Ich verließ mein Zimmer wieder und ging in richtung Arbeitszimmer. Zu meinem Pech war es am anderen Ende des Palastes. Seufzend bog ich um eine Ecke, in einen breiten Gang ein. Der Boden bestand aus einem dunkelroten Teppich, die Wände aus dunkelgrauem Marmor, in welche in regelmäßigen Abständen Säulen und andere Dekorationen eingebaut waren. Licht wurde von Fackeln in kunstvollen Haltern gespendet. Zwischen den Säulen hingen manchmal Bilder, von mir als ich klein war oder verschiedenen Engeln, beziehungsweise Dämonen. Ab und zu kamen mir ein paar Wachen entgegen. Sie trugen schwarze Rüstungen und verneigten sich, sobald sie mich sahen. Sie gehörten zu den Dämonen, die mich trotz meiner angeblichen Schwäche respektierten, am Ende jedoch stets auf meinen Vater hörten. Dies war mir aber ziemlich egal, solange sie nicht gegen ihren Willen hier arbeiteten und mich hassten. Obwohl... eigentlich ist es mir ja auch egal wer mich hasst, meistens jedenfalls.
Als mir dann endlich niemand mehr entgegen kam, sah ich mich verstohlen um und lehnte mich an die Wand neben einer der Säulen. So war ich kaum noch zu sehen, falls doch jemand den Gang entlang kommen sollte. Ich schloss meine Augen und stellte mir in Gedanken mein Arbeitszimmer vor. Es würde schon keiner merken, wenn ich ein mal meine Kräfte benutzte. Wer war auch auf Idee gekommen das Arbeits- so weit weg vom Schlafzimmer zu bauen? Gerade wollte ich meine Magie einsetzten und verschwinden, als ich schnelle Schritte wahrnahm. Seufzend öffnete ich meine Augen und trat aus dem Schatten der Marmorsäule heraus. Gerade noch rechtzeitig, denn in diesem Moment kam der Mann schlitternd vor mir zum stehen.
"Jensit, was gibts?" fragte ich genervt. Mein Berater verneigte sich leicht und hob dann wieder seinen Kopf. Dabei verrutschten seine sonst immer perfekt sitzenden, dunkelblonden Haare leicht. Seine katzenartigen Augen musterten mich kurz, dann sah er wieder mich an. Wie bei Katzen war auch sein Augapfel komplett farbig und wurde in der Mitte durch einen schwarzen Schlitz geteilt. Jensit setzte kurz eine entschuldigende Miene auf, als er mein genervtes Gesicht sah. Dann lächelte er leicht. "Arbeit, wie immer." antwortete er mir. Ich verdrehte die Augen und begann weiter richtung Arbeitszimmer zu laufen. Er holte mich ein und lief neben mir her. "Was ist denn jetzt wieder los? Hab ich irgendetwas falsch ausgefüllt, oder hat irgendeiner der Bewohner wieder irgendeine nichtige Befindlichkeit?" knurrte ich. Jensit schüttelte leicht den Kopf. "Einer der Wächter des Fegefeuers soll durchdrehen und alles kurz und klein schlagen." erklärte er sachlich. Ich zuckte mit den Schultern und sah ihn verwirrt an. "Ja und? Kann sich nicht Amon darum kümmern, oder Garm?" fragte ich. Jensit schüttelte wieder den Kopf. "Dies ist nicht Amons Aufgabenbereich und Garm ist gerad am anderen Ende der Hölle, um die dortigen Wesen unter Kontrolle zu halten. Als zweite Herrscherin der Wesen der Unterwelt ist es somit eure Aufgabe sich darum zu kümmern." sagte er mit seiner typischen Besserwisser Stimme. Dabei bedachten mich seine wässrig grünen Augen mit einem leicht überheblichen Blick. Ich schnaubte. "Jaja, ich kümmer' mich drum." Jensit drehte sich zu mir herum und grinste leicht. "Gut, und danach könnt ihr gleich in euer Arbeitszimmer kommen und wir fangen mit dem Rest an." Damit löste er sich in Luft auf und hinterließ ein wenig Nebel.
Ich knurrte genervt und beschloss nun nicht erst zu dem Teleportierplatz zu laufen. Sonst würde ich heut zu gar nichts mehr kommen. Ich riss die nächst gelegene Tür auf, hinter welcher sich eine enge Wendeltreppe befand. Schulterzuckend schloss ich meine Augen und stellte mir das Tor zum Fegefeuer vor. Kurz darauf öffnete ich meine Augen wieder und spürte eine erdrückende Hitze um mich herum. Ein paar Meter von mir entfernt befand ich ein gut 10 Meter hohes Eisentor, welches an eine fast genauso hohe Mauer angrenzte. Das Tor war überall mit Symbolen der Hölle und Schnörkeln verziert, war aber dennoch extrem dick. Trotzdem hatten sich an einigen Stellen bereits Löcher in den dicken Stahl gefressen, sodass dahinter rot leuchtende, riesige Flammen zu erkennen waren. Die Schreie leidender Seelen drangen an mein Ohr, ließen mich jedoch völlig kalt. Schon als ich klein war hatte mich mein Vater oft mit hierher, und an noch viel schlimmere Orte, genommen. Vor dem Tor erstreckte sich eine weite Ödlandschaft. Der Boden war grau, an manchen Stellen brannten vereinzelt kleine Feuer, ab und zu war das Gerippe eines verbrannten Baumes zu sehen und ein paar verwirrte Seelen schwirrten umher. Die Luft flimmerte leicht von der Hitze. Das alles beachtete ich nicht weiter, schon vor 100 Jahren hatte so etwas aufgehört mich zu interessieren. Jeweils rechts und links vor dem Tor saß normalerweise ein riesiger Kerberos, Raym und Ruye. Verwirrt zog ich eine Augenbraue hoch, als ich bemerkte das Ruye fehlte. Na gut, sowas hat Jensit ja schon angedeutet. Ich pfiff laut, woraufhin der erste Höllenhund seine sechs Ohren spitzte und mich aufmerksam betrachtete.
![](https://img.wattpad.com/cover/85366254-288-k502039.jpg)
DU LIEST GERADE
Mein Name ist Morgenstern
Fantasía"Nichts wird dich mehr zerstören als die Erkenntnis, dass du dieses Leben führen musst. Egal was du tust, du wirst diese Schlachten schlagen, du wirst in diesem Krieg an vorderster Front kämpfen und du musst ihn gewinnen, denn er ist der Letzte." Vo...