3.Kapitel: Jan's eisblaue Augen

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Als endlich das erlösende Klingeln der Pausenglocke ertönte, sprang Selma sofort auf. Ließ alles stehen und liegen und betrachtete Nina. „Nina?“, fragte sie immer noch etwas ungläubig. Aber sie war sich sicher. Es war ihr ehemalige beste Freundin, zu der tragischerweise der Kontakt abgebrochen ist. Noch nie vorher war sie sich in einer Sache so sicher, wie in diesem Moment. Nachdem sie sich von dem ersten Schock erholt hatte, schloss sie Nina fest in ihre Arme. Diese war unheimlich froh, dass Selma sich erinnerte. „Selma!“, stieß sie kaum hörbar aus, als sie die Umarmung erwiderte.

Fast hätte sie angefangen zu weinen, so glücklich war sie. „Was machst du denn hier? Ich dachte du wohnst jetzt in Frankfurt?“, fragte Selma neugierig. „Das ist eine lange Geschichte, kann ich dir das ein andermal erzählen?“ Nina wollte noch nicht darüber reden, auch wenn Selma ihre beste Freundin war. Sie wollte sie nicht mit ihren Problemen belasten und erst recht nicht zu Anfang des Aufeinandertreffens.

Zusammen gingen sie auf den Schulhof, da dies an der Schule Pflicht war. Selma redete viel über die Veränderungen, die sie in den Jahren geprägt hatten. Es waren zwar keine übergreifenden Änderungen, aber sie haben Selma schier umgepolt. Vom Gemüt her war sie offener geworden. In der achten Klasse hatten sie fast nur sich, aber als Nina ging, musste nicht nur sie in der neuen Stadt Anschluss finden, sondern auch Selma.

Nina ließ ihren Blick schweifen. Es sah alles noch genauso aus wie in ihrer Erinnerung. Ihr Blick blieb aber wieder an einer Person hängen. Jan. Er unterhielt sich angeregt mit einem blonden, hübschen Mädchen, die Nina auch schon in der Klasse aufgefallen war, da sie sich von der Masse abhob und sich recht stark schminkte. Nina dachte aber nur, dass es so eine Person ist, die zwar toll aussieht, aber dafür keinerlei Persönlichkeit hat.

Als sie auf einmal anfingen zu lachen lief es Nina kalt den Rücken hinunter. Ihre Lache war eher ein undefinierbares Herumgequietsche. Aber ob es wirklich an dem Lachen, oder an der Tatsache, dass dieses Mädchen sich sich total an Jan heranschmiss lag, dass Nina sie jetzt schon nicht ausstehem konnte, mochte man bezweifeln. 

Ein weiteres Klingeln wies das Ende der Pause, doch Nina hatte keine Lust auf Unterricht. Sie blickte wieder an die Stelle, an der Jan mit diesem Mädchen stand, aber nichts. Keine einzige Person stand da. Kein Jan und kein aufgetakeltes Mädchen.

Als sie ihren Blick abwendete, traf dieser auf ein eisblaues Augenpaar, das Nina nur zu gut in Erinnerung hatte. Es war das einzigartige Blau, das nur Jans Augen besaßen. Dieses Funkeln, das sie noch von Früher kannte war auch zu sehen.

Jan hatte sich seine Haare hochgegelt, sodass sie in bisschen verwuschelt wirkten. Sein Kinn und auch Teile der Wangen zierte ein leichter Bart, der perfekt auf das Grübchen, das er am Kinn hatte abgepasst war. Alles in allem sah er so erwachsen aus, wenn man bedenkt, dass er vor Ninas Umzug noch nicht einmal im Stimmbruch war. Als sie daran dachte, wünschte sie sich seine Stimme zu hören.

Dieser Moment, in dem sie ihn schier anstarrte, schien wie in Zeitlupe abzulaufen. Doch er nahm ein jähes Ende, als Jan seinen Kopf schüttelte, so als ob das nicht Nina wäre, und von diesem Mädchen am Arm weggezogen wurde. „Kommst du?“, unterbrach Selma Ninas Gedankengänge. Sie antwortete nicht, sondern ging einfach wortlos in das Klassenzimmer.

Das blonde Mädchen hatte ihren Sitzplatz in der vordersten Reihe eingenommen, während Jan etwa in der Mitte des Raumes, eine Unterhaltung führte. Wieder war der korpulente Junge daran beteiligt. Er hatte sehr dunkle, etwas kürzer geschnittene Haare, was Nina erst jetzt bemerkte, weil er bis zu dem Zeitpunkt eine Strickmütze aufgesetzt hatte. Zudem auch noch ein anderer Junge. Er hatte ungefähr die selbe Haarfarbe wie Jan und sah ihm auch recht ähnlich, aber Nina war sich sicher, dass niemand so gut wie Jan aussehen könnte.

Als sich der Junge aufrichtete, um ebenfalls seinen Platz einzunehmen, merkte Nina, dass er ziemlich groß und schlaksig war. Sie lief an ihm vorbei zu ihrem Platz. Ihre Schulter streifte seinen Oberarm und seine leuchtend grünen Augen ruhten auf ihr. Dies wurde ihr langsam unwohl deswegen beschleunigte sie ihre Schritte und ließ sich auf den freien Stuhl fallen.

Dem Unterricht folgte sie nur beiläufig. Sie spürte die Blicke von Jan und seinen Freunden zeitweilig auf ihr kleben. Diese wendeten sich aber schnell wieder dem Lehrer zu. Nach der Schule suchte Nina schnell das Weite. Sie wollte niemanden sehen, geschweige denn mir jemandem reden. Das war genug Konfrontation für den Tag!

  Euch allen einen wunderschönen 4.Advent <3 Und einen wunderschönen Sonntag, falls jemand nicht feiert! <3

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