23 - Kriegserklärung

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Luzifer

Das gesamte Zimmer bebte, als ich mit einer Faust auf den Tisch vor mir schlug und ihn zerstörte. Das Holz splitterte und es krachte laut, als das Möbelstück in zwei Hälften zersprang. "Kann sie nicht einmal auf mich hören?" schrie ich aufgebracht und wusste das meine Augen längst rot waren. Krampfhaft öffnete und schloss ich meine zu Klauen geformten Hände, um nicht ganz die Kontrolle zu verlieren. Meinen Gegenüber ließ das völlig kalt. Belial musterte mich nachdenklich und war, wie immer, die Ruhe in Person. "Sie kommt eben ganz nach dir." schmunzelte er, fing sich dafür aber einen vernichtenden Blick ein. Ich fühlte mich im Moment ganz sicher nicht in der Verfassung irgendwelche Witze zu reißen. Mein Vizekönig seufzte und strich sich ein paar seiner langen Haarsträhnen aus dem Gesicht. "Es ist jetzt sowieso nichtmehr zu ändern, bestrafen kannst du sie noch später. Ersteinmal muss dafür gesorgt werden, dass niemand mitbekommt wer sich mit dem Erzengel angelegt hat. Käme dies raus hätten wir noch ein wesentlich größeres Problem." erklärte er sachlich und versuchte mich zu beruhigen. Ich fuhr mir durch die blonden Haare und knurrte missmutig. Es war mir fast schon klar gewesen, dass Cherubyn auf die Erde gehen würde, aber nicht das sie sich gleich mit einem Erzengel anlegen musste. Und der Magiewelle nach, die letztens durch die Hölle gezogen war, handelte es sich bei jenem Engel um Michael. Sie konnte von Glück sagen das sie diese Begegnung überlebt hatte. Zwar war sie durchaus stark genug es mit ihm aufzunehmen, aber ihr fehlte das nötige Training. "Hoffentlich hat der Engel nichts bemerkt." sagte ich und begann auf und ab zu laufen. "Wenn wir nicht aufpassen wird es genauso ablaufen wie damals." Belial schüttelte den Kopf fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. "Es wird sich nicht wiederholen. Wir haben die Hölle komplett abgeriegelt und werden uns gleich mit ein paar Vertretern des Himmels treffen." beschwichtigte er mich. Ich nickte und merkte wie sich meine Augen wieder auf ihr normales Blau abkühlten. "Viel Zeit werden sie uns nichtmehr geben, bevor sie den Krieg eröffnen, aber vielleicht können wir sie überzeugen." dachte ich laut. Es klang fast schon erbärmlich, wie wir den Himmel um den Frieden anbetteln mussten. Es lag nicht etwa an der schwachen Streitkraft der Hölle, ganz im Gegenteil mein Heer war mehr als Kriegsbereit, der Grund lag bei meiner Tochter. Ein Grund war, dass sie erst gegen die Schreie der Engel immun sein musste, um am Krieg teilnehmen zu können, es gab jedoch noch andere Gründe. Außerdem war da immernoch der Verräter, den sie finden musste.

"Ruf die anderen Höllenfürsten, wir gehen auf die Erde. Garm, Amon und Sitri sollen so lange auf alles aufpassend." befahl ich Belial, der sich zum Gehen wandte. Vor der Tür blieb er noch einmal stehen und sah mich mit einem bedeutungsvollen Blick an. "Früher oder später musst du sie ihre Kräfte benutzen lassen, lange wird sie das nichtmehr aushalten." sagte er und verließ den Raum. Ich grinste leicht und sah mich in dem leicht demolierten Raum um. "Das wird sie, keine Sorge."

Einige Stunden später stand ich mit den anderen Höllenfürsten vor einem riesigen Portal, welches auf die Erde führte. Wir trugen alle unsere Rüstungen und sahen mehr oder weniger schlecht gelaunt aus, was kein Wunder war. Nur Beelzebub kicherte neben Satan vor sich hin und freute sich bereits auf den Besuch der Menschenwelt. Ich selbst hatte noch nie etwas für Menschen übrig gehabt, sie waren bloß irgendwelche niederen Wesen, die sich gegenseitig zerstörten. Um uns herum wuselten ein paar Schatten und Diener, die dafür sorgten, dass das Portal offen blieb. Es war das letzte, das auf die Erde führte. Alle anderen, in der gesamten Hölle, waren geschlossen worden. Sämtliche Dämonen auf der Erde waren zurückbeordert worden. Der Himmel nahm dies wahrscheinlich als Zeichen der Schwäche auf und auch wenn ich es nicht mochte, konnte es nur vom Vorteil sein, wenn sie uns unterschätzten. Auf meinem Rücken thronten meine großen, schwarzen Schwingen, die die aller anderen Engel in den Schatten stellten. Belial und Leviathan hatten ebenfalls ihre Schwingen ausgefahren, um ihr Stärke zu demonstrieren. Auch Beelzebub zeigte seine Schwingen, was wirklich eine Seltenheit war, bei deren Aussehen aber auch kein Wunder. Die Schwingen des Höllenfürsten waren, genau wie seine Rüstung, mattschwarz und schienen das Licht zu absorbieren. Jedoch waren sie komplett zerfetzt, an einigen Stellen befanden sich Löcher und die Ränder waren total zerfranzt. In seiner rechten Schwinge prangte ein großes Loch, in welchem die Federn fehlten, zu sehen war das schwärzliche Gerippe seiner Schwinge. Alles in allem sahen seine Flügel furchbar aus, dennoch konnte er noch immer mit ihnen fliegen, auch wenn er es sehr selten tat. Kurz nach seinem Sturz aus dem Himmel hatten ihn die Engel erwischt und gefoltert, wodurch er nicht nur physische Narben an seinen Schwingen, sondern auch psychische Schäden davon getragen hatte. Ich hatte ihn noch im Himmel gekannt, wo er stets sehr ausgeglichen und freundlich gewesen war. Doch dieser Engel war tot, von seinen einstigen Brüder zerstört.

Mein Name ist MorgensternWo Geschichten leben. Entdecke jetzt