23.Kapitel: Leiden

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Nina redete noch lange mit ihrer Mutter, erzählte ihr jedes Detail, jede Emotion, die sie in diesen Augenblicken gefühlt hatte. Ihre Mutter zeigte Verständnis, nahm sie in den Arm und sprach ihr aufmunternde Worte zu. Und sie fühlte sich ihrer Tochter verbunden, wie schon lange nicht mehr. Wenn Nina über die Ursache des Beistandes ihrer Mutter hinwegsah, war es ein unglaublich schöner Moment, dennoch konnte nichts ihre Trauer trügen. „Wenn es wirklich das Richtige war, wieso fühlt es sich dann so verdammt falsch an?“, fragte Nina ihre Mutter und sah sie wehleidig an. „Tja Schatz, das ist so eine Sache. Manchmal im Leben ist das so. Aber in solchen Situationen sollte man auf den Verstand hören und den sinnvollsten Weg beschreiten. Damals-“, sie stockte für einen Moment, „-als wir von Frankfurt weggezogen sind, war das alles auch nicht einfach. Es tat so unglaublich weh, aber es war von Nöten, denn das was dein Vater getan hat war so ein enormer Vertrauensbruch, ich hätte es keinen Tag länger bei ihm ausgehalten.“ Nina nickte. Was hätte sie auch groß sagen sollen? Es war die Antwort auf ihre Frage und auch wenn es ihr schwer fiel, es war plausibel. „In zwei Stunden gibt es Abendessen. Du kannst dich bis dahin ja versuchen abzulenken“, schlug ihre Mutter vor. Wieder brachte Nina nur ein stummes Nicken zu Stande. Ihre Mutter sah aufmunternd lächelnd auf sie herab, ehe sie das Zimmer verließ. Seufzend lehnte Nina sich an die Wand hinter ihr. Sie konnte das alles immer noch nicht richtig verstehen. Es fühlte sich im Nachhinein so unsagbar falsch an und tat so unbeschreiblich weh, sodass sie zu zweifeln begann, ob es etwas, das sich so falsch anfühlte wirklich richtig sein konnte. Aber ihr Kopf, und auch ihre Mutter, sagten, dass es richtig sei. Ein weiteres Mal seufzte sie und vergrub ihr Gesicht in ihren Handflächen. Was konnte sie nur tun um sich abzulenken? Sofort kam ihr in den Sinn Klavier zu spielen. Einen Moment zögerte sie, da sie Angst hatte, dass sie das alles zu sehr an Jan erinnern könnte, aber das war ihr egal. Sie musste wohl oder übel aufhören an ihn zu denken. Er stellte sich das alles viel zu leicht vor. Als würde Nina einfach so mitkommen können, auch wenn sie es gewollte hätte, hätte sie es niemals über’s Herz gebracht ihre Familie allein zu lassen. Das könnte sie ihrer Mutter nie antun, nach allem was sie für Nina getan hatte, würde Nina nicht einfach so nach Hamburg verschwinden. Das konnte und wollte sie nicht.

Während Nina ins Wohnzimmer lief betrachtete sie durchgehen ihre Fußspitzen, aus Angst doch noch einen Rückzieher zu machen und da sie die Wohnung sowieso in- und auswendig kannte, kollidierte sie auch nicht mit den Möbelstücken. Aber wieso sollte sie einne Rückzieher machen? Es war doch ein Leichtes sich an den Flügel zu setzten und einfach drauf los zu spielen, aber irgendetwas in ihrem Innern sträubte sich dagegen, wahrscheinlich der Teil, der nicht an Jan erinnert werden sollte. Unmittelbar vor dem Flügel blieb sie stehen und betrachtete ihn eine Weile. Wie wunderschön er doch war. Und welch wunderbare Klänge man aus ihm hervorrufen konnte. Bevor sie sich auf dem Klavierhocker niederließ, öffnete sie die Klappe, um auf die Tasten hinabschauen zu können. Vorsichtig und lautlos legte sie ihre Finger auf den Tasten ab. Dann begann sie zu spielen. Ganz leise Klänge erfüllten Raum. Zuerst spielte sie viele kleine Melodien, die sie noch von Früher kannte, dann verknüpfte sie diese zu einem richtigen Stück. Die einzelnen Teile des neu zusammengefügten Stückes hatten keine Gemeinsamkeiten, auch die Tonarten änderten sich stetig. Auf eine merkwürdige Weise hörte es aber dennoch gut an. Sie versank wortwörtlich in ihrem Spielen, da es sie so wunderbar ablenkte, so dass sie nicht merkte, dass unzählige Minuten vergangen, in denen sie einfach nur spielte. So vergingen schließlich Minuten, Minuten über Stunden. Und so schaffte sie es ganze zwei Stunden so vertieft in die Musik zu sein, dass sie gar nicht bemerkte, dass ihre Mutter sie längst zum Essen gerufen hatte. Aus Sorge schaute ihre Mutter noch einmal nach, ob es ihr gut geht. Doch als sie in ihrem Zimmer niemanden antraf, folgte sie einfach den Klängen. Sie lehnte sich gegen den Türrahmen und sah ihrer Tochter beim Klavierspielen zu. Renate, so hieß sie, war so unglaublich stolz auf die Leistungen ihrer Tochter und sie war stolz, dass sie mit ihrer Mutter zusammen schon so viel Schlechtes durchgestanden hat und sich doch noch an Dingen wie dem Klavierspielen erfreuen konnte. Dass sie sich freute konnte man an dem breiten Lächeln in ihrem Gesicht erkennen. Als sie sich beobachtet fühlte wendete sie ihren Blick von ihren Händen und schaute sich im Raum um, bis sie ihre Mutter erblickte. Diese lächelte Nina warm entgegen. Nina erwiderte das lächeln und stand auf. „Es gibt essen“, verkündete sie leise. Ihre Augen verfinsterten sich einen Moment und sie schluckte. „Ich muss mit dir reden.“ Nina nickte einfach nur, während tausend Fragen ihren Kopf bombardierten. Über was wollte sie mit ihr reden? Hatte Nina etwas Falsches getan? Wenn ja, was war es denn?

Am Küchentisch fing sie sofort an zu Essen, um das Gespräch so weit wie möglich hinauszuzögern. Sie wusste, dass ihr das, was ihre Mutter ansprechen würde, nicht gefallen würde. Würde es ihr Gefallen hätte Renate es gerade heraus gesagt, dies war aber leider nicht der Fall.

„Also“, begann Ninas Mutter zu reden, als sie am Esstisch saßen, „dein Vater hat angerufen. Er besteht darauf dich zu sehen.“ Nina verschluckte sich an ihrem Essen, was einen Hustanfall zur Folge hatte. Mitleidig klopfte Renate ihrer Tochter auf den Rücken. „Wenn ich mich aber weigern sollte, dann wird er die Polizei einschalten und das Sorgerecht für dich beantragen.“ Ihre Mutter schluckte. Es fiel ihr so schwer ihrer Tochter diese Worte zu übermitteln. Als Nina sich von ihrem Hustanfall erholt hatte, fand auch sie ihre Stimme wieder: „Das kann er doch nicht machen! In ein paar Monaten bin sowieso schon 18 und darf selbst entscheiden wo ich sein will.“ „Das scheint deinem lieben Herr Vater ziemlich egal zu sein. Du darfst aber auch nicht vergessen“, sie schluckte, diese Worte fielen ihr noch viel schwerer als alle anderen davor, „dass er dich genauso liebt wie ich. Du bist seine Tochter und er hat auch ein gewisses Anrecht dich zu sehen.“ Renate fühlte sich schlecht, so furchtbar schlecht, als ob sie ihre Tochter anlügen würde. Sie wusste, dass Ninas Vater sie liebt, aber wenn sie ihm wirklich etwas bedeuten würde, dann würde er das Wiedersehen mit ihr nicht so erzwingen wollen.

Sie hatte wirklich Angst, dass es tatsächlich zu einer Gerichtsverhandlung kommen sollte und das Sorgerecht wirklich auf Ninas Vater übertragen werden würde. Schließlich hatte er den besseren Job, wogegen sie immer noch auf der Suche war.

„Hm“, Nina überlegte. Am Besten würde sie einfach zusagen, damit würde sie ihrer Mutter wahrscheinlich eine Menge Stress ersparen und auf irgendeine komische Weise hatte sie ihren Vater vermisst. Sie wollte das Gefühl unterdrücken, da es in Hinsicht auf dem was ihr Vater ihr und ihrer Mutter angetan hat einfach so wehtat. Doch nun musste sie das wohl. „Ich werd’ mich mal bei hm melden“, sagte sie grummelnd. 

Hallo! Zuerst ein mal möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich in letzter Zeit nicht geupdatet hab', ich bin einfach nicht zum Schreiben gekommen, entschuldigt das bitte. ^^ Zudem möchte ich noch anmerken, dass ich jetzt Ferien hab' und hoffentlich mehr Zeit zum schreiben finde. :3

Euch noch einen wunder-tollen Tag! ^-^ 

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