31 - Zeigen, wer ich wirklich bin

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Geschockt starrte ich in Leviathans Gesicht und war mir nicht ganz sicher wie nun reagieren sollte. Auch er, nein sie, starrte mich weiterhin an und schien nicht zu wissen was sie von meinem plötzlichen Auftauchen halten sollte. Ich hatte zwar oft gehört das Leviathan sich in eine Frau verwandeln könne, hatte es aber nur für ein Gerücht gehalten. Jetzt stand er vor mir, als Frau, und sah mich vorwurfsvoll an.

"Solltest du nicht in deinem Palast festsitzen?" fragte die hübsche Frau und verengte ihre Augen zu Schlitzen. Ganz wollte mein Gehirn nicht verarbeiten, dass diese seidenweiche Stimme zu dem arroganten Höllenfürst gehörte. Dennoch verdrängte ich diese Gedanken und sah sie mit einem Pokerface an. "Und solltest du nicht ein Mann sein?" zischte ich zurück. Hinter mir hörte ich ein überraschtes Schnauben von der Nerëyde. Leviathan sah mich wütend an und ballte ihre Hände zu Fäusten. "Lass das lieber sein, wenn du nicht möchtest das ich dich an deinen Vater verrate." knurrte sie unterdrückt. "Das ist doch ein Deal." grinste ich. Dieses mal beruhte dieses Vertrauen wohl auf Gegenseitigkeit. Wenn Leviathan mich an meinen Vater verpfiff würde ich den Nerëyden sagen dass sie normalerweise als Mann herumlief und Frauenherzen zum schmelzen brachte. Somit würde sie mir wohl oder übel zustimmen müssen.

Leviathan schaubte nur und sagte nichts weiter dazu. Dann wandte sie sich der Nerëyde zu. "Lass sie durch." sagte sie lediglich und drehte sich dann wieder zu der verspiegelten Höhlenwand. Auf dieser erschien erneut eine Szene mit meiner Schwester, wie sie gerade mit einem Dämon trainierte. "Warte." murmelte ich zu der Frau neben mir und lief zu Leviathan. Zum einen wollte ich wissen was sie hier machte, zum anderen musste ich einen Verdacht bestätigen.

"Wieso siehst du dir Erinnerungen mit meiner Schwester an?" fragte ich argwöhnisch und musterte die Höllenfürstin von der Seite. Diese zog eine Augenbraue hoch und sah mich überrascht an. "Du weißt von deiner Schwester?" fragte sie und wandte ihr Gesicht wieder zu mir. Ich grinste leicht und nickte. "Ja, und ich weiß auch das du ein Bild von ihr in deinem Palast hängen hast." Neben mir versteifte Leviathan sich spürbar und atmete zischend aus. "Das ist nichts ungewöhnliches. Jeder wichtige Dämon hat Bilder aller Höllenfürsten und anderen Adligen in seinem Palast hängen." knurrte sie. Ich schüttelte meinen Kopf und lachte leise. Dieses eine Mal hatte ich Leviathan aus der Bahn geworfen, ein tolles Gefühl, wie ich zugeben musste. "Freiheit und Gerechtigkeit sind nur Illusionen. Hab ich mir das richtig gemerkt?" sagte ich und sah an den großen Spiegel vor mir an. Das Bild meiner Schwester zerbarst mit einem Mal, während Leviathan zu mir herumwirbelte. "Was hast du gesagt?" zischte sie bedrohlich.

"Ich wiederhole mich." knurrte ich zurück. "Wieso bist du hierher gekommen um dir die Erinnerungen mit meiner Schwester anzusehen? Offenbar hast du sie ja etwas mehr gemocht als mich. Was hat sie so besonders gemacht?" zischte ich bedrohlich leise und sah Leviathan nach wie vor an. Auch ohne in ihre Augen zu sehen wusste ich das diese nun wahrscheinlich fast schwarz waren.

"Du hast keine Ahnung!" knurrte ihre tiefe Stimme neben mir. Sie hatte fast wieder die Tonlage eines Mannes erlangt, was mir verriet das es Leviathan schwerer fiel die weibliche Form zu halten. Jetzt war ich es, die herumwirbelte und sie wütend anstarrte. "Wovon hab ich keine Ahnung? Was ist der Grund das du sie so gemocht hast und mich hasst? Was habe ich dir jemals getan?" schrie ich fast. Plötzlich änderte sich etwas in Leviathans Augen. Sie verloren ihre Wut und wirkten traurig. "Ich habe sie nicht gemocht, ich habe sie geliebt." murmelte sie. Noch während sie das sagte ging die weibliche Form immer mehr zurück und Leviathan verwandelte sich wieder in einen Mann. "Ich hab deine Schwester geliebt." wiederholte er mit einer wehmütigen Stimme, in der so viel Trauer lag, wie ich es noch nie gehört hatte. Wieder fehlten mir die Worte und obwohl ich es in meinem Inneren bereits geahnt hatte, so hatte ich es doch nicht wahrhaben wollen. Deshalb hatte Leviathan dieses Bild dort hängen gehabt und es getarnt, damit er noch ein Bild meiner Schwester hatte, was ich nicht sehen sollte. Deswegen war er auch hierher gekommen, um sich Erinnerungen anzusehen in denen meine Schwester vorkam. Leviathan hatte meine Schwester geliebt, aber das erklärte noch nicht wieso er mich hasste.

Mein Name ist MorgensternWo Geschichten leben. Entdecke jetzt