Zwischen ihren Fingern drehte sie immer wieder einen kühlen Stein hin und her. Den Stein hatte sie vor etlichen Jahren, zu der Zeit, als sie noch hier in Stadthagen wohnte von Jan geschenkt bekommen. Währenddessen stellte sie einen groben Plan auf, was sie doch alles machen sollte. Dann stand sie auf, legte den Stein auf ihren Schreibtisch und zog sich eine Jacke über. Sie meldete sich bei ihrer Mutter ab und machte sich auf den Weg. Mit Jan hatte sie abgemacht, dass sie sich um 15:00 bei ihm treffen würden und dort dann ein Video drehen würden.
Draußen war es kühl und der Wind wehte recht stark, sodass Ninas Haare herumwirbelten. Das störte sie allerdings nicht, denn sie war immer noch damit beschäftigt nachzudenken. Wenn sie ehrlich war brachten ihre Gedanken sie gerade um. Vergeblich versuchte sie ihren Kopf auszuschalten und einfach, ohne einen unnötigen Gedanken zu verschwenden, zu Jan zu laufen. Aber das würde ihr sowieso nicht gelingen, da ihre Nervosität irgendwelche irren Gedanken herbeizog, die keinerlei Verbindung mit dem Treffen hatte. Sie wusste ja überhaupt nicht, wieso sie so nervös war, es waren schließlich nur Jans Freunde. Vielleicht kam die Nervosität auch daher, dass sie unterbewusst schon wusste, dass sie ihren „Plan“ sowieso nicht in die Tat umsetzten wird. Ihr wurde auch klar, dass es dämlich war das zu planen, so etwas kann man auch nicht Plan. Wie will man bitte den Eindruck den andere von einem haben planen?
„Ja, es war eine absolut dämliche Idee!“, schoss es ihr in den Kopf. Sie schämte sich schon fast für den Gedanken so etwas planen zu können. Ihr sollte es schließlich egal sein was Jans Freunde von ihr hielten. Wenn sie sie mochten war das toll und wenn nicht, dann sollte es Nina auch egal sein. Sie würde sich nicht ändern. Leider wurde ihr das erst im Nachhinein klar. Aber dennoch früh genug, um irgendetwas Dummes zu tun.
„Hey!“, begrüßte Jan Nina, die gerade zur Haustür, die Jan ihr öffnete, herein trat. Sie erwiderte die Begrüßung bevor Jan fortfuhr. „Andre und Cengiz sind auch gerade gekommen, also können wir anfangen“, lächelte er während er ins Wohnzimmer lief und Nina ihm folgte. Dort war Andre damit beschäftigt an einer Kamera herumzufriemeln. Unterdessen machte Cengiz irgendwelche Notizen. Sie schienen Nina noch nicht bemerkt zu haben, bevor Cengiz seinen Blick hob, die Notizen ablegte und lächelnd auf sie zu kam. „Hey, ich bin Cengiz, aber wir kennen uns ja schon aus der Schule“, grinste er und hielt ihr die Hand hin. Bis auf die Tatsache, dass sie sich wegen des Händedrucks ziemlich alt fühlte, war Cengiz ziemlich nett. Zudem hatte er ein ihrer Meinung nach sehr sympathisches Lächeln. „Freut mich, ich bin Nina“, erwiderte sie lächelnd. Sie wusste auch nicht woran es lag, aber das Lächeln und die gute Laune, die Cengiz damit ausstrahlt, steckte Nina an. Allerdings war sie sich nicht im Klaren darüber ob es daran, oder an der Erleichterung lag, dass Cengiz sie doch zu mögen schien. Inzwischen hatte auch Andre seinen Blick gehoben und ging nun auch auf Nina zu, um ihr ebenfalls die Hand zu geben. Diese nahm Nina nur zu gerne an. Ihr fiel wirklich ein großer Stein vom Herzen, der aber immer noch an ihrem Herz zu hängen schien. Sie war sich immer noch nicht hundertprozentig sicher, ob das nun ernst gemeint oder eine reine Höflichkeitsfloskel war. Aber ein kleiner Trost war es trotz allem.
Nina bekam nur einige Gesprächsfetzen zwischen den dreien mit. Anscheinend drehen sie irgendetwas mit Hilfsbereitschaft und einem „Opa Horst“, obwohl sie sich darunter eigentlich nichts Richtiges vorstellen konnte, würde es wahrscheinlich ziemlich lustig werden. Der Dreh sollte draußen stattfinden, wenngleich es dort ziemlich kalt sein würde. Nina folgte den Jungs nach draußen, in die überraschend wohltuende Kälte. Für einen kurzen Moment vergaß sie jeden Gedanken und genoss einfach nur die Kälte, die sie sonst eigentlich verabscheut hätte, jedoch war es in diesem Augenblick so ein wunderschönes Gefühl diese Kälte zu spüren.
Im Nachhinein betrachtet, bereute sie es keine Minute zugesagt zu haben. Es war eine lustige Zeit, sie war glücklich. Die Jungs lenkten die von all dem Schlechten ab, was in der letzten Zeit passiert ist, und sie wünschte sich, dass dieses Gefühl von Befreitheit, das sie verspürt, auf Ewig anhalten würde. Mit den Jungs konnte sie lachen, ganz gleich wie schlecht der Witz war, aber es befreite sie. Und das ganze Unbehagen viel von ihr ab und sie verurteilte sich schon fast dafür, dass sie anfangs so schlecht über Andre und Cengiz gedacht hatte.
Nina konnte sich vorstellen, dass die Jungs lieber drehen wollten ohne dabei von einem Mädchen genervt zu werden, aber falls es so war ließen sie es sich zumindest nicht anmerken. Und wäre ihr anfängliches Urteil über Andre und Cengiz ihr nicht gerade in den Sinn gekommen, hätte sie niemals auch nur daran denken können, dass die beiden das nur spielten.
Bei Jan wusste sie, dass er es nicht spielte. Er war ein ehrlicher Mensch und scheute sich vor ihr auch nicht die Meinung zu sagen. Die Tatsache, dass sie sich schon seit klein auf kennen hatte dabei wohl auch Einwirkung, denn gegenüber Fremden war Jan dagegen schon etwas stiller, jedoch auch offen für Neues.
„Das war wirklich ein toller Tag!“, sagte Nina fröhlich, als Jan den Drehschluss bekanntgab. Obwohl es kein ganzer Tag war kam es ihr dennoch so vor, auch wenn die Zeit wie im Fluge vergangen ist. „Hast recht“, sagten Andre und Jan fast zeitgleich, woraufhin die beiden anfingen zu lachen. „Aber es war schön, dich endlich, ehm, „richtig“ kennenzulernen“, pflichtete auch Cengiz zur Unterhaltung bei. „Das Vergnügen liegt ganz meinerseits“, lachte Nina mit gespielt vornehmer Stimme. Dies traf natürlich auch auf den Humor der Jungs zu, woraufhin diese direkt mit einstiegen: „Da habt ihr wohl recht, Madam.“ Diese Bemerkung kam von Jan, der sich daraufhin auf den Boden kniete, Ninas Hand nahm und diese küsste. Obgleich es auch nur eine kleine Geste war, die auch nur spaßig gemeint war, löste es in Nina ein kribbeln aus, das bis jetzt nur Jan geschafft hatte in ihr hervorzurufen. „Ganz der Gentleman!“, schmunzelte Andre. Doch Nina nahm das nicht wirklich wahr, da sie immer noch versuchte mit dem Kribbeln klarzukommen, das sie schier verrückt machte. Jedoch im positiven Sinne, und sie wollte dieses Gefühl auch niemals missen.
Falls es euch interessiert besagtes Video heißt "HILFSBEREITSCHAFT - OPA HORST SUPERSTARK?!?". Ich wollte es an der Seite verlinken, aber das hat irgendwie nicht geklappt ^^
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Alte Erinnerungen
FanficWas würdest du tun, wenn du denkst, dass du schon mit einem Teil deines Lebens abgeschlossen hast, aber der ohne Vorwarnung wieder in dein Leben eintritt? Wenn du völlig überrumpelt bist, weil alles so schnell ging? Und auf einmal stehst du wieder...