1.Kapitel: Alte Erinnerungen

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Damals, dachte Nina, ja damals war so viel passiert. So viel Schlechtes, aber auch Gutes. Da war die Sache mit dem Jungen, bei dem sie Klavierunterricht nahm. Am Anfang wirkte er immer lustlos, aber mit der Zeit wurde offener und begeisterter. Er tat das ja nur, damit er und seine Freunde sich eine neue Kamera leisten konnten, aber das wusste sie nicht. Einmal hatten sie sich sogar geküsst, danach, aber musste sie mit ihrer Familie nach Frankfurt ziehen. Ihr Vater hatte dort aus beruflichen Gründen hinziehen müssen.  Eigentlich fand sie die Stadt ganz schön, aber etwas fehlte… Jan. So hieß er.

Der Abschied von ihm fiel ihr, und ihm, sichtlich schwer. Am liebsten hätte sie ihn die ganze Zeit um sich gehabt, aber das Schicksal wollte dies anscheinend nicht. Dabei war sie doch gerade erst 14 Jahre jung.

Heute lebt sie mit ihren Eltern in einer Wohnung in Frankfurt. Inzwischen ist sie schon 17.

Eines Tages kam sie nach Hause, kickte sich die Stiefel von den Füßen und warf ihre Jacke und ihre Tasche achtlos in eine Ecke. Laut schrie sie „Hallo“ doch niemand antwortete. Ihre Mutter stand da in der Küche. An die Theke gelehnt und das Gesicht in den Händen vergraben. „Er hat mich verlassen“, schluchzte sie, „wegen einer Jüngeren!“ Diese Worte ließen etwas in ihr zerbrechen. So etwas hätte sie ihm nie zugetraut. Ihr Vater würde das doch nie machen? Oder doch? Hatte sie sich getäuscht?

Sie ging auf ihre Mutter zu und nahm sie fest in den Arm.

„Wir werden zurück nach Stadthagen zu Oma und Opa ziehen!“, erklärte sie nach einer Weile. Ihre Stimme klang entschlossen. Aber wollte sie wirklich alles zurücklassen? Alles, was sie sich mit Mühe aufgebaut hatten? Nina war überrascht. Damals war es schon schwer genug gewesen hier Anschluss und Freunde zu finden. Noch einmal wollte sie so etwas nicht durchmachen. Aber ihrer Mutter so in den Rücken zu fallen und einfach in Frankfurt zu bleiben kann und will sie ihr nicht antun. Auch wenn es schwer fällt, sie muss über ihren Schatten springen! Zum Wohle ihrer Mutter!

Nina und ihre Mutter waren auf dem Weg nach Stadthagen. Die Zeit für den Umzug hat sich fast überschlagen, so schnell ging alles voran. Den einzigen Gedanken, den ihre Mutter hatte war weg! Einfach weg! Die Möbel ließen sie in Frankfurt, sie hatten in ihrem alten Zwei-Familien-Haus schließlich noch die alte Möbelgarnitur, da sie diese nicht mit in die neue Stadt nehmen konnten. Die drei, fast schon vier Jahre, die sie in Frankfurt gelebt hatten, bewohnten Ninas Großeltern das Haus in Stadthagen. Auch wenn sie nur ihre, der zwei Wohnungen belegten.

Nina lehnte ihren Kopf an die Fensterscheibe. Die laute Musik dröhnte aus ihren Kopfhörern. Wie mögen wohl die Leute reagieren, die sie schon so lange nicht mehr gesehen hatte? Würden sie sie verächten oder freudig aufnehmen? Über ihren Umzug hatten sie niemanden, bis auf die Großeltern informiert.

Der alte Opel kam mit einem quietschenden Geräusch zum Stehen. Nina stieg aus und sah sich das Haus an. Es war so lange her gewesen, dass sie hier war. Sie fühlte sich wunderbar wieder hier zu sein, andererseits rief dieses Haus auch Erinnerungen in ihr hervor, die diese bis auf weiters versuchte zu verdrängen, da sie nur Schmerz und Leid hinter sich her zogen.

Nachdem sie sich überwunden hatte, betrat sie das Haus. Die Bodendielen gaben ein, Nina gut bekanntes, Knarren von sich. Wenig später wurde sie auch schon von ihrer Oma herzlich begrüßt. Sie war eine herzensgute alte Dame. Nina war froh sie wieder zu sehen. Ihr Opa begrüßte sie ebenfalls mit einer liebevollen Umarmung.

Das war das, was sie in dem Moment gebraucht hatte! Menschen, die sich um sie kümmern und für sie da sind. Auf ihre Mutter konnte sie da nicht hoffen. Sie war zu viel mit ihren eigenen Gefühlen beschäftigt, was Nina ihr aber nicht übel nahm, da sie sich wahrscheinlich genauso verhalten hätte.

Nina hatte es bis zur letzten Sekunde für einen schlechten Scherz gehalten. Aber in dem Moment, in dem ihr Vater alles beichtete, brach etwas in ihr zusammen. Ab diesem Augenblick war er für sie gestorben. Die Worte gingen damals mit einer Leichtigkeit, über die Lippen ihres Vaters, als ob es selbstverständlich wäre, dass er eine Beziehung mit seiner Sekretärin hat.

Sie packten den kompletten Mittag lang ihre Sachen hinauf in den zweiten Stock, wo ihre ehemalige und jetzt wieder derzeitige Wohnung war. Als Nina das Wohnzimmer betrat, lief ihr ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Da stand er. Der lackschwarze Flügel. Er war wirklich wunderschön.

Seit dem damaligen Umzug hatte sie nie wieder gespielt. Lediglich ein neues Instrument erlernt. Das Cello, welches sie auch in dem Orchester ihrer Schule spielte. Eine heiße Träne lief ihre Wange hinunter. Bisher hatte sie noch keine Träne vergossen. Sie wollte nicht wegen ihrem Vater weinen. Er war es nicht wert. Er war ein mieses Arschloch! Ja, das waren die Worte, die im Moment am besten auf ihn zutrafen.

Nina wurde aus ihren Gedanken gerissen. „Nina! Hilfst du mir bitte bei der Kiste?“ Es war ihr Mutter. Schnell wischte sie sich ihre Träne weg und begab sich auf den Weg ihrer Mutter zu helfen.

 Sou, das war der erste Teil. Also, für mich ist das mal etwas Anderes. Sagt mir bitte wie ihr es findet und lasst auch eventuell Kritik da :)

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