an zu reden und greift zu meiner Tasche.
"Die nehm ich selbst." Sage ich und reiße ihr die Tasche aus der Hand. Sie runzelt ihre Stirn.
"Ich gehe duschen." Sage ich ihr und gehe zu einer Tür, hinter welcher ich das Bad vermute.
"Mit Tasche?" Sie zieht eine Augenbraue hoch. "Was verbirgst du vor mir?" Fragt sie misstrauisch.
"Meinen eigenen Keksvorrat." Scherze ich. Dann verschwinde ich im Bad.
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Error.
Science Fiction"Das Genie ist der Fehler im System." - ( Paul Klee ) 2498. Alles ist hochmodern und die Technik ist fortgeschritten. Virreal Chips werden in Gehirne eingepflanzt und ermöglichen es, in eine virtuelle Welt einzutauchen. Alles passiert nur noch im W...