Scheiße, zu spät!
Panisch rannte ich den langen Flur entlang, wobei die Absätze meiner Boots laute Geräusche auf dem Marmorboden verursachten. Kurz stoplerte ich und wäre fast der Länge nach hingefallen. Das hätte gerade noch gefehlt. Einige meiner langen Haare flogen mir ins Gesicht und ich versuchte sie verzweifelt aus meinem Mund zu bekommen. Die Türen in den Wänden neben mir flogen nur so an mir vorbei und mein Sichtfeld verschwamm, als ich mein Tempo noch mal erhöhte. Mit einer unnormalen Geschwindigkeit sprintete ich jetzt den breiten Gang entlang und kam dann vor einer gut drei Meter hohen Flügeltür rutschend zum Stehen.Vor dieser standen zwei große Kerberos. Die beiden, dreiköpfigen Hunde hatten schwarzes Fell und rote Augen. Um jeden ihrer drei Hälse lag ein mit Stacheln besetztes Halsband, aus ihren Mäulern ragten riesige Zähne. Dennoch mochte ich diese Tiere, die auf Andere wohl furchteinflößend wirkten. Logisch, ich bin mit ihnen aufgewachsen. Für mich waren sie ganz normal und gehörten zu meinem Leben.
Einer der Kerberos trat vor und verneigte sich leicht.
"Ihr seid zu spät." sagte er mit einer tiefen, respektvollen Stimme. Nicht jeder konnte mit ihnen sprechen, es war eine meiner besonderen Gaben Tiere verstehen zu können. Außerdem waren sie ein paar der Wenigen, die mich respektvoll behandelten.
Ich verzog mein Gesicht und versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Leviathan dreht mir den Hals um. Dachte ich noch kurz und stieß dann kraftvoll die große Flügeltür auf.
"Gut, also wenn sie nicht mehr kom..." hörte ich noch eine tiefe Stimme wütend knurren. Als ich die Tür öffnete und den großen, kreisrunden Saal betrat wurde jedoch alles ruhig. Der Raum erinnerte im Entfernten an eine winzige Gladiatorenarena. Die innnere, runde Fläche wurde durch eine gut zwei Meter hohe, ebenfalls runde, Mauer begrenzt, auf welcher insgesamt sechs Throne standen. Zwei genau gegenüber vom Eingang, dann noch jeweils zwei rechts und zwei links. Dabei sah jeder Thron etwas anders aus, war aus Eisen, Gold oder Stein. Der auffälligste Thron war einer von denen gegenüber dem Eingang, er überragte die Anderen bei weitem und war am meisten verziert.Leise räusperte ich mich und ging etwas weiter in den Raum hinein.
"Entschuldigung, ich musste noch etwas erledigen." murmelte ich und lief dann schnell zu meinem Platz. Die Mauer sprang ich einfach hinauf, kein Problem für mich. Dann ließ ich mich auf meinen Thron plumpsen, welcher direkt neben dem größten im Raum stand.
"Was kann denn so wichtig gewesen sein, dass sie zu spät gekommen ist? Schon wieder?" hörte ich eine Stimme leise murmeln.
"Leviathan!" donnerte es durch den Raum und alle zuckten leicht zusammen. Neben mir tauchte der Besitzer des auffälligsten Thrones auf. Seine blond bernsteinfarbenen Haare waren etwas zerfranst und lagen perfekt auf seinem Kopf, obwohl er sich nicht mal die Mühe machte und sie richtete. Ein Paar eisblauer Augen musterte den anderen Dämon abschätzend, schließlich landete der Blick kurz auf mir. Mit einem kurzen Nicken setzte er sich und auch die anderen Dämonen taten es ihm gleich.
"Möge der Prozess beginnen!" rief Luzifers Stimme gebieterisch und ab diesem Moment klinkte ich mich aus.Wenn ich mich vorstellen darf, Cherubyn, Tochter des Teufels und angeblich zweit stärkster Dämon der Hölle. Zumindest nach dem was man glauben sollte. Eigentlich jedoch halten mich die meisten Bewohner der Unterwelt für schwach und arrogant. Da ich mit meinen rund 230 Jahren noch nie wirklich vor irgendeinem Dämon gekämpft oder getötet habe glauben alle ich könnte es nicht. Bis auf meinen Vater natürlich, er weiß das ich viel mehr drauf hab, als alle wissen.
Ich habe hüftlange, dunkelrote Haare und eisblaue, geschlitzte Augen, außerdem porezellan weiße Haut. Also genau das, was sich die Menschen unter einem Dämon vorstellten, wie ich gelesen hatte. Abgesehen von meinen Augen hatte ich somit nicht viel von meinem Vater. Wie eben schon erwähnt hatte dieser blonde Haare, aber auch eine braune Haut, die genau den perfekten Ton hatte. Auch ansonsten sah er einfach perfekt aus. Er hatte viele Muskeln, jedoch nicht so viele, dass es wieder hässlich aussah, genau perfekt eben. Wäre ich nicht seine Tochter, ich würde wahrscheinlich total auf ihn abfahren. Doch trotz seines engelsgleichen Erscheinungsbildes war er alles andere als nett und gnädig. Im Moment, zum Beispiel, verurteilte er eine junge Frau zu ewiger Folter. Warum wusste ich nicht. Bereits vor vielen Jahren hatte ich mich an diese Prozesse für 'Sonderfälle' von Menschen, aber auch manchmal Dämonen, gewöhnt.
Zusammen mit seinen vier Beratern und mir wurden diese Prozesse abgehalten, bei denen Menschen und Dämonen, welche ein besonders schweres Verbrechen begangen hatten, ihre Strafen erhielten. Doch mich langweilte es bloß noch, nach so vielen Jahren in der Hölle stumpfte man gegenüber solchen Sachen ab.
Die Berater Luzifers, beziehungsweise Mit-Herrscher der Hölle, waren Satan, Leviathan, Belial und Beelzebub. Entgegen der Meinung vieler Menschen waren Luzifer und Satan zwei getrennte Personen. Luzifer war der König der Hölle und trug auch noch etwas des ehemaligen Engels in sich, was nicht heißen sollte das er schwach war. Satan dagegen war die Verkörperung des Bösen und Niederträchtigen und war dementsprechend stark. Deshalb war er auch einer der Höllenfürsten. Bei der Hierarchie der Dämonen ging es nur um Stärke und strategisches Geschick.
Leviathan war in der Lage das Wasser zu kontrollieren und stand außerdem für Neid. Es wurde gesagt er könne seine Gestalt von einem Mann in eine Frau ändern, und hätte so bereits unzählige Dämonen und Menschen in die Irre geführt. Belial war der Vizekönig der Hölle, wurde aber auch manchmal König der Dämonen genannt. Obwohl sein Rang höher war, als der der anderen Höllenfürsten, wurde er meistens genauso wie sie behandelt. Nur manchmal führte er Gespräche nur mit Luzifer und unterhielt sich über die wichtigen Angelegenheiten der Hölle. Des Weiteren war er außerdem Herrführer der Hölle.
Zu guter letzt noch Beelzebub. Er war Fürst der Finsternis und wurde von allen für seine Grausamkeit gefürchtet. Diese beiden Aussagen sprachen eigentlich für sich.
Und was hieß das Ganze für mich? Genau, nur Männer! Ich war die einzigste Frau im 'Rat der Hölle' und wurde dabei auch noch als verweichlicht und schwach angesehen. Und das alles nur, weil mein Vater es so wollte. Genervt seufzte ich.
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Mein Name ist Morgenstern
Fantasía"Nichts wird dich mehr zerstören als die Erkenntnis, dass du dieses Leben führen musst. Egal was du tust, du wirst diese Schlachten schlagen, du wirst in diesem Krieg an vorderster Front kämpfen und du musst ihn gewinnen, denn er ist der Letzte." Vo...