11.Kapitel: Alles Perfekt...

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Die ganze Zeit sahen sie sich an. Es herrschte Schweigen.

Doch dieses Schweigen sprach Bände. Niemand gab auch nur einen Laut von sich, und doch schien der Raum so erfüllt. Erfüllt von Gefühlen. Vielleicht sogar Liebe, obwohl der Gedanke für Nina ziemlich weit hergeholt war… oder war er es doch nicht?

Sie wusste es nicht, wollte es auch nicht wissen. Das einzige was sie in dem Moment wollte war die Zeit mit Jan zu genießen.

Seine blauen Augen funkelten richtig vor Freude und ein breites Grinsen umspielte seine Lippen. Er war einfach überglücklich. Und doch war etwas verwirrt über Ninas Tat. Sie hatte schließlich keine viertel Stunde vorher gesagt, dass sie es langsam angehen lassen will. Oder vielleicht beruht sie immer noch auf ihrer Meinung und verspürte schon Reue.

Jan schossen auf einmal tausende Fragen in den Kopf. Sein Lächeln verblasste mit der Zeit.

Er zwang sich ein falsches Lächeln auf. Sein Misstrauen wollte er sich nicht anmerken lassen, schon gar nicht vor Nina.

Diese lächelte auch, aber aus vollem Herzen. Sie hat das vorhin wahrscheinlich nur gesagt, um sich vor ihren Gefühlen zu verstecken. Genau wusste sie es nicht, aber das schien für sie der eindeutigste Grund zu sein.

Ihre Köpfe hatten sie wieder zurückgezogen, als auf einmal die Tür aufgemacht wurde. Die Englischlehrerin, die sie nächste Stunde unterrichten sollte, fragte, ob Nina am Unterricht teilnehmen könne. Nina bejahte, kurz darauf verschwand die Lehrerin auch schon wieder.

Sie mussten noch ihre Sachen aus der Sporthallen holen, wozu sich Jan bereit erklärte, damit Nina ihr Bein schonen kann.

Kurz danach kam er auch schon mit zwei Rucksäcken zurück. Zusammen liefen sie zum Klassenzimmer, dessen Tür schon offen stand. Jan begleitet sie noch bis zu ihrem Platz und suchte dann den seinigen auf. Zum einen, weil er wusste, dass die Lehrerin gleich da sein würde und zum anderen, weil er unbedingt seinen zwei besten Freunden davon erzählen musste.

Nina grinste die ganze Zeit, wirklich realisiert hatte sie nicht, was passiert war. Aber sie war glücklich und das war im Moment das einzige, was für sie zählte. Glücklich zu sein.

Die giftigen Blicke, die Michelle ihr zuwarf ignorierte sie gekonnt. Sie wollte sich durch nichts ihre Laune verderben, zudem sie nur noch diese Stunde Unterricht hatte. Irgendwie schien in dem Moment alles perfekt zu sein, alles war so gut. Kein einziger negativer Gedanke schlich sich ein. Ob das wohl an Jan lag? Jedenfalls dachte sie dachte sie das.

Als schließlich das erlösende Klingeln durch den Raum hallte machte sich in Nina ein Gefühl von Freiheit breit. Doch ihr wurde ein Strich durch die Rechnung gemacht, da sie nicht eigenständig laufen konnte. Also saß sie da und überlegte, was sie nun machen sollte. Bevor sie sich irgendeinen Plan ausklügeln konnte war Jan schon zu ihrer Seite und half ihr beim Aufstehen.

Sein Misstrauen war wie verflogen. Auch er wollte nur noch die Gegenwart genießen, ohne sich durch lästige Gedanken die Stimmung vermiesen zu lassen. Zusammen liefen sie zur Bushaltestelle und ließen sich dort auf eine Bank fallen. Als Nina sich umsah kamen Erinnerungen in ihr hoch.

Hier an dieser Bushaltestelle hing der Zettel aus, auf dem Jan für Klavierunterricht geworben hatte. Zuerst traute sie sich nicht bei der Nummer, die auf diesem stand, anzurufen, dann aber überwand sie sich. Sie wusste noch nicht, dass diese Entscheidung für sie von immenser Bedeutung sein würde ahnte sie damals noch nicht.

Der Bus kam, wie so oft, ein paar Minuten zu späte, was den beiden allerdings nichts ausmachte, da sie Gesellschaft des jeweils anderen so sehr genossen, dass der Bus auch hätte Stunden zu spät kommen können, sie hätten es nicht mitgekriegt. Im Bus hatten sie auch nur Augen für sich. Die ganze Zeit blendete sie die Welt um sich herum aus und sahen sich einfach nur an.

Bis sie an ihrer Haltestelle ankamen und aussteigen mussten. Draußen warfen sie sich immer verstohlene Blicke zu während sie nebeneinander hergingen. Irgendwann traute sich Jan ihre Hand zu nehmen und so liefen sie händchenhaltend durch die Straßen. Jan begleitete Nina noch bis nach Hause.

Vor dem Haus mussten sie sich allerdings verabschieden, weil Jans Schwester Anne heute Geburtstag hatte und die ganze Familie kommt.

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