Jawohl

79 4 0
                                    

Zum Ersten Mal sehe ich seine Augen und es raubt mir den Atem.  Ich habe noch nie etwas so wunderschönes gesehen. Seine natürliche Augenfarbe ist dunkelgrau. So rein, wie Wasser. Um die Iris herum sind seine Augen metallisch glänzend Gold, welches sich Nebelartig weiter ausbreitet. Mir wird klar, wie gefährlich es für ihn ist sich so zu zeigen.
"Du bist ein goldener Hacker?" Frage ich stumpf und mir fällt erst danach auf, wie unnötig diese Frage war.
"Ja, ich war sogar eine Zeit lang Anführer einer kleinen Gruppe." Er seufzt. "Ich muss dir noch so viel erzählen..." Ich nicke . Und wie. Er hat mein Interesse geweckt und ich will unbedingt mehr wissen. Das, was er mir erzählt bestätigt mich in der Theorie meiner Mutter Roxanna, dass  man durch das Implantat kontrollierbar wird. Wenn goldene Hacker Chips manipulieren können, kann es das System erst recht. Ich brauche mehr Informationen über das goldene Hacken. Und die einzige Art da ran zu kommen ist Nakes.
"Jenna, ich kann das nicht." Sagt Nakes plötzlich.
"Was kannst du nicht?" Frage ich und es fühlt sich so an, als ob meine Möglichkeiten entschwinden.
"Ich kann dir das jetzt nicht alles einfach so erzählen. Weißt du, wie riskant das für mich ist? Wenn du mich verrätst, ist es vorbei mit mir." Entscheidet sich Nakes um.
"Ich würde dich nicht verraten." Gebe ich ihm mein Versprechen.
"Das sagen sie doch alle. Und ich bin trotzdem hier. Jemand, dem ich vertraut habe, hat meine Identität an das System gegeben, um sich selbst zu schützen. Und jetzt bin ich hier. Sobald es auch nur ein Anzeichen gibt, bin ich weg vom Fenster." Sagt er und mir wird schmerzhaft bewusst, wie er mir misstraut.
"Ich bin nicht, wie alle." Meine Argumente sind schwach, das weiß ich selbst, doch ich habe keine Ahnung, wie ich ihn umstimmen kann.
"Und das sagen sie alle." Sagt er verächtlich und spuckt auf den Boden.

Nakes P.O.V

Sie ist nicht wie alle. Ich spüre es, seitdem ich sie das erste Mal gesehen habe und doch bin ich mir unsicher. Das Risiko ist so hoch und unser Vertrauen ineinander ist kaum vorhanden. Und trotzdem habe ich ihr bereits so viel erzählt. Eigentlich macht es kaum mehr einen Unterschied.
"Ich bin nicht, wie alle." Sagt sie. 'Ich weiß' denke ich unentschlossen.
"Und das sagen sie alle." Ich spucke bei dem Gedanken an die Person, die mich verraten haben muss verächtlich auf den Boden. Man MUSS mich verraten haben. Ich habe zwei Identitäten. Einmal meine Echte, die ich jedoch abgelegt habe, nachdem ich geflohen bin, und die zweite, mit der ich danach in der Army war. Keine meiner Identitäten ging je zur Schule oder war anderswo registriert. Um mich zu finden, hätte man überall im System suchen müssen. Und dann auch noch der Anschlag... Ich schwelge in Erinnerungen an Angess, als mich Jenna wieder in die Realität holt.
"Ich bin ein Fehler." Sagt sie in die Stille hinein. Das hatte ich mir schon gedacht. Ich hatte beim Essen nach ihrem Server gesucht, um sie anzutexten, konnte aber keinen finden. Eigentlich ein Grund ihr zu vertrauen, oder nicht? Schließlich weigert sie sich der VR beizutreten.
"Mein Vater starb erst vor kurzem an VR-Sucht und meine Mom verließ uns, als ich noch klein war. Ich kann mich nicht an Vieles von ihr erinnern, aber sie ist der Grund dafür, dass ich ein Fehler bin. Sie sagte mir, man sei dadurch kontrollierbar, deshalb vertraue ich dem System nicht." Erkläre sie grob und Lückenhaft um ein wenig mein Vertrauen zu gewinnen.
"Ich glaube du weißt schon zu viel. Zu viel, als das ich dir den Rest enthalten könnte." Ich sehe, wie ein Lächeln auf ihr Gesicht huscht und muss nun auch Lächeln.

Wir gehen zu unserem geheimen Ort in den Fliederbüschen und setzen uns auf die gewebten Matten. Doch nach einiger Zeit springt Jenna, wie von einem Geistesblitz getroffen auf und geht zu einem der dickeren Fliederäste. Kurz darauf kommt sie mit einem ihrer Wurfmesser wieder.
"Wenn wir es tun, dann tun wir es auf ernster Basis." Sagt sie und guckt mich aus ihren großen Augen an, während ihre leicht welligen Haarspitzen ihr ins schmale Gesicht fallen.
"Baby, wir können es tun wo du willst und wie du willst. Kommt natürlich ganz drauf an, auf was du so stehst." Sage ich und grinse sie anzüglich an.
"Arsch." Sagt sie und rammt mir den Ellbogen in die Rippen, worüber ich kurz auflache.
"Jetzt ehrlich, Nakes." Sagt sie bestimmt und ich beschließe mir erst einmal anzuhören, was sie zu sagen hat und dann zu sehen, was wir aus dieser verkorksten machen können. Sie zieht ein beschriebenes Papier aus ihrer Tasche und legt es vor mich. Nach einem kurzen Blick darauf, sehe ich, dass es eine Art Vertrag ist.
"Nakes, wenn wir uns wirklich komplett dem Anderen öffnen und ihm alles erzählen, wollen wir, dass es unter uns bleibt. Diese Beziehung setzt eines voraus: Vertrauen. Somit gibt es einige Bedingungen und Sachen, die vorher besprochen werden sollten." Als sie endet, schaut sie mich erwartungsvoll an. Ich nicke.
"Und die wären?"
"Vertrauen ist eine Art Bund. Wenn einer den Anderen verrät, ist dieser gebrochen. Aber wie weit geht der Bund, bis zum Tod oder endet er bereits beim Streit um die Nutella?" Sie lächelt verschmitzt und versucht Humor in die Sache einzuwickeln. Eine Eigenschaft, die ich an ihr mag.
"Ich mag Nutella gar nicht mal so gerne." Sage ich statt eine vernünftige Antwort zu geben.
"Na dann. Gehen wir mal vom Extremsten aus. Sind dir deine Geheimnisse so viel Wert, dass du mich sterben lassen würdest?" Fragt sie und die Frage trifft mich wie ein Schlag. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich kenne die Antwort, weiß aber trotzdem nicht, wie ich auch die Frage reagieren soll.
Ich habe Angess beim Anschlag vor einigen Jahren verloren. Sie bedeutete mir die Welt und plötzlich wusste ich nicht, ob sie noch lebte oder von einer der Bomben erwischt wurde.

Error.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt