Kapitel 55

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Aaron

Seit einer Stunde sassen wir hier schon und hatten noch nichts gehört. Jedes Mal wenn die Tür aufging hofften wir, dass der Arzt zu uns kam und uns sagte das es ihr gut ginge, dass sie keine bleibenden Schäden davontragen würde und was am wichtigsten war: das sie noch lebte. Aber rein gar nichts passierte. Tristan schrieb mir fast alle zehn Minuten und fragte mich wie es ihr ginge, aber die Antwort war immer gleich. Schliesslich konnte ich ihn nach dem fünften Mal davon überzeugen, dass ich ihm jede halbe Stunde auf dem laufenden hielt.

Wir waren am Boden. Carter lief die ganze Zeit nervös hin und her. AJ und Nash suchten die ganze Zeit nach Antworten im Internet. Amber weinte ununterbrochen und war vor zehn Minuten eingeschlafen. Und Nate und ich? Wir starrten einfach vor uns hin. Ich konnte die Bilder in Ambers Haus immer wieder vor meinen Augen sehen und ich konnte mir denken das es Nate nicht anders ging. Zuzusehen wie jemand blutüberströmt auf dem Boden lag und immer schwächer und schwächer wurde und drohte zu sterben war schrecklich. Das wünschte ich nicht einmal meinem schlimmsten Feind.

Aber eins wusste ich. Solange Cas noch hinter dieser Tür war ging es ihr gut. Solange bis uns ein Arzt sagte sie würde überleben oder halte eben...nicht.

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Seit Cas eingeliefert wurde sind nun schon sechst Stunden vergangen. Dieses Warten raufte uns allen noch den letzten Nerv. Nicht zu wissen wie es Cas ging war einfach der Horror. Die Schwestern sagten uns die ganze Zeit, dass wir doch in die Cafeteria warten sollten oder Zuhause, aber wir verneinten immer. Wir wollten den Zeitpunkt nicht verpassen wenn ein Arzt aus dieser Tür kam und uns sagte was los war.

Tristan hatte mir geschrieben, dass sie wohl in spätestens drei Stunden hier sein würden. Für ihn war es wahrscheinlich noch schlimmer als für uns. Er war auf einem anderen Kontinent und brauchte erst einmal neun Stunden für den Flug. Wenn mir jemand immer nur Nachrichten über den Zustand meiner Brüder schreiben würde, würde ich durchdrehen.

Als die Tür dieses Mal aufging hatte ich überhaupt keine Hoffnung das es für uns war. "McKenzie!" ich hob meinen Kopf und sah zum Arzt der vor der Tür stand. Sofort sprangen wir auf und gingen zu ihm. "Wir sind ihre Freunde." sagte ich und sah ihn an. "Es tut mir leid, aber ich darf nur Familienangehörige informieren." sagte er und wollte sich wieder wegdrehen. "Ich bin ihre Schwester!" sagte Amber und trat nach vorne. Er musterte sie kurz und nickte schliesslich. "Ihre Schwester hatte riesiges Glück. Während der Operation haben wir sie mehrmals verloren, darum ging es auch so lang. Wir konnten sie aber jedes Mal zurück holen. Das Messer hat ihr Herz nur um einen Zentimeter verfehlt. Wir konnten alle Blutungen stoppten und ihre Wunde versorgen. Sie hatte wirklich einen guten Schutzengel." wir atmeten erleichtert aus als er die Worte sprach. Cas hatte es überlebt und sie würde wieder werden. Amber sprang dem Arzt vor Freude um den Hals. Er wiederum lächelte nur und ging, nachdem er uns noch sagte das er die Polizei informiert hatte. Stimmt, das war etwas, was wir völlig vergessen hatten.

Ich liess mich auf den Stuhl fallen und legte meine Hände in mein Gesicht. Ich war unendlich erleichtert und froh. Bald könnte ich sie wieder in meinen Armen halten und ihr endlich erklären, wieso ich gestern einen Rückzieher gemacht hatte. Ich wusste es war unter aller Sau von mir und ich würde es gerne rückgängig machen, aber das konnte ich leider nicht. "Die Schwester hat gesagt das wir zu ihr können, sobald sie von der Intensivstation kommt, aber das könnte noch ein paar Stunden dauern." sagte Carter und setzte sich neben mich. Auch er sah erleichtert aus. Sie bedeutete ihm wirklich viel. Cas war für ihn wie die Schwester die er nie hatte. "Mir ist es egal wie lange es noch geht." sagte Amber und ich nickte zustimmend. "Solange es ihr gutgeht kann ich warten. Auch wenn es Jahre sind." sagte ich und lehnte mich nach hinten.

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Tristan

Die letzten zwölf Stunden seit ich mit Aaron telefoniert hatte waren der Horror. Nach dem Anruf haben Mum und ich sofort alles stehen und liegen lassen und sind zum Flughafen, wo wir den nächsten Flug nach London genommen hatten. Ständig starrte ich auf mein Handy in der Hoffnung, dass es etwas neues gab. Aber ich bekam nur jede halbe Stunde ein Update von Aaron.

Nach sechs Stunden kam dann endlich die erlösende Nachricht. Cas hatte es überlebt und es ging ihr gut. Nur was mich schockierte war, dass es genau gleich war wie vor vier Jahren als sie mit ansehen musste wie ihre Eltern auf brutale Art und Weise umgebracht wurden. Auch damals verfehlte das Messer ihr Herz nur um einen Zentimeter, genau wie dieses Mal auch. Cas hatte einen verdammt guten Schutzengel.

Jetzt endlich, nach zwölf Stunden bangen kamen wir mit dem Taxi beim Krankenhaus an. Wir gingen sofort in die Notaufnahme wo ich alle sitzen sah. Sie sahen scheisse aus, aber das war auch kein Wunder. So wie ich sie kannte, waren sie schon die ganze Zeit hier und hatten sich nicht vom Fleck bewegt. "Aaron!" rief ich und ging mit Mum auf sie zu. "Mum!" rief Amber und schmiss sich in ihre Arme. Ja, Amber nannte Mum Mum und sie freute sich einfach darüber. Ich umarmte Aaron kurz und sah ihn an. "Wie geht es ihr?" fragte ich ihn. "Sie ist auf der Intensivstation. Wir können erst zu ihr, wenn sie auf der normalen Station ist." ich nickte und begrüsste noch die Anderen, genau wie Mum. Amber schmiss sich auch in meine Arme und ich drückte sie so fest ich konnte an mich. Meine Schwester so zu sehen konnte ich nicht ertragen. Auch wenn ich sie nicht lange kannte, war sie ein Teil von mir und ich liebte sie genauso wie Cas.

"Entschuldigen Sie bitte!" wir drehten uns zu einer Krankenschwester um. "Miss McKenzie wurde auf die Station gebracht und sie können zu ihr. Aber bitte nur einen nach dem Anderen. Sie braucht noch ruhe." sagte sie. "Ist sie wach?" fragte Aaron, worauf sie ihren Kopf schüttelte. Wir entschieden uns das Aaron zuerst mit der Krankenschwester mitging, dann ich, Amber, Rose, Carter, Nate, AJ und dann Nash.

Ich setzte mich auf einen der Stühle neben Carter und atmete tief durch. Cas ging es gut. Sie hatte es überlebt. Ich zweifelte keine Sekunde daran das sie es nicht überleben würde. Immerhin hatte sie ein starkes Herz und hatte schon so einiges überstanden.

Kalt wie SchneeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt